Samstag, 20. April 2019

Über die Macht der Massen

Gelbwesten demonstrieren zum zehnten Mal

Die jüngsten gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen, der „neue Populismus“ und die neuen „Massenbewegungen“ haben die Massen wieder ins kollektive Gedächtnis gebracht.

Das Problem der Massen kannte man bereits, kaum hatte man mit der Bildung des Staates begonnen - also bereits in der Frühantike. Allerdings war das Problem damals vollkommen unter Kontrolle. Bis in das Hohe Mittelalter sind die Massen absolut bewusstlos gewesen, also leicht zu lenken. Erst im Mittelalter ergab der hohe Bauernstand in der europäischen Kultur, verbunden mit der ersten nennenswerten Bildung unter den Massen, die in diesem Fall durch Kirche und noch mehr Kloster erfolgte, zu ersten Aufständen gegen die Macht und Obrigkeit.



In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren die Massen ein beherrschendes Thema der Politik und Gesellschaft Europas. Im Zeitalter des Individualismus scheinen sie ihre Anziehungskraft und Gefährlichkeit verloren zu haben. Ein Irrtum. Von neuem bewegen Massen große Teile der Gesellschaft. Sie entstehen mit Hilfe moderner Medien in der Popkultur, in Sport und Konsum, in Protestbewegungen und Revolten, in neuen politischen Formationen und in Flüchtlingsströmen.

Wichtige Aspekte der Masse sind Regierbarkeit, Lenkbarkeit, Verführbarkeit und Gewaltbereitschaft. Im Unterschied zu den Massen der Vergangenheit bieten sie den Individuen die Möglichkeit, sich eine imaginäre Größe, ihren Äußerungen und Schicksalen eine Öffentlichkeit zu geben. Heute sind die Massen praktisch nicht mehr zu regieren und eben das ist der Unterscheid zwischen den Massen von früher und von heute.


Als erster beschäftigte sich der französische Arzt Gustave Le Bon 1895 unter dem Eindruck des Zeitalters beginnend mit der Französischen Revolution bis zum Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Phänomen der Massen. Damals wurden die Massen als Pöbel und Plebs - als gefährlich für die Gesellschaft empfunden. Er verfasste das Grundlagenwerk der Sozialpsychologie »Psychologie der Massen«. Gustave Le Bon beeinflusste nicht nur Sigmund Freud, sondern wurde auch von Politikern und Diktatoren des 20. Jahrhunderts für die Ausarbeitung ihrer Propaganda-Techniken benutzt. Le Bons Wirkung auf die Nachwelt, wissenschaftlich auf Sigmund Freud und Max Weber, politisch insbesondere auf den Nationalsozialismus und seine Protagonisten, war groß.

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges entdeckte Politker in Europa die Massen und versuchten sie, für ihre politischen Ziele zu vereinnahmen. Ihr politischer Erfolg hing von der Verführbarkeit der Massen ab. Politiker, welche die Massen hinter sich gebracht haben, sind durch die Ansprache der Massen zu Diktatoren geworden - unter deren Regime die Techniken widerum verfeinert wurden.

Elias Canetti soziologisches Hauptwerk »Masse und Macht« erschien im Jahr 1960. Ein Buch, das anthropologische, psychologische, politische und historische (die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit) Aspekte des Phänomens „Masse“ zu integrieren beabsichtigt, führt wohl beinahe zwangsläufig zur Verwirrung des Lesers.

Seit 1925 befasste Canetti sich mit dem Phänomen der Masse, die ihn ängstigte und faszinierte. Ein Schlüsselerlebnis war der Brand des Wiener Justizpalastes am 15. Juli 1927 für ihn, in dessen Folge blutige Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Studenten ge­schahen.

Die Forscher Gunter Gebauer und Sven Rücker lösen in ihrem neu erschienenen Buch den Begriff der Masse aus dem Korsett der alten Ideologien und rehabilitieren ihn damit als Erklärungsmodell für sehr aktuelle Phänomene gesellschaftlichen Wandels.

Literatur:


Psychologie der Massen
von Gustave Le Bon

Masse und Macht
Masse und Macht
von Elias Canetti

Vom Sog der Massen und der neuen Macht der Einzelnen
Vom Sog der Massen und der neuen Macht der Einzelnen
von Gunter Gebauer, Sven Rücker

Samstag, 13. April 2019

Die großen Koalition und die Kunst des Scheiterns


Das Versagen der großen Koalition ist selbstverständlich auch das Versagen von Frau Merkel und deren Gefolge. Dazu gehören Politiker, die in welcher Scheinwelt leben und nicht mitbekommen, in welchem Zustand sich unser Land mittlerweile befindet. Es fehlt dieser Koalition an jeglicher Vernunft und Sachkenntnis.

Die wahren Probleme werden erst gar nicht angegangen, sondern eher verdrängt, dass die Damen und Herren dieser Regierung gar nicht erst in die Verlegenheit kommen, mit ihrer eigenen Inkompetenz konfrontiert zu werden. Die Probleme sind vielfältig. Statt Probleme zu lösen schafft man mit sozialistischen Utopieträumen neue Probleme.

