Mittwoch, 29. Juni 2016

Briten wollen raus aus der EU

Britische Flaggen vor dem Big Ben


Die Briten haben sich entschieden: Sie wollen mehrheitlich raus aus der Europäischen Union. Das Referendum gewannen die Brexit-Befürworter knapp, Premier Cameron steht vor einer ungewissen Zukunft. Die Folgen für Großbritannien sind ebenfalls schwer abzuschätzen, das Pfund stürzte ab. In Brüssel versucht man, Ruhe zu bewahren.

Die Briten verpassen Brüssel die Ohrfeige, die dieser selbstgefällige Laden leider gebraucht hat, um sich selbst zu reformieren. Es ist auch das Ergebnis der selbstherrlichen Politik unserer Kanzlerin, die im letzten Jahr Entscheidungen gegen die Interessen der Europäer in Deutschland getroffen hat. Ein weiter so geht nun nicht mehr.Die Folgen für die EU sind schwer abzuschätzen. Ein schwächeres Pfund ist eine gute Starthilfe.



Die einen blicken mit Sorge auf die unsichere Zukunft ohne die Gemeinschaft der 28, die anderen sehnen den Tag geradezu herbei, an dem Großbritannien die Souveränität, die ihnen Brüssel raubte, endlich zurückerobert. In den Schubladen der Banken und Unternehmen liegen Notfallpläne, Analysten zeichnen düstere Perspektiven, Anwaltskanzleien haben Hochkonjunktur. Sie beraten Unternehmen für den Fall der Fälle. Die Konsequenzen eines Austritts für die Wirtschaft wären erheblich - für die britische, aber auch für die deutsche Volkswirtschaft. Jahrelange Unsicherheit könnte das Wachstum bremsen, bis zu eine Million Arbeitsplätze könnten verloren gehen.

Allein die Aussicht auf einen Brexit ließ das Pfund in den vergangenen Monaten abstürzen und Investoren zurückschrecken. Britische Unternehmen, internationale Banken und deutsche Autobauer zittern. BMW etwa baut in England den Mini und Rolls-Royce. Der Austritt Großbritanniens könnte die Exporte empfindlich treffen. Die EU dagegen steht auf dem Prüfstand und könnte in einer Abwärtsspirale in ein paar Jahren am Ende sein. Die Finanzkrise ist nur vertagt und die Milliarden, die nach Südeuropa gepumpt werden, kaufen nur Zeit und schwächen Nord-Europa.

Farbfigurens Foto.


Dies ist auch ein schlechter Tag für die deutsche Regierung. Ihre Politik der Bevormundung ist endgültig gescheitert. Schon, daß die Kanzlerin sich den Verbleib gewünscht hatte, war den Briten Ansporn genug, ihr die Rote karte zu zeigen. Lächerlich, daß Herr Schulz auf ein Scheitern des Brexit gewettet hatte. Weniger Bevormundung und Einmischung in Landesinteressen wäre hilfreicher gewesen.

Die Menschen wollen eine EU, sie wollen aber nicht von einem undemokratischen Gremium weit weg ohne Sinn und Verstand regiert werden. Die Politik muss ihr Volk auch mitnehmen. Die EU hat es mit ihren Regeln und Geheimnissen mächtig übertrieben. Das merken die Bürger. Neidisch kann man sein, dass die Briten abstimmen durften.

Nun kommen auch Reformen auf die EU zu, da ein weiter so nicht von den Bürgern gewünscht ist. Sollte die Politik das nicht erkennen, dann drohen weitere Austritte.

Dienstag, 28. Juni 2016

Exit nach dem Brexit

Britische Flaggen vor dem Big Ben

Ein Premierminister auf Abruf, ein Oppositionschef, dem die Gefolgsleute davonlaufen: Das Brexit-Votum hat die politischen Gräben in Großbritannien vertieft. Nun werden Rufe nach Persönlichkeiten laut, die das Land einen statt es aus politischem Kalkül weiter zu spalten.


Premierminister David Cameron hat für den Vormittag sein Kabinett einberufen, um über das weitere Vorgehen nach dem Brexit-Votum zu beraten. Nach Camerons Rücktrittsankündigung muss bis zum Parteitag der Konservativen im Oktober ein neuer Regierungschef gefunden sein.

