Donnerstag, 31. Dezember 2015

Kardinal rechtfertigt Diebstahl in der Not

ImWinter 1946 wird Deutschland von einer Kältewelle heimgesucht. In Großstädten wie Berlin, Hamburg oder Köln trifft die Kälte eine bereits stark ausgezehrte und geschwächte Bevölkerung. Auch die Bürger Kölns, die sich in den Ruinen notdürftig eingerichtet haben,.müssen um ihr Leben bangen.

Der Bischof von Köln, Joseph Kardinal Frings (1887 - 1978)  rechtfertigt daufhin in seiner Silvesterpredigt den Diebstahl von Kohlen gegenüber den Alliierten mit den Worten: »Wir leben in Zeiten, da in der Not auch der Einzelne wird nehmen düfen, was er zur Erhaltung seines Lebens und seiner Gesundheit nowendig hat.«

Seit damals gilt "fringsen" als Synonym für moralisch vertretbaren Diebstahl aus Nor.

Weblink:

Hungerwinter 1946/47 - www.ndr.de/kultur

Mittwoch, 30. Dezember 2015

Die Gipfel von 2015

Der Gipfel vor dem Gipfel: Im Schloss Elmau in Oberbayern kamen im Juni die Regierungschefs der G7-Länder zu ihrem Gipfeltreffen zusammen. (Bild:  picture-alliance/dpa)

Eine derartige Häufung hochkarätigster Treffen zu entscheidenden Fragen wie in diesem Jahr gab es selten. Es gab kleine Kompromisse, beredet wurde viel, passiert ist noch wenig - so und ähnlich lauteten oft die Bilanzen. Journalisten müssen die frommen Botschaften der Politiker dann in die Welt hinausposaunen – egal, wie sinnvoll sie sein mögen.

Wie sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz so schön? "Europa ist eine faszinierende Idee!" Das war vor den vielen Gipfeln, die Brüsseler Welt war noch in Ordnung. Und jetzt? "Ich bin seit 21 Jahren Abgeordneter des Europäischen Parlaments und ein solches Jahr hab' ich noch nicht erlebt und kann nur hoffen, dass es 2016 besser wird."

Kein Wunder, nach so vielen Gipfeln. Gipfel zu erklimmen ist höchste Bergsteiger-Arbeit für alle. Man braucht kein Sitzfleisch, man braucht gute Kondition. Denn leider sind die Gipfel nicht öffentlich, das wäre besser für alle.

Weblink:

Die Gipfel von 2015 (und was sie gebracht haben) - www.hr-online.de

Zeit der Jahresrückblicke

Die Tage zwischen den Jahren ist die Zeit der Jahresrückblicke. Und 2015 war auch ein Jahr, in dem die Skepsis und das Misstrauen gegenüber den Medien zugenommen hat. Es war ein Jahr, über das permanent der Vorwurf "Lügenpresse" gehangen hat - den Begriff, den Pegida von den Nationalsozialisten übernommen hat und der zu Beginn des Jahres zum Unwort des Jahres gekürt worden ist.

Dienstag, 29. Dezember 2015

Steinmeier warnt vor "geistiger Brandstiftung"



Außenminister Steinmeier hat rechte Parteien für Angriffe auf Asylbewerber und Flüchtlingsunterkünfte mitverantwortlich gemacht. Sie gingen mit dem Flüchtlingsthema auf Stimmenfang. Der SPD-Politiker sprach von "geistiger Brandstiftung".

Von "geistiger Brandstiftung" versteht Herr Steinmeier viel, wie er und die deutsche Regierung im Ukraine-Konflikt bezüglich ihrer Russland-Politik ja hinreichend bewiesen haben. Und Brandstifter sind auch jene, die gegen die Mehrheit des Volkes eine unverantwortliche Flüchtlingspolitik betreiben. Dieses Chaos der "Wir schaffen das" Politik ist nämlich der Nährboden für jene Gewalttäter, die Steinmeier als "unverantwortlich" bezeichnet.

"Geistige Brandstiftung" ist wohl auch der Umgang der politischen Upperclass mit ihren Wählern. Bei derart wichtigen Weichenstellungen, die die Aufnahme von über einer Million Flüchtlinge mit sich bringen werden, sollte das Staatsvolk der BRD in einer Volksabstimmung befragt werden.

Weblink:

Steinmeier warnt vor "geistiger Brandstiftung" - www.tagesschau.de

Enrico Berlinguer, Kommunist, Demokrat, Sarde


Wer war Enrico Berlinguer, und welche Spuren hinterließ er im kollektiven Gedächtnis? Wer war der Mann, der im Juni 1984 bei einer Wahlveranstaltung in Padua plötzlich einen Hirnschlag erlitt und vier Tage später starb? Über das Leben eines der bedeutendsten italienischen Politiker. Buch und Regie stammen von dem früheren Bürgermeister Roms und Filmemacher Walter Veltroni.

Enrico Berlinguer war ein schüchterner und zurückhaltender, aber auch aufrechter und mutiger Mensch. Diese Eigenschaften ließen ihn zu einer der beliebtesten politischen Persönlichkeiten Italiens werden. Er war auch der einzige Chef einer kommunistischen Partei in Europa, der seine Partei bei demokratischen Wahlen auf knapp 35 Prozent brachte.

