Samstag, 16. März 2019

"Backstop" als Übergangslösung


Großbritanniens Premierministerin May und EU-Kommissionspräsident Juncker sitzen nebeneinander bei einer gemeinsamen Pressekonferenz

Kurz vor der Abstimmung im britischen Unterhaus hat sich Premierministerin May mit der EU auf eine Ergänzung des Brexit-Abkommens geeinigt. Für den "Backstop" als Übergangslösung soll bis Ende 2020 ein Ersatz gefunden werden.

"So bekomme Großbritannien die Zusage, nicht auf unbestimmte Zeit an die sogenannte Backstop-Regelung gebunden zu sein, die eine harte Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem zum Vereinigten Königreich gehörenden Nordirland verhindern soll."

Das Vereinte Königreich kann also den Backstop einseitig aufkündigen, solange durch eigenen Maßnahmen das Karfreitagsabkommen weiter Gültigkeit hat! Das lustige daran ist, dass der Backstop überhaupt nur notwendig ist, weil das GFA weiter Gültigkeit behalten soll.

Andere Worte, aber daselbe Ding. Das soll der große Erfolg Theresa Mays sein, der die ERG und andere Hardliner der Tories zur Zustimmung bewegen soll? - Naja, bei dem Kasperltheater auf der Insel ist mittlerweile alles möglich.

Politik ist immer ein Kompromiß, aber glaubwürdiger macht dies die EU ganz sicher nicht. Die rote Linie ziehen scheint ein Sport für Machtlose zu sein. May hat gezockt und scheinbar gewonnen. Sie wusste das ungeregelter Brexit auch für die EU eine Menge Bauchschmerzen bedeutet.

»Alles könnte anders sein: Eine Gesellschaftsutopie für freie Menschen« von Harald Welzer



Alles könnte anders sein

Der Soziologe Harald Welzer sagt, daß wir in einer Welt leben, in der es den Menschen noch wie so gut geht in den Zeiten des Friedens und in der noch nie soviel Wohlstand geherrscht hat. Daher müsse es aber auch möglich sein, diese Gesellschaft weiterzuentwickeln. Die vielbeschworene »Alternativlosigkeit« ist in Wahrheit nur Phantasielosigkeit und ein Mangel an Mut, politisch Dinge zu verändern. Alles kann tatsächlich anders sein. Man braucht nur eine Vorstellung davon, wie es sein sollte. Und man muss es machen.

Eine bessere Gesellschaft ist keine soziale Utopie und so entwirft der Soziologe und erprobte Zukunftsarchitekt Harald Welzer eine gute, eine mögliche Zukunft und eine Gesellschaftsutopie für freie Menschen. Anstatt nur zu kritisieren oder zu lamentieren, macht er sich Gedanken, wie eine gute Zukunft aussehen könnte: In realistischen Szenarien skizziert er konkrete Zukunftsbilder u.a. in den Bereichen Arbeit, Mobilität, Digitalisierung, Leben in der Stadt, Wirtschaften, Umgang mit Migration usw.

Erfrischend und Mut machend zeigt Welzer: Die vielbeschworene »Alternativlosigkeit« ist in Wahrheit nur Phantasielosigkeit. Wir haben auch schon viel erreicht, auf das man aufbauen kann. Es ist nur vergessen worden beziehungsweise von andere Prioritäten verdrängt. Es kann tatsächlich alles anders sein. Man braucht nur eine Vorstellung davon, wie es sein sollte. Und man muss es machen. Die Belohnung: eine lebenswerte Zukunft, auf die wir uns freuen können.

In drei großen Kapiteln ("Wiedergutmachen", "Alles könnte anders sein" und "Der neue Realismus") nimmt uns Harald Welzer mit in unsere Gesellschaft. In die wunderbare Welt der Gewaltenteilung, des Gemeinwohls, der Liebe und der Freundlichkeit und des Sinns.

Er sieht Sinn in der Tätigkeit von Stadtreinigern, Verkäuferinnen, in schlecht bezahlten Dienstleistungen und weniger Sinn in der Arbeit von Beratern, PR-Leuten, Lobbyisten - die selbst von der Erkenntnis geplagt werden, dass sie zwar gute Gehälter bekommen und zugleich das betrübliche Gefühl erfahren, eigentlich nichts dazu beizutragen, was die Welt besser macht. Hartmut Rosa nennt das "fehlende Resonanz" und Harald Welzer einen "Mangel an Selbstwirksamkeitsgefühl".