Als heiße Kandidatin neben Brexit-Befürworter und Kampagnenführer Boris Johnson wird inzwischen Brexit-Gegnerin und Innenministerin Theresa May gehandelt. Viele Tory-Abgeordnete fordern, die neue Persönlichkeit an der Partei- und Regierungsspitze müsse nach der Spaltung der Partei und des britischen Volkes integrativ sein und nicht notwendigerweise für den Brexit.

Sonntag, 26. Juni 2016

EU braucht dringend Reformen


Europa hat an den Brexit nie wirklich geglaubt. Zu unvorstellbar schien es, dass vor den Türen dieser Gemeinschaft die Bewerber Schlange stehen, während ein Mitglied dieser Familie Fördergelder, bevorzugte Behandlungen und Marktchancen ausschlägt, um wieder auf eigenen Füßen zu stehen.

Es hilft wenig, dieses verlorene Referendum als Sieg der Demagogen über die politische Realität zu beschreiben. Wer Demokratie sät, muss mit der Ernte leben. Die Union hat eine Quittung bekommen für Versäumnisse, Fehler und institutionelle Überheblichkeit. Als ob das, was man nun als Lehren aus der Volksabstimmung Reform für die Zukunft nennt, nicht schon länger und früher bekannt gewesen wäre.

Wer bei den Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP, die Richtlinie zur Frage, ob die öffentliche Wasserversorgung privatisiert werden darf, oder die nicht enden wollende Bevormundung im Umwelt- und Verbraucherschutzbereich hinhörte, hätte die wachsende Verbitterung der Bürger wahrnehmen können – und müssen. Welchen Wert hat eine Union, die sich angesichts der Flüchtlingskrise nicht einigen und Schuldenstaaten, die auf Kosten anderer leben, nicht zur Räson bringen kann?

Diese EU braucht Reformen, die weiter gehen, als ein paar demokratische Placebos zu verabreichen. Sie muss beweisen, dass es sie zu Recht gibt, weil sie Probleme lösen und nicht nur besprechen kann.

Natürlich ist es richtig, dass die Fehler, die man nur allzu gerne der EU ankreidet, häufig von den Mitgliedstaaten zu verantworten sind. Weil sie gemeinsame Beschlüsse ausbremsen – und damit das Bild einer Union entstehen lassen, die zu Lösungen nicht fähig ist.

Es ist die Gewissheit, dass die europäischen Mitgliedstaaten zusammen etwas erreichen können, die abhanden kam. Wenn nun die Staats- und Regierungschefs der verbleibenden 27 EU-Staaten dem Ratspräsidenten in die Hand versprochen haben, sie würden bleiben und an der Einheit weiterarbeiten wollen, bleibt das so lange ein leeres Versprechen, bis Ergebnisse ablesbar sind.

Die Gelegenheit zur Abkehr vom nationalen Schaulaufen gibt es bereits in der kommenden Woche. Eine solidarische Vereinbarung zur Flüchtlingskrise würde beispielsweise überzeugen. Das übliche Reform-Gerede ganz sicherlich nicht.

Europa ohne Zukunft


Europa steht eine schwere Prüfung ins Haus - mal wieder. In wenigen Wochen stimmen die Briten über ihren Verbleib in der Europäischen Union ab. Und auch in anderen EU-Staaten gärt es. Es stellt sich die Frage: Was hält Europa noch zusammen? 

Wenn es um die Frage nach dem Grund für den Zusammenhalt in der EU geht, ist die Antwort für Deutschland häufig: die Wirtschaft. Viele deutsche Firmen importieren Rohstoffe aus der EU, veredeln sie und exportieren sie – die "German Factory" im Herzen des Kontinents, sie brummt. So wie beim Saftproduzenten Niehoffs Vaihinger aus dem pfälzischen Lauterecken. Das Unternehmen importiert Säfte aus den Niederlanden, Italien sowie Frankreich und veredelt sie. "Für uns ist Europa erstmal ein großer Markt, ein zusammengewachsener Markt. Und das hat für uns schon riesige Vorteile gegenüber einer Situation, wo wir eben nur Kleinstaatlichkeit haben", sagt Betriebsleiter Reiner Kressmann.


