Montag, 28. Februar 2011

Minister Guttenberg erklärt seinen Rücktritt

Guttenberg Rücktritt


Knapp zwei Wochen nach Beginn der Plagiatsaffäre hat Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) seinen Rücktritt von allen politischen Ämtern bekanntgegeben. Er wolle damit "politischen Schaden" abwenden, sagte Guttenberg in Berlin. Vor Journalisten im Verteidigungsministerium sprach er von dem "schmerzlichsten Schritt" seines Lebens.

Er ziehe die Konsequenz, die er auch von anderen verlangt habe. Er stehe zu seinen Schwächen und Fehlern. Er werde sich an der Aufklärung der Vorwürfe gegen ihn im Zusammenhang mit seiner Doktorarbeit beteiligen, kündigte der 39-Jährige an.

Er könne es nicht mehr verantworten, dass die Plagiatsaffäre auf dem Rücken der Bundeswehrsoldaten ausgetragen werde, sagte Guttenberg. Dass er nicht schon früher zurücktrat, begründete er damit, dass er zuerst die getöteten Soldaten in Würde habe zu Grabe tragen wollen. Das sei eine Frage des Anstands. Er machte auch deutlich, dass er sich mit seinem Rücktritt schwer getan habe. Man gebe nicht leicht ein Amt auf, "an dem das Herzblut hängt".

Er kritisierte eine "enorme Wucht der medialen Betrachtung" seiner Person. Der Tod und die Verwundung von Soldaten rückten in den Hintergrund. Dies sei eine "dramatische Verschiebung", sagte Guttenberg. Für das fordernde Amt des Verteidigungsministers brauche man ungeteilte Konzentration und fehlerfreie Arbeit. Er habe die größte Reform in der Geschichte der Bundeswehr angestoßen, betonte Guttenberg.

Es sei ihm nicht mehr möglich, den in ihn "gesetzten Erwartungen gerecht zu werden", sagte der Minister weiter. Er sei immer bereit gewesen, zu kämpfen. "Ich habe aber nun die Grenzen meiner Kräfte erreicht."




Guttenberg Biografie



Guttenberg Biografie,
von Eckart Lohse, Mark Wehner


Droemer Verlag,
1. März 2011
Gebundene Ausgabe,
416 Seiten, 19,99 EUR.
ISBN-13: 978-3426275542



Weblinks:

Guttenberg ist zurückgetreten… - Blog zum Rücktritt von Ex-Verteidigungsminister zu Guttenberg - guttenberg-ruecktritt.de Titel weg, Amt weg - Dossier zur Plagiatsaffäre - www.tagesschau.de Narziss und Volksmund - Guttenbergs Abgang - www.spiegel.de SPIEGEL ONLINE

Kein Rührstück in Sachen politischer Moral

Karl-Theodor von Guttenberg


Die »Plagiats-Affäre« um Karl-Theodor von Guttenberg ist kein Rührstück in Sachen politischer Moral. »Erst kommt das Herrschen, dann die Moral« - fühlt nach sich nahezu unweigerlich an ein Brecht-Zitate erinnert. Sie beweist im Grunde nur, wie abgehoben die politische Klasse mittlerweile ist.

Das politische Schicksal von Verteidigungsminister hängt an einem seidenen Faden. Der entdoktorte Freiherr, der nach seiner Titelrückgabe keinerlei Berufsausbildung mehr nachweisen kann, konnte lediglich durch einige gerissene Winkel- und Schachzüge dem Rauswurf durch seine Dienstherrin entkommen.

Erst kommt das Herrschen, dann die Moral.


Guttenberg hat Teile seiner Doktorarbeit ohne Quellenangaben abgeschrieben. Daraufhin entzog ihm die Universität Bayreuth den akademischen Grad. Bisher hat der Minister alle Vorwürfe zurückgewiesen, mit Absicht betrogen zu haben. Merkel hatte unter anderem erklärt, sie sehe in Guttenberg nicht den Doktoranden, sondern den Verteidigungsminister.

