Freitag, 28. Januar 2011

Die Interessenvertretung der Ilse Aigner

Ilse Aigner ist Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - eigentlich ist dies des Guten schon zuviel. In dieser vielfältigen Bündelung verschiedenartiger Interessen zeigt sich, dass sie eine Ministerin vollkommen gegensätzlicher Interessen ist. Ein Skandal hat nun zu Tage gefördert, dass diese Interessen kaum miteinander vereinbar sind.

Ilse Aigner ist auch die Schutzpatronin der Landwirte. Im jüngsten Skandal wurde deutlich, welche Interessen sie vorrangig vertritt: die der Agrar-Wirtschaft. Den Dioxin-Skandal hat sie gemanagt, als seien ihr die Verbraucher, die sie auch zu vertreten hat, völlig egal.

Von Anfang an hat Ilse Aigner so getan, als ginge sie diese ganze Dioxin-Sache nichts an. Brav ließ die Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz auf die Zuständigkeit der Landesbehörden in Niedersachen und Schleswig-Holstein verweisen. Mehr Einmischung wollte sie ihren schwarz-gelben Ministerkollegen in Kiel und Hannover wohl nicht zumuten.

Sie will ja keinem weh tun. Auch den Bauern und Futtermittelherstellern offenbar nicht. Schwarze Schafe gibt es überall, lautete die Devise. Dass hinter jedem Futtermittelskandal auch System steckt, begriff sie wohl erst spät.

In der Öffentlichkeit steht sie da wie die Schülerin, die davon abzulenken versucht, dass sie ihre Hausaufgaben schlecht gemacht hat - indem sie mit dem Finger auf andere zeigt. Sie steht da wie eine Schülerin, die bei der Ausrede für die schlechten Hausaufgaben ertappt wurde: Der Dioxin-Skandal offenbart die wahre Interessenvertretung von Ministerin Ilse Aigner.

Mittwoch, 26. Januar 2011

Digitaler Heilsbringer und Leuchtturm der Aufklärung?


Er ist die Sphinx des digitalen Zeitalters: WikiLeaks-Schöpfer Julian Assange ist eine recht ambivalente Person. Den einen ist er Heilsbringer, den anderen Staatsfeind Nummer eins.

Wer ist dieser Julian Assange, der absolute Transparenz einfordert von Staaten und mit seiner Organisation das genaue Gegenteil darstellt? Der nun davon spricht, demnächst die skrupellosen Praktiken einer großen US-Bank offenzulegen, selbst aber niemanden in die Finanzen von Wikileaks blicken lässt?

Als Sohn einer alleinerziehenden Hippiemutter wird er zum Flüchtling einer zerrütteten Familiengeschichte, der sich in die Tiefen des digitalen Raumes zurückzieht. Assange ist der Getriebene, der weltweit Heimatlose, dessen Leben das Wesen des Internet zu spiegeln scheint. Seine Idee: Er will, dass Wikileaks wie eine Babyklappe funktioniert. Ein digitaler Drop-Off: Nutzer legen Dateien ab, anonym. Zurückverfolgen lässt sich die Quelle nicht.

Die Vehemenz, mit der die USA Assange jetzt kaltstellen wollen, ist für sie ein Anzeichen dafür, wie gefährlich ein Einzelner mit einer Idee einer Weltmacht werden kann. Assange bezeichnet Wikileaks als neuen "Leuchtturm der Aufklärung" - weil er darüber entscheidet, welche Bombe als nächstes platzt. Hat Julian Assange überhaupt das Recht, alles öffentlich zu machen? Julian Assange - digitaler Freiheitskämpfer oder Staatsfeind?

Weblinks:

WikiLeaks.org

Dienstag, 25. Januar 2011

Leben auf der Gorch Fock: "Wie in einem schlechtem Film"

Die Leichtmatrosin Sarah (Name geändert) hat keine guten Erinnerungen an ihre Zeit auf der “Gorch Fock“. Während ihrer Ausbildung verbrachte die Offizieranwärterin mehrere Wochen auf dem Segelschulschiff der Marine.

Sie war im vergangenen November an Bord, als eine Mitstreiterin beim Klettern in der Takelage aus 27 Metern Höhe auf das Deck prallte und starb. Das Schiff ist seitdem in Verruf gekommen. Zurecht, meint Sarah und berichtet von Drill, Schlafentzug und Schikane an Bord.



Die “Gorch Fock“ galt lange als Vorzeigeschiff der Marine. Die Bilder der herausgeputzten Kadetten machen was her. Auch die Matrosin Sarah war zum Start ihrer Ausbildung an Bord beeindruckt. “Solange das Ganze im Hafen stattfindet - mit Musikkorps und Ausgehuniform - ist das natürlich eine ganz große Sache“, erzählt sie, “die Familie steht am Ufer, winkt mit dem Taschentuch. Das hat wirklich etwas von Seefahrer-Romantik.“


Später, draußen auf der See, war ihre Begeisterung schnell verflogen.
Es ist Leben auf engstem Raum mit rauem Befehlston und straffer Hierarchie. Die Kadetten stehen ganz unten in der Hackordnung. Sie schlafen in Hängematten im Zwischendeck. “Privatsphäre gibt es nicht. Besonders als Frau hat man das Gefühl, sich aufgeben zu müssen“, sagt Sarah.

Deckschrubben mit der Zahnbürste und ständiges Gebrüll - all das sei kein Klischee, berichtet Maria, “da wird gebrüllt, da wird gedrillt, das ist systematisches Schleifen wie in einem schlechten Film.“
Und dazu ständige Übermüdung. Schlaf bekam Sarah an Bord kaum, auch die Kameraden nicht. Koffeintabletten machten die Runde - und Gerüchte, die junge Marinesoldatin, die auf einer Ausbildungsfahrt gestorben war, sei schlicht während der Wache eingeschlafen und deshalb von Bord gestürzt.

Weibliche Rekruten gibt es auf der “Gorch Fock“ kaum - meist nicht mal ein Dutzend unter rund 140 Kadetten. An “eindeutigen und übereindeutigen Angeboten“ habe es wahrlich nicht gemangelt, sagt Maria, “manche Frauen haben das auch als bedrängend empfunden.“ Das Schiff sei in Offizieranwärterkreisen als “größter schwimmender Puff Deutschlands“ verschrien.

Die Zustände an Bord der “Gorch Fock“ kommen nur allmählich ans Licht. Nach dem Tod der jungen Rekrutin im November regte sich Widerstand unter den Kadetten gegen die Schiffsführung, von “Meuterei“ war die Rede. Die Rekruten wurden allesamt nach Hause geschickt, der Schiffskommandant abgesetzt, und Ermittler sollen nun klären, was wirklich an Bord geschah. Die Zukunft des Seglers ist offen.