Während EU-kritische Stimmen in Deutschland noch in der Minderheit sind, treten die EU-skeptischen Scharfmacher in Polen auf vielen Ebenen auf. Bei Demonstrationen wird deutlich, dass Deutschlands Nachbar tief gespalten ist in der Frage, was Europa zusammenhält. Während die einen für die EU argumentieren, wendet sich die neue polnische Regierung von Brüssel ab.

Polen liegt an der Spitze der EU-Subventionsempfänger: Umgerechnet entfallen im aktuellen EU-Haushalt auf jeden Bürger Polens 500 Euro. Doch eine moderne Infrastruktur ist das eine – die hohen Kosten im Alltag sind das andere: Das Versprechen auf Wohlstand – die EU hat es gerade in den Augen der jungen Polen nicht eingelöst. Aleksandr Kwasniewski hat das Land als Präsident 2004 in die EU geführt - mit dem Versprechen auf Freiheit, Wohlstand und Sicherheit. Die derzeitige Entwicklung – für ihn beunruhigend. "Der nationale Egoismus und die Arroganz nehmen zu, auch populistische Ideologien."


Wenn die Briten am 23. Juni über den Brexit abstimmen, dann ist das auf der Insel auch eine Abstimmung über das Thema Zuwanderung: Rund zwei Millionen Europäer, an erster Stelle Polen, sind seit der Osterweiterung 2004 nach Großbritannien gekommen. Im englischen Küstenstädtchen Boston machen Einwanderer aus Osteuropa inzwischen 15 Prozent der Bevölkerung aus. Das Miteinander funktioniert hier landesweit am schlechtesten, so eine Studie. "Wenn man durch Boston läuft und Schwierigkeiten hat, jemanden zu finden, der Englisch spricht, dann ist das schrecklich", sagt ein Passant.Yvonne Stevens ist Mitglied von UKIP, der Partei, die seit über 20 Jahren für Großbritanniens Austritt aus der EU kämpft.

Kurz vor der großen Abstimmung fühlt sich die Unabhängigkeitspartei ihrem Ziel so nahe wie nie. "Wenn wir aus der EU raus sind, haben wir die Möglichkeit, uns in Stellung zu bringen. Es gibt uns die Sicherheit, die Grenzen zu schließen und die Kontrolle zu haben, die wir momentan nicht haben", sagt sie.Die Finanz-Elite in der Londoner City ist sich dagegen sicher: Bereits die Debatte um den Ausstieg schadet - London verzeichnet deutlich weniger Investitionen. Investmentbanker Justin Stewart ist für den Verbleib in der Union: "Mal ehrlich, die EU ist der weltgrößte Handelsblock. Es mag ja sein, dass er nicht besonders gut geführt ist. Aber wenn etwas nicht gut funktioniert, sollte man doch versuchen dafür zu sorgen, dass es besser läuft und dass es ein Erfolg wird!"

Fischer: 23. Juni ist Schlüsseltag für Europa

Sieben Jahre lang hat Ex-Außenminister Joschka Fischer in Brüssel die europäischen Werte hochgehalten. Für ihn erreicht die EU mit der Brexit-Abstimmung eine neue - aber wenig verwunderliche - Eskalationsstufe. "Einerseits gibt es das Effizienz-Defizit der Union: Die Union kann nicht liefern, was die Menschen erwarten, weil die Nationalstaaten das nicht zulassen", sagt Fischer. "Und auf der anderen Seite gibt es aber das große Sinn-Defizit: Wohin will dieses Europa? Was ist sein Zweck?"

Wie auch immer die Briten am 23. Juni abstimmen: Dieser Tag sei ein Schlüsselmoment für Europa, betont Ex-Außenminister Fischer. Es gehe darum, neue Ziele festzulegen: "Eine Neuverteilung der Macht zwischen den Nationalstaaten und Europa, eine Neuverteilung auch des Geldes - auch das wird eine Rolle spielen - und eine Neuverteilung auch der Souveränität", sagt er.

Fischer selbst sieht die Zukunft nicht in einem Weniger von Europa, sondern in mehr Zusammenarbeit. Deutsche und Franzosen müssten vorangehen – müssten festhalten an der großen Idee. "Europa ist vor allen Dingen eine große Friedensordnung. Und Europa ist gebaut gegen den Nationalismus. Europa ist der immerwährende Kompromiss. Kompromiss heißt: sich mit den Nachbarn vertragen. Alle haben so ihre Marotten auch. So ist das halt im Leben."

