Sonntag, 10. August 2014

Der Mythos vom gutgehenden Deutschen, der nicht jammern darf

"Während die halbe Welt voller Erwartung nach Europa schaut, blüht hierzulande eine bedrohliche Geschichts- und Selbstvergessenheit. Inmitten von Zuständen, die im weltgeschichtlichen Vergleich paradiesisch zu nennen sind, wächst eine Ignoranz heran, deren Schwester der Wahnsinn ist."


Reinhard Mohr, Linke Heuchler, FAZ vom 4.8.2014


Verstärkt ist aus Kreisen konservativer und wirtschaftsliberaler Kreise als Replik auf klagende Bürger ein neues Narrativ entstanden, das jegliche Kritik am bestehenden Wirtschaftsmodell und dem status quo unserer Republik von vornherein im Keim ersticken möchte, ich nenne dieses Narrativ bewusst schief den "Mythos vom gutgehenden Deutschen".

Der "gutgehende Deutsche" ist ein Modellbürger, der das Glück hat, mitten in Europa in paradiesähnlichen Zuständen (siehe Eingangszitat) zu leben. Und weil dieser Modelldeutsche schon im Paradies lebt, hat er auch gefälligst den verwöhnten Mund zu halten und sich nicht zu den Zuständen zu äußern.

Wem es gesamtwirtschaftlich so gut geht, der kann doch unmöglich noch klagen wollen. Der Parameter "allgemeiner Wohlstand" ist in abstracto erfüllt, die drop-outs an den Rändern interessieren nicht (und sind nach konservativer Lesart ohnehin nur faule Säcke) und von den Grünen und NGO's und all dem Gedöns ist man ohnehin gewohnt, dass das Meckern und Zetern ihnen zum Habitus geworden ist, also kurz: es steht alles zum Besten mit Deutschland (während die Welt umher brennt).

Man kann dieser Geisteshaltung übrigens auch den etwas holprigen, aber zutreffenden Begriff "Merkelismus" verpassen. Die Kanzlerin ist exakte Inkorporation dieses Denkens.
Weblink:

Loblieder der Herrlichkeit aus dem Jammertal oder: der Mythos vom gutgehenden Deutschen, der nicht jammern darf - Raumgewinner-Blog - raumgewinner.blog.de

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.