Kanzlerin Angela Merkel aber hat mit ihrem ärgerlichen Kommentar: "Ich habe ihn nicht als Wissenschaftler eingestellt." sehr deutlich gezeigt, worauf es ihr hinsichtlich der deutschen Regierungsform "Demokratie" ankommt. Das ihr wirklich wichtige und bestimmende Merkmal einer Demokratie scheint zu sein, dass sich ein Volk gefälligst willig regieren zu lassen hat - und wenn die Herrschenden jemanden zu sich heraufziehen, entziehen sie ihn gleichzeitig allen Ansprüchen, die sie jedoch tatsächlich an das Volk richten.

Nicht erst der Bundestag hätte eine zwingende Notwendigkeit darin erkennen müssen, den Absichtsvorwurf gegen Guttenberg staatsanwaltlich und sachlich durch die Universität (als Gutachter) prüfen zu lassen. Es kann nämlich nicht sein, dass enttarnte Lügner, Betrüger, Rosstäuscher und erkannte Nichtskönner Bundesminister bleiben.




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1. März 2011
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ISBN-13: 978-3426275542

Weblinks:

Rückendeckung, Kritik und ein offener Brief - Diskussion zu Guttenberg-Plagiatsvorwürfen geht weiter - www.tagesschau.de

Der Pöbel vs. Baron Guttenberg @ Harald Schmidt (ARD) - www.youtube.de

Raubkopierer Guttenberg @ ZDF Heute Show - www.zdf.de

Ein BILD von einem Mann - Wie man sich die Gunst der Bild-Zeitung erkauft - www.taz.de

Vom Lügner zum Märtyrer? - www.sueddeutsche.de

SPIEGEL ONLINE

Samstag, 26. Februar 2011

Die Wahrheit ist die ungeschickte Tochter der Tugend

Auf den ersten Blick, ist es schöner, die Wahrheit zu verkünden als die Unwahrheit. Nicht immer lässt sie sich jedoch als durchgehendes Prinzip unrechterhalten, denn sie täuscht über etwas hinweg oder erscheint von vornherein als unzweckmäßig.

Im Lichte der Öffentlichkeit ist die Wahrheit oft unpassend und verstellt die Freude an liebgewonnen Zuständen oder Menschen. Es geht dann um Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn und diee Wahrheit erscheint dann als die ungezogene Tochter der Tugend.

Im Fall Guttenberg ist eher die Wahrheit geeignet, Unfrieden im Land zu stiften und nicht die Lüge. - "Gegen feindliche Wahrheiten sind die Menschen sogar feindlich gestimmt", schrieb der Moralphilosoph Friedrich Nietzsche 1872 in seinem Aufsatz »Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn«.

"Jener mit dem Erkennen und Empfinden verbundene Hochmut, verblendende Nebel über die Augen und Sinne der Menschen legend, täuscht sich also über den Wert des Daseins, dadurch, dass er über das Erkennen selbst die schmeichelhafteste Wertschätzung in sich trägt. Seine allgemeinste Wirkung ist Täuschung - aber auch die einzelsten Wirkungen tragen etwas von gleichem Charakter an sich."


Der Intellekt entfaltet seine Hauptkräfte in der Verstellung.
In seiner Streitschrift im außermoralischen Sinn heisst es weiter: "Der Intellekt als Mittel zur Erhaltung des Individuums", schreibt Nietzsche, "entfaltet seine Hauptkräfte in der Verstellung; denn diese ist das Mittel, durch das die schwächeren, weniger robusten Individuen sich erhalten, als welchen einen Kampf um die Existenz mit Hörnern oder scharfem Raubtier-Gebiß zu führen versagt ist."

Jenen Schwächeren, die über kein Raubtiergebiss verfügen, steht im "Kampf um die Existenz" die Sprache zur Verfügung, um sie als Kunstmittel der Verstellung ins Gefecht zu führen.

"Im Menschen kommt diese Verstellungskunst auf ihren Gipfel: hier ist die Täuschung, das Schmeicheln, Lügen und Trügen, das Hinter-dem-Rücken-Reden, das Repräsentieren, das im erborgten Glanze leben, das Maskiertsein, die verhüllende Konvention, das Bühnenspiel vor anderen und vor sich selbst, kurz das fortwährende Herumflattern um die eine Flamme Eitelkeit so sehr die Regel und das Gesetz, dass fast nichts unbegreiflicher ist, als wie unter den Menschen ein ehrlicher und reiner Trieb zur Wahrheit aufkommen konnte."

Weblink:

»Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn« - Friedrich Nietzsche - www.textlog.de