Samstag, 25. Juli 2015

Merkels Autorität ist in Frage gestellt

Seit Wolfgang Schäuble wegen der seriellen Griechenland-Rettung mit Rücktritt drohte, ist Merkels Autorität in Frage gestellt. Und das zu Recht! Sie dominiert zwar Europa, aber sie führt den Kontinent nicht.
Und sie hat erkennbar auch keine Idee und kein Konzept zur Rettung des überschuldeten und vor der Staatspleite stehenden Griechenland, geschweige zur Lösung des Problems. Sie verfolgt ihre eigenen ökonomischen Vorstellungen, die alles andere als ökonomisch sinnvoll sind.

So kann Griechenland jedenfalls nicht gerettet, geschweige denn entschuldet und saniert werden. Griechenland wird nur ein Schuldenschnitt oder ein Wirtschaftsförderungsprogamm mit interationaler Finanzhilfe helfen können. Merkel dagegen favorisiert eine Privatisierzung griechischer Unternehmen.

Griechenland soll durch Privatisierung von Staatseigentum in den kommenden Jahren 50 Milliarden Euro einnehmen. Darauf hat sich das hoch verschuldete Land mit den anderen Eurostaaten geeinigt, als Voraussetzung für Kredite, mit dem das Land die Zeit bis zu einem möglichen, neuen Hilfsprogramm überbrücken soll. Experten halten die Summe für völlig illusorisch.

Ihre Idee, die Überschuldung Griechenlands (Defizit 316 Milliarden Euro) mit neuen Schulden (geplant: 86 Milliarden Euro) zu bekämpfen, ist keine gute Idee. So vernichtet man Geld und Vertrauen, auch das in die Führungsfähigkeit der Kanzlerin.

Das dritte Hilfspaket ist erkennbar kein Hilfspaket, sondern eine Grabplatte. Wenn Merkel weiterhin den IWF, die Mehrzahl der Ökonomen, die Kritiker innerhalb der CDU/CSU-Fraktion und ihren eigenen Finanzminister ignoriert, liegt sie mit darunter.

Es handelt sich hier ohnehin nur eine kurzfristge Lösung (Flickschusterei), denn langfristig kommt die Europäische Union nicht um eine grundlegende Reform des ganzen Finanzsystems und die Einführung einer europäisihen Finanzbehörde herum.

Viele politische Akteure wie Schäuble und Bosbach und auch führende Ökonomen wie Paul Krugman haben das längst begriffen, andere aber wollen diese Wahrheit einfach immer noch nicht wahrhaben - bis es endgültig zu spät ist. Die Stunde der Wahrheit hat geschlagen und noch ist es Zeit, die Wahrheit zu sagen.

TTIP und die Grenzen der Freiheit

Das "Transatlantic Trade and Investment Partnership" - kurz TTIP genannt - das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union (EU) und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA), und das "Comprehensive Economic and Trade Agreement" CETA - das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada - stehen vor dem Abschluß.

Beide sind umstritten und werden in den Medien heftig diskutiert. Es droht ein Freihandel unter Aushöhlung sozialer und kultureller Standards. Im Kern der Debatten und Diskussionen geht es um vertraglicher Investitionsschutz versus Souveränität der Bürger und Völker.

Joseph Stieglitz Zitat


Die multinationalen Unternehmen und die mit internationalen Streitigkeiten befaßten Anwälte drängen, die Abkommen schnellstmöglich zu schließen, die Ersteren, weil die Deregulierungen der Abkommen ihre Geschäftsmöglichkeiten erweitern, die Zweiteren, weil das einträgliche Mandate mit sich bringt. Die Auseinandersetzungen haben äußerst hohe Geschäftswerte.

Freiheit ist ein hohes Gut, aber auch Freiheit hat seine Gesetze und Grenzen - auch ökonomische. Breite Bevölkerungskreise lehnen die Abkommen, zumal das TTIP, aus Sorge um Umweltschutz und Gesundheit ab.