Während die übrigen kommunistischen Parteien Europas aufgrund ihrer Abhängigkeit von der dominierenden KPdSU in eine gewisse Stagnation gerieten, verlieh Berlinguer der Kommunistischen Partei Italiens (KPI) neuen Schwung: Seiner Überzeugung nach konnte eine sich „kommunistisch“ nennende Partei sogar in der Zeit des Kalten Kriegs an die Regierung kommen, allerdings nur unter der Bedingung, dass sie sich von der UdSSR distanziert und eine Koalition mit anderen politischen Gruppierungen zulässt.

Enrico Berlinguer, der von 1972 bis 1984 Generalsekretär der KPI war, ging als der Mann des „historischen Kompromisses“ in die Geschichte ein. Ausgehandelt hat er ihn mit den Christdemokraten (Democrazia Cristiana, DC), den Erzrivalen seiner Partei, weil er darin die Voraussetzung für eine mögliche Regierungsbeteiligung der Kommunisten erkannte. Dieses politische Projekt scheiterte jedoch daran, dass der italienische Ministerpräsident Aldo Moro 1978 entführt und ermordet wurde. Dennoch konnte die KPI dank des „historischen Kompromisses“ eine tiefgreifende innerparteiliche Umwandlung vollziehen, die ihr Überleben und Weiterwirken in der europäischen Politik sicherte.

Der Dokumentarfilm ist nicht nur die Biografie des italienischen Politikers, sondern er zeigt auch, wie der junge, politisch stark engagierte Walter Veltroni das Wirken des KPI-Chefs seinerzeit wahrnahm: Veltroni beobachtete mit Interesse und Bewunderung die mutige Arbeit des Mannes, der seine Partei in eine für die damaligen politischen Verhältnisse nahezu unvorstellbare Richtung lenkte.


Weblink:

Enrico Berlinguer, Kommunist, Demokrat, Sarde - www.arte.tv

Sonntag, 27. Dezember 2015

2015 war kein gutes Jahr für Europa

Das Jahr 2015, das sich dem Ende zuneigt, war kein gutes Jahr für Europa. In der ersten Jahreshälfte wurde darüber gestritten, ob die mögliche Pleite des Euro-Staats Griechenland nicht nur die Währung gefährdet, sondern auch das Konzept Europa insgesamt bedroht.

Zwar gelang es wieder einmal, die Euro-Krise vorübergehend zu entschärfen. Das lag auch daran, dass die Athener Linksregierung vom Widerstand zur Kollaboration überging. Seit dem Sommer aber ist so deutlich wie nie, dass Europa nicht weiter zusammenwächst.

Scheitert Europa?
Scheitert Europa? Joschka Fischer kritisiert das europäische Projekt


Dabei ist der Andrang der Flüchtlinge nur ein Katalysator für etliche Entwicklungen, die seit Längerem stattfinden. Im Osten der EU ist eine Re-Nationalisierung zu beobachten; man sucht die Zukunft in einer glänzenden nationalen Vergangenheit, die es so nicht einmal vor der Jahrzehnte währenden Zwangsmitgliedschaft im sowjetischen Machtbereich gegeben hat.

Im Süden Europas wiederum haben nicht zuletzt die ökonomischen Unterschiede zum Norden der EU identitäre, zum Teil regionalistische Strömungen befeuert, die mal im dominanten Deutschland, mal im gesichtslosen "Brüssel" die Ursache vieler Übel sehen.

In der Mitte liegt Kerneuropa, in dem viele ebenfalls ernüchtert sind. Das grenzenlose Miteinander, das im Kalten Krieg nur ein Traum war, scheint nun vom Ideal zur potenziellen Gefahr geworden zu sein, nicht nur für Sympathisanten von Le Pen und Pegida, sondern auch für so unterschiedliche Charaktere wie den manierenlosen Horst Seehofer oder den besorgten französischen Sozialisten-Premier Manuel Valls.

Mittwoch, 23. Dezember 2015

Europa ist 2015 ganz gescheitert

Europa ist 2015 ganz gescheitert. Von den vielen Hoffnungen und Versprechungen, die 2014 im Europa-Wahlkampf gehegt und gemacht wurden, ist nicht viel übrig geblieben. Das ist weniger die Schuld der EU-Institutionen oder des Parlaments. Aber die sind auch nicht Europa, sondern sie organisieren es nur. Europa besteht aus den Staaten der Gemeinschaft. Und etliche dieser Staaten entfernen sich immer mehr, immer weiter von Europa.

Scheitert Europa?Scheitert Europa? Joschka Fischer kritisiert das europäische Projekt
In Deutschland gilt auch heute noch den meisten Menschen ein konsensuales Staatenbündnis Europa als die bessere Zukunft - nicht zuletzt, weil Deutschland in der ersten Hälfte des 20.

Jahrhunderts vom Nationalstaat zum nationalistischen Eroberer mutiert ist. Die europäische Identität hatte (und hat) für viele Deutsche auch selbstreinigenden Charakter. Anderswo, in Polen und Ungarn, aber auch in Großbritannien oder Dänemark, wird das anders gesehen. Dort hat man auch den Konsens über eine föderale Zukunft in Europa entweder aufgekündigt oder ist ihm ohnehin nie nähergetreten.

Weblink:

Scheitert Europa?Scheitert Europa? Joschka Fischer kritisiert das europäische Projekt von Joschka Fischer