Die Leichtmatrosin Sarah (Name geändert) hat keine guten Erinnerungen
an ihre Zeit auf der “Gorch Fock“. Während ihrer Ausbildung verbrachte
die Offizieranwärterin mehrere Wochen auf dem Segelschulschiff der
Marine.
Sie war im vergangenen November an Bord, als eine Mitstreiterin beim
Klettern in der Takelage aus 27 Metern Höhe auf das Deck prallte und
starb. Das Schiff ist seitdem in Verruf gekommen. Zurecht, meint Sarah
und berichtet von Drill, Schlafentzug und Schikane an Bord.
Die “Gorch Fock“ galt lange als Vorzeigeschiff der Marine. Die
Bilder der herausgeputzten Kadetten machen was her. Auch die Matrosin
Sarah war zum Start ihrer Ausbildung an Bord beeindruckt. “Solange das Ganze im Hafen stattfindet - mit Musikkorps und Ausgehuniform - ist das natürlich eine ganz große Sache“, erzählt sie, “die Familie steht am Ufer, winkt mit dem Taschentuch. Das hat wirklich etwas von Seefahrer-Romantik.“
Später, draußen auf der See, war ihre Begeisterung schnell verflogen.
Es ist Leben auf engstem Raum mit rauem Befehlston und straffer
Hierarchie. Die Kadetten stehen ganz unten in der Hackordnung. Sie
schlafen in Hängematten im Zwischendeck. “Privatsphäre gibt es nicht. Besonders als Frau hat man das Gefühl, sich aufgeben zu müssen“, sagt Sarah.
Deckschrubben mit der Zahnbürste und ständiges Gebrüll - all das sei kein Klischee, berichtet Maria, “da wird gebrüllt, da wird gedrillt, das ist systematisches Schleifen wie in einem schlechten Film.“
Und dazu ständige Übermüdung. Schlaf bekam Sarah an Bord kaum, auch
die Kameraden nicht. Koffeintabletten machten die Runde - und Gerüchte,
die junge Marinesoldatin, die auf einer Ausbildungsfahrt gestorben war,
sei schlicht während der Wache eingeschlafen und deshalb von Bord
gestürzt.
Weibliche Rekruten gibt es auf der “Gorch Fock“ kaum - meist nicht
mal ein Dutzend unter rund 140 Kadetten. An “eindeutigen und
übereindeutigen Angeboten“ habe es wahrlich nicht gemangelt, sagt Maria,
“manche Frauen haben das auch als bedrängend empfunden.“ Das Schiff sei in Offizieranwärterkreisen als “größter schwimmender Puff Deutschlands“ verschrien.
Die Zustände an Bord der “Gorch Fock“ kommen nur allmählich ans
Licht. Nach dem Tod der jungen Rekrutin im November regte sich
Widerstand unter den Kadetten gegen die Schiffsführung, von “Meuterei“
war die Rede. Die Rekruten wurden allesamt nach Hause geschickt, der
Schiffskommandant abgesetzt, und Ermittler sollen nun klären, was
wirklich an Bord geschah. Die Zukunft des Seglers ist offen.
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Dienstag, 25. Januar 2011
Leben auf der Gorch Fock: "Wie in einem schlechtem Film"
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