Mittwoch, 20. August 2014

Türkei: Außenminister Davutoglu wird neuer Premier

Eine offizielle Bestätigung steht zwar noch aus und soll erst am Donnerstag erfolgen, aber die Spatzen pfeifen es schon von den Dächern: Außenminister Ahmet Davutoglu soll den ins Präsidentenamt wechselnden Recep Tayyip Erdogan als türkischer Premier und Chef der Regierungspartei AKP beerben. Bei öffentlichen Auftritten wird der 55-Jährige von AKP-Anhängern bereits mit "Willkommen, Herr Ministerpräsident" begrüßt. Der Politikprofessor aus dem zentralanatolischen Konya, der in seiner Schulzeit in Istanbul Deutsch lernte und es auch heute noch passabel spricht, wird mit dem Aufstieg für seine bedingungslose Loyalität zu Erdogan belohnt. Davutoglu ist ein langjähriger Weggefährte seines Mentors und gilt als dessen "Marionette". Mehrere Jahre hatte er als außenpolitischer Berater Erdogans gearbeitet, bevor er 2009 Außenminister wurde. Kommende Woche soll er nun seine neuen Ämter als Premier und Parteichef antreten. Davutoglus außenpolitische Vision passt gut zu Erdogans regionalpolitischen Ambitionen. Der designierte Ministerpräsident brach mit der bis dahin vorherrschenden Sicht der Türkei als passive Brücke zwischen Ost und West und ersetzte sie durch die Vision von der Türkei als aktives eigenständiges Machtzentrum. Die Devise lautet: Mit der Befriedung ihres Umfeldes durch eine "Null- Problem"- Politik mit allen Nachbarstaaten, einer starken Wirtschaft und der Beilegung ihrer inneren Probleme wie dem Kurdenkonflikt habe die Türkei das Potenzial, zum Schlüsselland einer wichtigen Weltgegend zu werden. Gegner sprechen von einer "neo- osmanischen" Politik Davutoglus, der an die Großmacht des Osmanenreiches anknüpfen wolle, und werfen ihm eine Abwendung vom Westen vor. Der Politologe Behlül Özkan, ein ehemaliger Student Davutoglus, beschrieb den designierten Ministerpräsidenten vor Kurzem in einem Interview als "Pan-Islamisten", der eine sunnitisch- muslimische, von der Türkei beherrschte Vormachtsphäre in Nahost, Zentralasien und dem Kaukasus anstrebe. Dazu sollen auch Albanien und Bosnien zählen. Daraus ist bisher allerdings nichts geworden: Die "Null-Problem"-Strategie gilt als gescheitert, seit die Türkei gleich mit mehreren Staaten der Region im Dauerclinch liegt: Irak, Syrien, Israel und Ägypten zählen zu den außenpolitischen Problemfeldern Ankaras. Krach gibt es auch mit Saudi- Arabien. Die Beziehungen zur EU und zu den USA sind ebenfalls gespannt. Davutoglu hinterlässt seinem Nachfolger - nach Pressemeldungen soll Geheimdienstchef Hakan Fidan neuer Außenminister werden - eine Menge Arbeit und jede Menge Baustellen. Als Parteichef und Ministerpräsident wird Davutoglu voraussichtlich die Hauptaufgabe haben, die AKP zusammenzuhalten und in der Regierung die Leitlinien von Präsident Erdogan umzusetzen. Zudem muss er sich sofort um die Vorbereitung des nächsten Wahlkampfs kümmern: Im Juni kommenden Jahres stehen in der Türkei Parlamentswahlen an. Zum ersten Mal seit ihrer Gründung im Jahr 2001 muss die AKP ohne ihr Zugpferd Erdogan an der Spitze um Stimmen werben. Davutoglu muss zeigen, dass er als Redner auf den Marktplätzen Anatoliens bestehen kann.