Weblink:

Europa ohne Zukunft? - www.heute.de

Sonntag, 19. Juni 2016

Deutsche Nationalmannschaft steckt im Kinderschokoladen-Dilemma

Vorbei die Zeiten, als die deutschen Nationalspieler noch Fritz, Hans und Helmut hießen. Weil Ferrero mit Kinderbildern von Boateng und Gündoğan wirbt, drehen einige Pegidisten durch. Die Armen! Nun müssen sie sich entscheiden, ob sie zu Deutschland halten. Tolle Initiative von Ferrero. Fussball fällt demnach für Pegida-Anhänger flach, da nicht national genug. Da heisst es konsequent bleiben.

Sie verachten zwar das politische System, hassen alles Fremde und angeblich Nichtdeutsche. Einen EM-Titel nehmen sie aber gerne mit, es ist ja schließlich die Nationalmannschaft.

Die armen Fahnenschwenker, Höcke-Fans und anderen Rechtsausleger! Der Fußball führt ihnen wieder mal ihre Schizophrenie vor Augen. Auf der Facebook-Seite von Pegida Baden-Württemberg gibt es einen Vorgeschmack darauf, mit welchem selbstverschuldeten Dilemma sie in den nächsten Wochen konfrontiert werden. Dort diskutiert man sich wieder mal die Köpfe heiß. Anlass sind die aktuellen Bilder auf der Kinderschokolade.

Schon doof irgendwie, wenn man im Windschatten der Nationalelf seinen Grossnationalen Wahn ausleben will und dann verwundert feststellen muss, dass diese Manschaft getragen wird von Menschen mit Migrationshintergrund, Dunkelhäutigen mit bajuwarischem Einschlag und Moslems.

Da sieht der verlotterte Pegidianer natürlich gleich das Abendland untergehen. Da ist er dann schon lieber dafür dass wir rein-weiße Mannschaften haben mit durchdeklinierter biodeutscher Abstammung bis 2000 vor Christus.

Dann gibt es nämlich keine Europa-, geschweige denn Weltmeisterschaft mehr bis zum nächsten 1.000-jährigem großdeutscher Nation. Endlich kann man sich dann wieder mit Luxemburg und Malta um den letzten Platz in den Qualirunden streiten.

Weblink:

Deutsche Nationalmannschaft: Das Kinderschokoladen-Dilemma - www.zeit.de/sport

Dienstag, 14. Juni 2016

In Frankreich ist die Reform des Arbeitsmarktes heftig umstritten

Flagge Frankreich


In Frankreich ist die Reform des Arbeitsmarktes heftig umstritten. Die in Frankreich heftig umstrittene Reform steht vor einer neuen Hürde: dem Senat. Die zweite Kammer des Parlaments, die von der konservativen Opposition dominiert wird, dürfte das Gesetz noch verschärfen.

Hollande eifert einem übreraus schlechtem Vorbild aus dem Nachbarland nach! Das hat Schröder schon falsch gemacht, denn mit der Reform des Arbeitsrechts sollten damals Unternehmenschefs mehr Flexibilität erhalten, um dann wiederum auch mehr Menschen einzustellen.

Die Deutschen wurden mit dieser politischen Mogelpackung und vorgeblichen Reformen hinters Licht geführt. Jeder weiß mittlerweile, daß Schröders "Reformen" keine Reformen waren, sondern neoliberale Arbeitsmarktpolitik mit katasrophalen Folgen im Sozialbereich, die seine eigene "sozialdemokratische" Partei zugrunde gerichet hat. Man kann auch aus den Fehlern anderer lernen - zugegebenermaßen fällt selbsternannten "Sozen" das Lernen offensichtlich allgemein schwer.

Schröders "Reformen" haben die damals prognostizierte Zementierung des Prekariats voll erreicht. Die Generation 'Probezeit', prekäre Leiharbeit und Hartz IV mit rund 6 Millionen Menschen, die in der BRD vom Sozialamt alimentiert werden sind ganz sicher kein Beleg für Reformen der Art, welche Hollande jetzt durchsetzen will.

Frankreich steht damit vor dem Weg in eine andere Republik. Wenn die Franzosen klug sind und Hollande politisch überleben will, werden sie sich vor solchen vermeintlichen "Reformen" zu hüten wissen.