Es herrscht Verdrängung allenthalben, denn kaum einer will sich fragen, warum sowohl die Union (CDU/CSU), als auch die SPD in einer historischen Krise stecken?? Warum immer mehr Parteimitglieder entweder ihre Partei verlassen, oder eine Erneuerung ihrer Parteispitzen fordern? Das kommt alles nicht von ungefähr!

Kramp-Karrenbauer als Kanzlerkandidatin


AKK mag ihre konservativen Vorzüge haben. Aber ob die Frau wirklich Kanzlerin kann, steht auf einem ganz anderen Blatt. Ich habe starke Zweifel daran, dass sie die roten Teppiche im Ausland bekommt, die eine AM bisher immer erhalten hat. Auch glaube ich noch nicht daran, dass AKK die EU wieder mehr einigen wird.

Innenpolitisch mag sie deutliche Akzente setzen. Außenpolitisch wird sie wohl einige Bruchlandungen erleben, denn zur Diplomatie gehört mehr als nur Überzeugung, dazu gehört auch Charisma und dieses kann man bei AKK nicht finden.

Über einen Kanzlerinwechsel müsste eigentlich der Wähler entscheiden. Schließlich hat dieser bei der letzten Wahl die CDU/CSU gewählt mit einer Frau Merkel als Kanzlerkandidatin und nicht mit einer Frau AKK. In meinen Augen kommt das einem Betrug am Wähler gleich.

Die CDU möchte auch keine Neuwahlen. Es braucht halt auch noch Zeit, um AKK zu etablieren und sich wieder von der SPD abzugrenzen.

AKK eignet sich als Kanzlerin der Deutschen genauso wie Trump als Präsident der USA, nämlich gar nicht. Die Union wird noch sehen und ernten, was sie sich mit der AKK selbst eingebrockt haben.

Mittwoch, 10. April 2019

Debatte über Enteignung großer Wohnungsunternehmen

Wohnungen in Berlin

Die Städte sind durch den Verkauf von Wohnungen an große Immobilien- und Wohnungsunternehmen - des öffentlichen Wohnungsbestandes an die Heuschrecken - und durch die Reduzierung des sozialen Wohnungsbaus nicht mehr in der Lage, ausreichend Wohnraum in den Städten zur Verfügung zu stellen, um den steigenden Wohnraumbedarf aktiv selber zu decken.

Der Wohnungsmarkt ist aus den Fugen geraten, da nicht genug preiswerte Sozialwohnungen für Mieter zur Verfügung stehen. Der Spielraum für eine soziale Wohnungspolitik ist durch den Verkauf von Sozialwohnungen so erheblich gesunken, so daß nicht genügend Wohnraum für soziale Wohnungen zur Verfügung steht und auch nicht ohne Weiteres durch sozialen Wohnungsbau verbessert werden kann.

Nun also Enteignung als Antwort auf des Mietproblem. Politisch gefälligere Antworten wie die Mietpreisbremse haben das Probleme nicht lösen können. Das Volksbegehren über die Enteignung großer Wohnungsunternehmen hat heftige Diskussionen ausgelöst. Während Grünen-Chef Habeck die Idee für denkbar hält, spricht die CSU von sozialistischen Ideen.

In der Debatte über Enteignungen wurde von "Notwehr" oder "Sozialismus" gesprochen. Durch Enteignung würde kein einziger Wohnraum neu geschaffen werden.

Es geht auch ohne Enteignungen, die in einem Rechtsstaat maximal das letzte verzweifelte Mitteln sein sollten, wenn alle anderen Wege ausgeschöpft sind. Wenn der politische Wille da ist, kann einiges bewirkt werden! Leider haben viele deutsche Politiker diesen Willen nicht!

Mietspekulation kann man mit diversen Werkzeugen bremsen. Zum Beispiel einer saftigen Abgabe, die anfällt, wenn man eine Immobilie innerhalb von 10 Jahren nach Erwerb wieder abstößt, so dass sich kurzfristige Investitionen nicht lohnen. Leerstehender Wohnraum könnte zudem versteuert werden.

Es könnten Maximalmieten festgelegt werden, die sich nach Lage und Ausstattung richten.

Der Staat könnte Konkurrenzangebote fördern oder selbst bauen. Wenn es genug preiswerten Wohnraum gibt, dann zieht dies auch das Hochpreissegment runter.


Samstag, 30. März 2019

Ukraine vor der Wahl - ein Komiker als Präsident


In der Ukraine wählt die Bevölkerung am Sonntag einen neuen Präsidenten. Komiker Woldomir Selenski hat die besten Chancen, Petro Poroschenko als Präsidenten abzulösen.

Vor der Präsidentenwahl in der Ukraine führt der Komiker Wladimir Selenski in Umfragen vor dem Amtsinhaber Poroschenko. Er ist ein Satiriker, der gerne mit dem Bildnis des Clowns kokettiert.

Selenski spielt in einer TV-Serie den Präsidenten, der gut gekleidet mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt, loyal ist und damit Traumpräsident und der Traum aller Ukrainer ist. Jetzt will er die Grenze zwischen Fiktion und Realität überschreiten. Seine Beliebtheit beim Volk und sein Mangel politischer Erfahrung könnten bei der Wahl von Vorteil sein.

