Die Berichterstattung über Griechenland in dieser Woche war an Einfältigkeit und Dummheit kaum noch zu überbieten.
 
Als wäre es nicht schon blamabel genug, dass deutsche Medien Tag für Tag auf die von den Gläubigern aufgezogene Phantomuhr hereingefallen sind, so machten die journalistischen Kleinhirne ihrem Frust am Ende der Woche mit Vokabeln wie „Zocker“ und „Schurken“ Luft (siehe Tagesthemen Kommentar von Alois Theissen, Hessischer Rundfunk, 27. Juni 2015). Hinzu kommt die abenteuerliche wie absolut falsche Behauptung, der deutsche Steuerzahler müsse haften für ELA Kredite der EZB an griechische Banken.

Kollektiver Rausschmiss statt einseitiger Abbruch

Interessant war ja die Feststellung des Eurogruppen-Chefs Jeroen Dijsselbloem, die Griechen hätten die Verhandlungen abgebrochen, da aus Sicht der 18 anderen Eurozonenmitglieder es noch keine abschließende Entscheidung gegeben habe, also noch „Zeit“ blieb, um zu reden. Das sagen ausgerechnet diejenigen, die mit ihrer Phantomuhr den Samstag als absoluten Schlusspunkt erneut markiert und Druck aufgebaut hatten.
In Wirklichkeit hat sich der Rest der Eurozone aber von Griechenland abgewandt, als man den griechischen Finanzminister von weiteren Beratungen einfach ausschloss. Die deutschen Medien glauben aber erneut die Märchen, die Brüssel ihnen auftischt und verzichten auf den Gebrauch des eigenen Verstandes. Gezeigt hat das unter anderem der ARD Brennpunkt  vom 27. Juni 2015.

Die Redaktion schaffte es in 16 Minuten (angekündigt waren 5 Minuten) Sendezeit nicht, auch nur eine Stimme der griechischen Seite im Interview zu präsentieren. Dafür die üblichen Minderleister von der Front wie ein Rolf-Dieter Krause, der gleich bei der ersten Frage über einen Plan B kapitulieren musste und sagte: „Oh, das weiß ich nicht“, um dann aber gleich wieder von Instrumenten zu sprechen, die der Eurozone zur Verfügung stünden, um auf Turbulenzen an den Märkten zu reagieren.

Die Sorge um die Märkte ist halt größer als die Sorge um Menschen. Rolf-Dieter Krause sagte auch, dass es den europäischen Finanzministern nicht zuzumuten sei, ihre Parlamente so kurzfristig um eine Fristverlängerung für Griechenland zu bitten. Gleichzeitig aber hätte das griechische Parlament laut Fahrplan und Phantomuhr am heutigen Sonntag „ja“ zum Selbstmord sagen sollen.

Seifenoper ohne Happy End

Das Verhalten deutscher Journalisten kommentierte Georg Diez auf Spiegel Online am Freitag sehr treffend. Er erkennt in der Berichterstattung deutscher Medien Elemente einer Seifenoper, „die in der Atemlosigkeit keinen Platz zum Nachdenken lässt.“ Eine sachliche Diskussion findet nicht statt, da sich ein Großteil der schreibenden wie auch sprechblasenden Zunft dazu verpflichtet fühlt, über Äußerlichkeiten zu urteilen.
Im Ergebnis müssen Kommentatoren dann auch von „griechischen Schurken und Spielern“ fabulieren, die das europäische Haus mit einem demokratischen Plebiszit offenbar zum Einsturz bringen wollen. Was für eine absurde Vorstellung. Der griechische Ministerpräsident sagte in seiner Ansprache mit Demokratie auf Autoritarismus und brutale Austerität ruhig und bestimmt antworten zu wollen. Nur Armleuchter erkennen darin etwas Schurkenhaftes.

Es sind nämlich gerade diese angeblichen Schurken, die es seit Jahren ertragen, sich von nichtgewählten Bürokraten aus Brüssel und Berlin demütigen zu lassen, seit ebenso vielen Jahren erfolglose Kürzungsprogramme hinnehmen und dennoch bereit sind, ihre Menschlichkeit mit anderen zu teilen. Etwa beim Umgang mit Flüchtlingen, die eine katastrophale EU-Außenpolitik Tag für Tag auch an die Küsten Griechenlands spült.

Und damit erweisen sich die Griechen als wahre Europäer, während im Land, das sich als besserwisserischer Musterschüler begreift, aber so dämlich ist, anzunehmen, für Defizite einer Zentralbank mit Steuergeldern haften zu müssen, schon wieder Unterkünfte für Flüchtlinge brennen. Es scheint so zu sein, dass den Papiereuropäern in Brüssel und Berlin das Wohl bizarrer Regeln und Verträge wichtiger ist, als das Wohl von Menschen, die dem EU-Club nicht oder nicht mehr angehören sollen.


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