Weblink:

Das große Ringen in Paris - Reformpläne im Senat


Torpedo63-Blog: Blog-Artikel

Frankreich vor Sozialreformen

»Hartz IV und die Folgen: Auf dem Weg in eine andere Republik?« von Christoph Butterwegge - Torpedo63-Blog

Literatur:

Hartz IV und die Folgen: Auf dem Weg in eine andere Republik?
Hartz IV und die Folgen: Auf dem Weg in eine andere Republik?
von Christoph Butterwegge

Sonntag, 12. Juni 2016

Europa - Kaputte Gemeinschaft?

Sind die Ideale der Europäischen Union zum Scheitern verurteilt? Darüber spricht Richard David Precht in seiner ZDF-Philosophiesendung mit dem ehemaligen Außenminister Joschka Fischer. Erst bekam die EU den Friedensnobelpreis, doch jetzt treibt die Flüchtlingskrise die Gemeinschaft auseinander. Ist die europäische Einheit nur eine Fiktion? Was überhaupt ist Europa? Gibt es die vielbeschworene Wertegemeinschaft? Fragen an den überzeugten Europäer Joschka Fischer.

„Europa besteht aus Staaten, die sich nicht vorschreiben lassen wollen, was sie selbst beschlossen haben.“ So brachte es der Kabarettist Werner Schneyder einmal auf den Punkt. Eurokrise, Ukrainekonflikt, Flüchtlingsströme, umstrittene Osterweiterung, Bürokratie-Moloch, Rechtspopulismus. Wird die große Idee vom geeinten Europa am Ende eben doch nur vom Kalkül einer wirtschaftlichen Interessensgemeinschaft beherrscht, in der jedes Land nur seinen Vorteil sucht?

Friedensnobelpreis - zurecht erhalten?

Vor drei Jahren erhielt die Europäische Union den Friedensnobelpreis – für sechs Jahrzehnte Frieden in Europa.
Zerfetzte Europaflagge

Aber ist dies tatsächlich das Verdienst der EU? Sind Europa und der europäische Einigungsprozess das gleiche? Was ist das überhaupt – Europa? Ein Kontinent, eine historische Verpflichtung, ein Binnenmarkt oder gar eine Wertegemeinschaft? Angesichts der jüngsten Ereignisse um die große Zahl von Menschen die aus aller Herren Länder nach Europa strömen, zeigt sich Europa jedenfalls unsolidarisch und zerstritten. Ist die europäische Einheit nur eine Fiktion? Sind jene viel beschworenen europäischen Werte wie Freiheit, Vernunft, Gewaltenteilung, Demokratie, Toleranz denn überhaupt genuine Errungenschaften unserer abendländischen Kultur, der Antike, des Christentums oder der Aufklärung?

Das Bemühen um eine gemeinsam getragene europäische Verfassung ist vorerst gescheitert. Mehr denn je zeigt sich Europa zerrissen zwischen supranationaler Solidarität und nationaler Souveränität, zwischen politischen Idealisten, noch mehr Lobbyisten und noch viel mehr desinteressierten Bürgern, zwischen armen und reichen Ländern. Aber auch zwischen Neumitgliedern wie Ungarn, Kroatien oder Tschechien, die ihren lange unterdrückten Nationalstolz aufleben lassen, während die unangefochtenen Hegemonialmächte Deutschland und Frankreich an allen europäischen Instanzen vorbei ihr eigenes Süppchen kochen.

Wird es eine europäische Identität geben?

Haben sich die Architekten der Europäischen Union das so vorgestellt? Ist das Konstrukt aus Parlament, Kommission und Rat letztendlich wirklich handlungsfähig und transparent genug, um beim Bürger eine europäische Identität wachsen zu lassen? Wird der Überbau der europäischen Ideale nicht von unsinnigen DIN-Vorschriften, Wirtschaftslobbyismus und Quoten-Geschacher ausgehöhlt? Brauchen wir ein neues Europa, nicht errichtet auf den Ruinen des alten Kontinents, sondern entwickelt aus der Quintessenz unserer heutigen modernen Gesellschaft? In transparenter Leichtbauweise, so Richard David Precht, so dass es nicht nur nach innen, sondern auch nach außen ein Profil zeigt, hinter dem wir Europäer geschlossen stehen wollen?

Weblink:

Europa - Kaputte Gemeinschaft? - Richard David Precht im Gespräch mit Joschka Fischer