Marktöffnung ohne Angleichung der Sozialsstandards führt zu einer Spaltung der Gesellschaft. Während Politiker die Marktöffnung vglw. einfach bewerkstelligen können, sind sie bei der Angleichung der Sozialsstandards schlichtweg überfordert.

Solange die "Freihandelszone Europa" es Konzernzentralen wie Amazon ermöglicht, ihre Gewinne so zu verlagern, dass sie in Deutschland so gut wie keine Steuern bezahlen, verbietet sich jeder Gedanke an noch mehr Freihandel und damit auch jeder gedanke an ein "Freihandelsabkommen".

Die ökonomische Freiheit ist fragwürdig und bedenklich zugleich, denn es droht der Ausverkauf sozialer Standards und kultureller Werte, welche die Politik billigend als Kollateralschaden in Kauf zu nehmen scheint. Dieses Land hat bereits genug von diesem "Freihandel" - welch selten dämlich trojanischer Begriff übrigens.

TTIP-Gegner fürchten, daß die nationale Gesetzgebung durch Schiedsgerichte ausgehebelt wird.

Weblink:

Die Freihandelsabkommen TTIP und CETA - Vertraglicher Investitionsschutz versus Souveränität der Bürger und Völker - www.wissensmanufaktur.net


»Unter Bankern: Eine Spezies wird besichtigt« von Joris Luyendijk

Unter Bankern: Eine Spezies wird besichtigt
Unter Bankern: Eine Spezies wird besichtigt
Banker sind eine engene Spezies mit eigenen Regeln und Ritualen. »Unter Bankern: Eine Spezies wird besichtigt« von Joris Luyendijk ist die Buchversion einer Sammlung von Finanzbeiträgen, welche in einem Blog und als Beiträge für die englische Zeitung "The Guardian" veröffentlicht worden war. Das Buch eines Antrhropologen mit unbestechlichem Blick konzentriert sich auf die Menschen, ihre Biografien und Lebensauffassungen. Aus den vielfältigen Beschreibungen, die auf längeren Interviews beruhen, entsteht nach und nach ein Bild des "Kontinents Finanzwelt". Das Buch des Guardian-Journalisten geht den Fragen nach: Wer sidd diese Banker, die ganze Gesellschaften beeinflusseen und in den Abgrund führen? - und Welches Bild haben Banker von sich selbst und vom Rest der Gesellschaft? - Luyendijks Buch brilliert mit seinem unbestechlichen anthropologischen Blick und bringt dadurch auf beispiellose Weise Licht in ein undurchsichtiges System. Dafür hat er umfangreiche Recherchen betrieben und unter anderem Hunderte Interviews mit Investmentbankern, Angestellten aus Rechts- und Risikoabteilungen, Rating-Agenturen, IT und HR sowie mit Kontrolleuren, Headhuntern und Therapeuten geführt. So erzielt er das, was oft eingeklagt, aber selten eingelöst wird:
"Kapitalismus ohne Pleiten ist wie die Kirche ohne Hölle."
Deregulierung und ein falsches finanzielles Anreizsystem haben Banker zu Egoisten gemacht. Transparenz in einem System, das eine Blaupause für kurzsichtiges Denken, schnellen Profit, Missbrauch und lukrative Verantwortungslosigkeit ist. Doch, so Luyendijks These, nicht der Mensch Banker ist verkommen, sondern das System. Eine aufschlussreiche, packende und schockierende Innenansicht der Finanzwelt, die zwingend benötigt wird. Wie bekommt man einen Banker dazu, aus dem Nähkästchen zu plaudern? Also das zu sagen, was er wirklich denkt? Einfach indem man ihn provoziert. Joris Luyendijk hat mit Überschriften wie "In den Aufsichtsbehörden sitzen Idioten" oder "Banker sind überwiegend anständige und ehrliche Leute" genau die Reaktionen ausgelöst, die er sich erhofft hat: Widerspruch. So kann man das nicht stehenlassen! Unter dem Siegel der Verschwiegenheit hat er Interviews führen können, die ziemlich schockierende Interna aufdeckten. Auch wenn Luyendijk durch Anonymisierung seine Quellen schützt, so sind die Aussagen dennoch glaubhaft und zeigen mehr als deutlich, welche Gefühle einige Banker für den Rest der Welt haben: Pure Verachtung. Wer sich aber so leicht und ohne Widerstand kollektiv ausnehmen lässt, der hat diese Verachtung auch irgendwie verdient. Nachdem die ersten anonymisierten Interviews auf der Guardian-Webseite ("The Joris Luyendijk banking blog") veröffentlicht wurden, nahmen die Rückmeldungen zu. Die Interviewten fassten Vertrauen und dennoch schwebte nahezu über jedem Interview ein Nebel aus Angst und Nervosität. Diesen Verrat hätte keine Bank akzeptiert, wäre sie den Verrätern auf die Schliche gekommen. Jeder nur für sich selbst! Weblink: Unter Bankern: Eine Spezies wird besichtigt
Unter Bankern: Eine Spezies wird besichtigt
von Joris Luyendijk