Ein atemberaubendes einzigartiges Buch, mit dem Welzer den Untergangspropheten die Uhr wegnimmt, die seit vierzig Jahren eh auf "5 vor 12" stehengeblieben ist und das Motto wählt: "Wenn es einfach wäre, könnten es ja auch die anderen machen" und geht einfach mal davon aus, "dass man das meiste wiedergutmachen kann, was aus Gedankenlosigkeit, Ignoranz, falscher Prioritätensetzung oder einfach Unwissen angerichtet wurde." Und weiter: "Es bleibt uns übrigens auch gar nichts anderes übrig. So einfach ist das. Für die Lamentierökos kann man Nölreservate einrichten. Da kann man hingehen, wenn man zu viel gute Laune beim Aufräumen bekommen hat und mal wieder schlecht draufsein möchte. Und zum Schluß: "Die fetten Jahre sind vorbei' kann als frohe Botschaft verstanden werden."

Der Autor beschreibt offen und ehrlich unsere auf ständigen Wachstum ausgelegte Gesellschaftsordnung
und weißt an vielen Stellen darauf hin, warum es so nicht weitergehen kann.

Was Harald Welzer ebenso macht; er beschreibt warum wir Menschen in dieser Ordnung mitlaufen und
stark im meckern sind, aber im allgemeinen nicht bereit sind neue Wege zu gehen.

Einige bekannte Wirtschaftsleute benennt Welzer freimütig mit Namen und kommt zu der Feststellung:
"Mit den heutigen Typen kann man praktisch nichts Zukunftsfähiges anfangen."

Den auf ewigen Wachstum ausgerichteten Kapitalismus bringt Welzer mühelos in Zusammenhang mit
dem Zustand unserer Erde. Schwer ist das nicht, viele Leser werden dem Autor zustimmen, aber was ist
zu tun?

Harald Welzer benennt klipp und klar Schritte für eine Revolution, die diese Schiene des ewig wachsenden
Kapitalismus verlässt. Dazu braucht es Menschen die mit neuen Entwürfen und Ideen in die Zukunft
schauen. Vor allem sollen sie nicht nur schauen, sondern real ins Geschehen eingreifen.

Literatur:

Alles könnte anders sein: Eine Gesellschaftsutopie für freie Menschen
Alles könnte anders sein: Eine Gesellschaftsutopie für freie Menschen
von Harald Welzer

Mittwoch, 13. März 2019

Ergänzung des Brexit-Deals


Die britische Regierung, der Kurzsichtigkeit ihres Chauvinismus ansichtig und drohend ins Auge blickend - hat nach eigenen Angaben mit der EU "rechtlich bindende Änderungen" des Brexit-Abkommens ausgehandelt. Diese scheint ja nun dringend notwendig geworden zu sein.

Dabei gehe es um den größten Streitpunkt, den sogenannten "Backstop" zur künftigen Regelung an der Grenze zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland, teilte Vize-Regierungschef David Lidington am Abend im Parlament in London mit.

Premierminister Theresa May habe bei ihren Gesprächen mit EU-Vertretern Änderungen erreicht, die das Austrittsabkommen sowie die politische Erklärung "stärken und verbessern".

Dann kann der Brexit ja doch noch rechtzeitig vollzogen werden und die EU hat mit den Austritt von GB einen Nettozahler weniger, ist aber auch einen "unbequemen Partner" los. Sollen die Briten doch sehen, wie sie in Zukunft dadurch besser gestellt sind oder auch nicht. Das wird erst in ein paar Jahren zu spüren sein.

Jetzt müssen wir sehen ob das britische Unterhaus den Vorschlag abgenickt. EU-Kommissionspräsident Junker sagte: "Eine dritte Abänderung wird es nicht geben". Wenn das Unterhaus diesen Vorschlag ablehnt. Kommt dann der harte Brexit? Jetzt liegt der Ball in Westminster Palace London.

Rote Linie ziehen, scheint ein Sport für Machtlose zu sein. May hat gezockt und scheinbar gewonnen, doch der Chauvinisus lohnt sich nicht. Sie wusste, daß ein "ungeregelter Brexit" auch für die EU eine Menge Bauchschmerzen bedeutet. Genausogut kann man natürlich auch das Parlament abstimmen lassen, bis das gewünschte Ergebnis erzielt worden ist.