Donnerstag, 2. September 2010

Thilo Sarrazin schafft sich selbst ab

Bundesbankvorstand Sarrazin

Thilo Sarrazin ist ein Mann, der gerne verbale Brandsätze unter das Volk wirft, in der irrigen Annahme, seine Brandsätze würden überall dort zünden, wo er sie gerade hingeworfen hat. Sarazin, ehemaliger Finanzsenator von Berlin, ist nicht nur ein geistiger Brandstifter, der seine Meinung offen wie ein Brandbeschleuniger benutzt.

Deutschland schafft sich ab: Wie wir unser Land aufs Spiel setzen

Mit seinen kontoversen Thesen zur Einwanderung sowie seiner irren biologistischen Argumentation, die er vor der Veröffentlichung seines neuen Buches »Deutschland schafft sich ab« zur Auflagensteigerung PR-technisch geschickt unter das Volk gebracht hat, diskreditiert sich das Bundesbankvorstandsmitglied Thilo Sarrazin zunehmend selbst - er stellt sich durch seine vertretene kontroverse Meinung zunehmend ins gesellschaftliche Abseits.

Seine Thesen sind verbale Brandsätze und zuweilen offen rassistisch. Bevorzugte Opfer sind wieder einmal die muslimischen Einwanderer, die er als nicht integrationswillig und geistig minderbemittelt ansieht - was er auf genetische Vererbung zurückführt. Diese Gruppe verursacht dem Staat nur unnötige Kosten, ohne dabei einen produktiven Beitrag für die Gesellschaft zu leisten.

Sarrazin grenzt verbal nicht nur die Muslime, sondern ganze Gruppen aus, macht sie verächtlich und benutzt als gedankliche Rechtfertigung hierfür auch noch abstruse Erbmaterialtheorien. Der ehemalige Finanzsenator von Berlin verrennt sich in einer überflüssigen Debatte, zu deren Lösung er durch seinen Populismus nichts beitragen wird und nichts betragen kann. Denn Thilo Sarrazin ist ein Provokateur ohne Agenda.

So ein Poltergeist und verbaler Provokateur, der mit der Ausländerangst spielt, ist eigentlich weder für eine Partei noch in einer Führungsposition länger tragbar, wie sie Sarrazin bekleidet. Die SPD plant daher nun ein Parteiausschlussverfahren gegen den meinungsfreudigen Bundesbankvorstand. Bundesbankpräsident Axel Weber hat jetzt beschlossen, dass Thilo Sarrazin abberufen werden soll.

Man könnte nun meinen: Thilo Sarrazin schafft sich selbst ab - analog zum Titel seines Buches.

Tagesschau-Beitrag:

Bundespräsident Wulff soll Sarrazin abberufen

Focus-Beitrag:

Die markanten Sprüche des Thilo Sarrazin
 
Sarrazins Vita - Der späte Provokateur

Sonntag, 29. August 2010

Christoph Schlingensief als leidenschaftlicher Provokateur

Christoph Schlingensief ist tot

Christoph Schlingensief war ein bedeutender deutscher Film-, Theater- und Opernregisseur, (Hörspiel)-Autor, Aktionskünstler. Er galt als einer der innovativsten, wichtigsten und umstrittensten Vertreter des deutschsprachigen Kulturbetriebs. Schlingensief hat wie nur wenige die deutschsprachige Film- und Theaterwelt beeinflusst. Dieser Kulturbetrieb ist nun um einen grossen Kulturschaffenden ärmer geworden.

Kunst und Spektakel, Provokation und ernsthafte Kritik gehörten bei Christoph Schlingensiefs Arbeiten immer zusammen. Er lebte für die Kunst und provozierte leidenschaftlich gern. Er war ein begnadeter Provokateur, der Provokation als künstlerische Ausdrucksform und immer auch als mediale Inszenierung verstand. Schlingensief verstand seine Prokationen immer auch als mediale Inszenierung.

Als Aktionskünstler führte der rastlose Theatermann immer wieder spektakuläre Aktionen, wie z. B. seine Theater-Performance im Bundestagswahlkampf 1998 und die Gründung der Partei »Chance 2000«, durch. Seine provokanten Aktionen können dabei als Versuch gesehen werden, die Grenze zwischen Kunst und Politik zu verwischen. Er versuchte, mit seinen Aktionen der Politik eine künstlerischen Note zu verleihen.