Alle Schauspieler, die in der TV-Serie mitspielen, würden Selenski wählen und auch der Regisseur, der nicht ohne Stolz sagte: "Natürlich wähle ich Selenski. Ich habe ihn ja schließlich zum Präsidenten gemacht."


Selenski sagte vor der Wahl, daß angesichts der entstandenen politischen Situation jeder Ukrainer drei Wege habe.

„Der erste Weg ist, so zu leben, wie man lebt, und mit dem Wind zu segeln. Und das ist auch normal, das ist jedermanns Wahl. Der zweite Weg ist, seine Sachen zu packen und sich in ein anderes Land zu begeben, dort Geld zu verdienen und es den Angehörigen und Verwandten zu überweisen. Das ist auch normal“, sagte der Komiker. Doch für sich selbst bevorzuge er den dritten Weg: „Selbst zu versuchen, etwas in der Ukraine zu ändern.“

Nur durch unbelastete Kandidaten wie Selenski wird es jemals aus den Dutzenden von Zwickmühlen und Sackgassen, in welche Poroschenko es hineinmanövriert hat, wieder herauskommen.

Mittwoch, 20. März 2019

Facebook ist in die Kritik geraten


Facebook ist in die Kritik geraten. Niemand ist gezwungen, Facebook zu nutzen. Wer es tut, kann nur zu seiner Datennutzung zustimmen, um es zu nutzen. Wer sein Android Mobiltelefon benutzen möchte, muss sich bei Google diesbezüglich ausziehen.

Da die Regelungen aber konzerneigene Schöpfungen sind, entzieht sich die Nutzung persönlicher Daten jedweder Kontrolle. Quasi eine stillschweigende Enteignung jenseits jeder gesetzlichen Kontrollmöglichkeiten. Hier sollte unser Staat klare Regeln und eine angemessene Besteuerung zur Stärkung der Daseinsvorsorge schnellstens schaffen. Eine Kernaufgabe unserer Parlamentarier. Man sollte sie daran erinnern.

Das ist nicht ganz richtig, es geht auch ohne Google, kostet allerdings ein wenig Mühe; Custom Roms heißt das Zauberwort, und Alternative App-Stores wie beispielsweise F-Droid. Dann hat man ein googlebefreites Android. Und man bekommt mit custom Roms wie etwa Lineage OS noch gleich ein Schmankerl dazu: regelmäßige Updates, so daß man sein Handy nicht nach zwei Jahren wegwerfen muß.

Als Suchmaschine gibt es inzwischen einige sehr konkurrenzfähige Suchmaschinen, die keine Daten sammeln. Duckduckgo (benutze ich), Qwant, oder Ixquick.

Dieses Thema ist nicht zu unterschätzen und es ist noch kaum in unserem allgemeinen Bewusstsein angekommen, wie mir scheint:

Hier noch zwei Insider, die Wesentliches beizusteuern haben und Zusammenhänge, die wir uns kaum vorstellen können, erklären:

- Jaron Lanier:
Zehn Gründe, warum du deine Social Media Accounts sofort löschen musst

- Franklin Foer:
Welt ohne Geist

Lanier ist technisch sehr versiert, sprachlich ist die Lektüre wegen vereinzelter Ausdrücke für mich keine Freude gewesen, Foer stellt eher einen größeren Überblick her. Lanier ist vielleicht erhellender.

Samstag, 16. März 2019

"Backstop" als Übergangslösung


Großbritanniens Premierministerin May und EU-Kommissionspräsident Juncker sitzen nebeneinander bei einer gemeinsamen Pressekonferenz

Kurz vor der Abstimmung im britischen Unterhaus hat sich Premierministerin May mit der EU auf eine Ergänzung des Brexit-Abkommens geeinigt. Für den "Backstop" als Übergangslösung soll bis Ende 2020 ein Ersatz gefunden werden.

"So bekomme Großbritannien die Zusage, nicht auf unbestimmte Zeit an die sogenannte Backstop-Regelung gebunden zu sein, die eine harte Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem zum Vereinigten Königreich gehörenden Nordirland verhindern soll."

Das Vereinte Königreich kann also den Backstop einseitig aufkündigen, solange durch eigenen Maßnahmen das Karfreitagsabkommen weiter Gültigkeit hat! Das lustige daran ist, dass der Backstop überhaupt nur notwendig ist, weil das GFA weiter Gültigkeit behalten soll.

Andere Worte, aber daselbe Ding. Das soll der große Erfolg Theresa Mays sein, der die ERG und andere Hardliner der Tories zur Zustimmung bewegen soll? - Naja, bei dem Kasperltheater auf der Insel ist mittlerweile alles möglich.

Politik ist immer ein Kompromiß, aber glaubwürdiger macht dies die EU ganz sicher nicht. Die rote Linie ziehen scheint ein Sport für Machtlose zu sein. May hat gezockt und scheinbar gewonnen. Sie wusste das ungeregelter Brexit auch für die EU eine Menge Bauchschmerzen bedeutet.