In Europa wächst das große Unbehagen


Nicht nur in Griechenland wächst der Widerstand: In vielen EU-Staaten scharen europakritische Parteien Millionen Bürger hinter sich. In Europa wächst das große Unbehagen. Die Eurokrise ist zu einer politischen Krise in Europa geworden. Die Fehlentwicklungen trüben das politische Stimmungsbild. Die Stimmung in Europa kippt. Wie gefährlich ist das für die EU?

In Spanien, Portugal, Italien, Frankreich und sogar Deutschland haben sich Parteien gebildet, die das Unbehagen an Europa aufnehmen den Wählern entgegen schmettern, die Europäische Union bekomme die aktuellen Probleme nicht in den Griff, vor allem die Staatsverschuldung, die Währungskrise und das schwache Wirtschaftswachstum.

Es sind Parteien, die europakritisch bis antieuropäisch auftreten, die auf Hilfspakete und koordinierte Sparpolitik pfeifen und sich stattdessen betont nationalkonservativ geben, entweder auf der linken oder der rechten Seite des Parteienspektrums. Sie propagieren die Abkehr von der EU und betonen nationale Interessen. Was solche Parteien bewegen können, bewies gerade am Sonntag die griechische Syriza mit ihrem Sieg bei den Parlamentswahlen.

Ist Griechenland nur der Anfang einer Bewegung, die sich in Europa in den kommenden Monaten Bahn brechen könnte? Schließlich ist 2015 ein Superwahljahr. In acht EU-Ländern werden Parlamente neu gewählt, allen voran in Frankreich (Regionalparlamente), Großbritannien, Portugal und Spanien.

Und in all diesen Ländern sagen Meinungsforscher den Protestparteien große Stimmenzuwächse voraus. Folgt auf die Finanzkrise und die daraus erwachsene Staatsschulden- und Eurokrise bald eine veritable politische Krise, die nicht nur die Währung schwächt, sondern an den Grundfesten der Europäischen Union rütteln könnte?

»Über das Unglück, ein Grieche zu sein« von Nikos Dimou

Nikos Dimou
»Über das Unglück, ein Grieche zu sein« von Nikos Dimou ist ein buntes Panoptiklum zeitloser Ansichten über Griechenland und die Griechen. Sein berühmter Aphorismenband »Über das Unglück, ein Grieche zu sein« erschien zuerst 1975.
»Wenn ein Grieche von Europa spricht, schließt er Griechenland automatisch aus. Wenn ein Ausländer von Europa spricht, ist es undenkbar für uns, dass er Griechenland nicht mit einschließt.«
»Das Parkinsonsche Gesetz auf Griechisch: Zwei Griechen schaffen in zwei Stunden (wegen Streitigkeiten), was ein Grieche in einer Stunde schafft.«
Über das Unglück, ein Grieche zu sein
Über das Unglück, ein Grieche zu sein