Neben der Film- und Bühnenarbeit sorgte Schlingensief mit politischen Aktionen, die auf mediale Wirkung zielte, für Schlagzeilen. Schlingensief verstand, dass seine Aktionen noch viel mehr Wirkung entfalteten, wenn er, die Grenzen von Bühne und Filmleinwand ignorierend, das Feld der politischen Inszenierung betrat. Mit spektakulären Aktionen und Hang zum Klamauk versuchte er, die Grenzen zwischen Politik und Kunst zu verwischen.

Legendärer medialer Höhepunkt war die Einladung an alle vier Millionen deutschen Arbeitslose, gleichzeitig im Wolfgangsee zu baden, ihn zum Überlaufen zu bringen und dadurch das Urlaubsdomizil von Helmut Kohl zu fluten. Das Unternehmen misslang - es ging buchstäblich baden - aber Schlingensief sorgte mit dieser witzigen politischen Aktion wieder einmal für reichlich Furore.

Der am Wolfgangsee zu bebadende Helmut Kohl wurde danach jedenfalls kein Bundeskanzler mehr.

Tagesschau-Portrait

Christoph Schlingensiefs Portrait

Tod eines liebenswerten Provokateurs - Morgenpost

Donnerstag, 26. August 2010

CDU vor dem GAU

Angela Merkel Atomsteuer

Ein GAU ist allgemein bekannt als der größte anzunehmender Unfall eines atomar betriebenen Kernkraftwerkes, der schlimmste eintretende Störfall, für den eine solche atomare Anlage noch ausgelegt wurde. Einen GAU als Unfall können aber nicht nur Kernkraftwerke erleiden, sondern auch andere risikobehaftete Technologien. Der GAU entsteht allgemein immer dann, wenn ein Prozess aus dem Ruder läuft und er ist als solcher nicht an ein konkretes Objekt gebunden. Der GAU ist der Endpunkt eines fehlerhaft verlaufenden Prozesses mit dramatischen Folgen für die Verursacher und die Allgemeinheit.

Ein GAU kann auch auf politischer Ebene entstehen, wenn eine Partei und ihre Vertreter keine klaren Ziele, sondern unterschiedliche Ziele verfolgen und durch widersprüchliche Ziele und innere Konflikte schon seit Monaten verheddert hat. Einen solche GAU erlebt zur Zeit die CDU in ihrer Atompolitik. Ende September will die CDU das neue Energiekonzept der Koalition vorlegen, aber egal, was dann als Energiekonzept der Koalition präsentiert wird, die CDU wird wie eine Verliererin aussehen, denn in ihrer Atompolitik ist der schlimmste eintretende Störfall bereits jetzt aufgetreten.

Atompolitik lässt sich nicht mit einer Wischi-Waschi-Politik wie in den übrigen Feldern der Politik betreiben, sondern nur mit klaren energiepolitischen Vorstellungen und Konzepten. An einer klaren Linie mangelt es bei der CDU bis heute. Das Dilemma ist nun, dass nicht nur keine klaren Vorstellungen gibt, sondern dass unterschiedliche Meinungen von ganz unterschiedichen Personen in der CDU zu diesem Thema vertreten werden. Die CDU, die es nicht geschafft hat, den schwelenden Konflikt ohne gegenseitige Verletzungen zu lösen, steht in der Frage der Atompolitik nun vor dem
selbstschuldeten GAU.

In der Vergangenheit ist es der CDU-Vorsitzenden Merkel mehrfach gelungen, ihre Partei durch zurückhaltende Moderation leise und ziemlich konfliktfrei auf modernere Wege zu führen. Der Konflikt um die Atomkraft dagegen ist ihr aus dem Ruder gelaufen.

Tagesschau-Artikel:

Röttgen und Brüderle streiten weiter über Atom-Zahlungen

Vierte Station der "Energiereise": Merkel besucht AKW Lingen
Atomkonzerne sollen zahlen - aber wie und wieviel?
(23.08.2010)

PR-Experte Kocks: "Konzerne zetteln ideologischen Bürgerkrieg an"
VideoMerkel fordert zusätzliche Beiträge der Atomwirtschaft >[C. Hamann, NDR]