Mittwoch, 3. November 2010

Chodorkowski vor Gericht

Michail Chodorkowski stand am 2. November 2010 vor einem Moskauer Gericht. Chodorkowski ist kein brillanter Romancier, kein mitreißender Revolutionär, kein Rhetoriker von Gnaden. Er ist eher der Ruhige, der Nachdenkliche.

Und doch erinnert das Schlusswort, das er während dieses kalten Novembertags 2010 im Gitterkäfig des Moskauer Gerichtssaals hält, an zwei andere berühmte historische Reden, die alle politisch interessierten Menschen bis heute aufwühlen.

An Plädoyers, die nicht nur die Justiz eines Landes erschüttert haben, sondern auch die Menschen aufgewühlt haben. Es sind die flammenden Plädoyers von Emile Zola und Fidel Castro.

Emile Zola hatte am 13. Januar 1898 in seinem auf Seite eins der Zeitung "L'Aurore" am 13. Januar 1898 veröffentlichten Brandbrief an Félix Faure, den Präsidenten der Republik, seine Wut herausgeschleudert, in Worten, die wie Blitze einschlugen, in einer einzigen Anklage: "J'accuse!".

Ein halbes Jahrhundert später, am 16. Oktober 1953, stand Fidel Castro vor Gericht und hielt seine Brandrede. Der Revolutionär stand vor Gericht, weil er und seine Männer eine der symbolischen Hochburgen der Batista-Diktatur, die Moncada-Kaserne in Santiago de Cuba, überfallen hatten.

"Es ist zu einem Rollentausch gekommen im Laufe der Verhandlungen", ruft Castro, der sich selbst verteidigt, vor Gericht triumphierend aus. "Die Ankläger wurden zu Angeklagten und die Angeklagten zu Klägern."

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