von Nikos Dimou
Das behaupten nicht die Kontrolleure der EU, sondern einer der bekanntesten griechischen Intellektuellen, Nikos Dimou. Sein Klassiker »Über das Unglück, ein Grieche zu sein«, den jeder Grieche kennt, hat gerade wieder die Bestsellerlisten gestürmt - und liegt nun erstmals auf Deutsch vor. Der Grieche hat dabei eien gewisse Grundhaltung, die er an den Tag zu legen pflegt.
»Etwas Grundlegendes: der Grieche negiert die Realität. Er lebt zweifach über seine ökonomischen Verhältnisse hinaus; er verspricht das Dreifache von dem, was er halten kann, er weiß das Vierfache von dem, was er in Wirklichkeit gelernz hat und fühlt (bewusst) das Fünffahce von dem, ws er wirklich fühlt.«
Zeitlose Einsichten für alle, die Griechenland lieben und doch an ihm verzagen: »Ein Grieche tut alles, was er kann, um die Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit zu vergrößern.« Weblink: Über das Unglück, ein Grieche zu sein
Über das Unglück, ein Grieche zu sein
von Nikos Dimou

Freitag, 24. Juli 2015

Die Griechen - seltsame Annäherung an ein freundliches Volk

Nicht immer gelingt bei einer Reportage die Annäherung an ein anderes Volk und manchmal geht bei eien falshen Pointe der Schuss auch nach hinten los.

Der „Spiegel“ sorgt mit seinem aktuellen Griechenland-Cover für Irritationen: Annäherung an einen seltsamen Zeitschriftentitel, der das Missverständnis zwischen Deutschland und Hellas verstärkt. 

Unter dem Titel „Unsere Griechen. Annährung an ein seltsames Volk“ wird ein dicker Grieche mit überdimensionalen Schnauzbart, das Ouzo-Gläschen in der linken Hand, Sirtaki-tanzend mit einem deutschen Touristen gezeigt, der die Geldbörse mit den 500- und 50-Euro-Scheinen fest an sich hält.

Die Karikatur mit dem feiernden Griechen vor der Kulisse der Ägäis-Insel Santorin ist peinlich für ein Qualitätsmedium und verletzend für die Griechen.


Ein Nachrichtenmagazin, das in seiner „Hausmitteilung“ verspricht, sich mit der komplexen und umstrittenen Frage des Grexit aus unterschiedlichsten Perspektiven zu befassen, betreibt mit diesem Titelbild schlichtweg Irreführung. Denn es suggeriert auf demagogische Weise die Antwort: Der dumme Deutsche zahlt für tanzenden, alkoholisierten Griechen.

Der Grieche mit seinem tief aufgeknöpften Hemd, mit der überdimensionierten Nase und die Kippe im lachenden Mund gleicht einer Hassfigur.

Donnerstag, 23. Juli 2015

Griechenland-Rettung hat Kanzlerin und Finanzminister voneinander entfremdet

Die Griechenland-Rettung hat Kanzlerin und Finanzminister voneinander entfremdet. Merkel will das Land in der Euro-Zone halten; Schäuble befürwortet den Grexit auf Zeit. In einem "Spiegel"-Interview stellt der wichtigste Minister des Kabinetts nun die Richtlinienkompetenz der Kanzlerin offen in Frage.

Niemand könne ihn zwingen, gegen seine Überzeugung zu handeln. "Wenn das jemand versuchen würde", so Schäubles Drohung, "könnte ich zum Bundespräsidenten gehen und um meine Entlassung bitten." Der alte Polit-Hase hat das Risiko kühl kalkuliert. Er weiß nur allzu gut: Das neuerliche Griechenland-Paket bedeutet letztlich nur einen weiteren Zahlungsaufschub, aber keine Rettung.

Schäuble sieht der Wahrheit nun offen ins Auge und er weiß es offfenbar besser als die Kanzlerin, die inner noch in romantischen Vorstellungen einer vermeintlichen Rettung schwelgt. Der Fortgang der Ereignisse wird ihn als Seher unter Blinden erscheinen lassen. Zweitens: Merkel scheut das Risiko eines Rauswurfs. Drittens: Selbst wenn einer wie Schäuble geht nicht in Rente, sondern fällt im Kampfe. Oder um es mit Friedrich Schiller zu sagen: "Ein guter Abgang ziert die Übung."