Donnerstag, 14. August 2014

Urteil im Mollath-Prozess: Mollath ist ein freier Mann

Gustl Mollath
Das Landgericht Regensburg hat den ehemaligen Psychiatriepatienten Mollath im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen. Für den Zeitraum seiner Unterbringung muss er entschädigt werden. Das ursprüngliche Urteil von 2006 ist damit aufgehoben. Das Landgericht Regensburg hat Gustl Mollath in vollem Umfang freigesprochen. Für den Zeitraum der zwangsweisen Unterbringung in der Psychiatrie ist er zu entschädigen. Es ist für Gustl Mollath kein Freispruch erster Klasse. Das Gericht ist zumindest in einem Fall davon überzeugt, daß er seine Frau getreten und geschlagen hat. Der Vorwurf, daß er seine Frau geschlagen, getreten und gebissen hat, bleibt als Makel an ihm haften. Das Gericht sah es zwar als erwiesen an, dass Mollath seine damalige Frau im Jahr 2001 schwer körperlich misshandelt hat. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass er zur Tatzeit aus psychischen Gründen schuldunfähig gewesen sei, begründete die Regensburger Kammer ihr Urteil. Deshalb sei der 57-Jährige nach dem Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" beim Vorwurf der Körperverletzung freizusprechen. Das Gericht sprach Mollath außerdem wegen der Anklagepunkte der Freiheitsberaubung und des Zerstechens dutzender Autoreifen frei. Hier sei es nicht möglich gewesen, einen Tatnachweis zu führen. Darüber hinaus entschieden die Richter, dass Mollath für seine mehr als sieben Jahre dauernde Unterbringung in der Psychiatrie eine Entschädigung zustehe. Die Kosten für das Wiederaufnahmeverfahren trägt die Staatskasse. Mollath selbst hatte sich heute einen Freispruch wegen erwiesener Unschuld erhofft. Die Staatsanwaltschaft aber sieht ihn der Körperverletzung und Sachbeschädigung überführt. Das Landgericht Regensburg ist davon überzeugt, dass Gustl Mollath seine Frau geschlagen hat. Doch, so der Richter: Der Nachweis fehlt. Eben so offen bleibt für das Gericht, ob Mollath damals schuldfähig war. Weblink: »Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste«
»Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste«
von Uwe Ritzer, Olaf Przybilla

Snowden: "NSA arbeitet an Cyberwar-Programm"

Der US-Militärgeheimdienst NSA soll an einem Cyberwar-Programm arbeiten, das ohne menschliches Zutun auf Angriffe reagieren kann. Das sagt jedenfalls der ehemalige NSA-Mitarbeiter Edward Snowden nach einem <a href="http://www.wired.com/2014/08/nsa-monstermind-cyberwarfare/" target="blank">Bericht</a> des US-Magazins "Wired" [<a href="http://www.wired.com/2014/08/nsa-monstermind-cyberwarfare/" target="blank">..</a>].

"Monsterminds" stehen hinter solchen verschiedenartigsten Waffenentwicklungen - seien es Computer-Programme als Waffen, Bakterien oder Viren als Waffen, Chemikalien als Waffen, Atomwaffen. "Monsterminds" sind es, die ihre vom Schöpfer geschenkte Lebenskraft in die Entwicklung von Waffen zur Zerstörung von Leben einsetzen.

Was dieser Artikel beschreibt, sind eher computergestützte konventionelle Kampftechniken. <i>"... das Programm namens Monstermind (Monstergehirn) könne eines Tages derart weiterentwickelt werden, dass es automatisch zurückschießt. Damit wäre das Risiko entstanden, das Software versehentlich einen Krieg hätte auslösen können"</i>, hieß es in dem Bericht weiter.

<!-- Das Monstermind-Programm ist zwar durchaus diskussionswürdig, aber mangelndes Verständnis für umgangsprachliches Englisch lässt den Journalisten mal wieder weit uebers Ziel hinaus"schiessen". Liesst man die englischen Originalberichte und -interviews, wird klar, dass hier niemand schiesst, auch das Programm nicht. -->Das entwickelte Programm löst lediglich automatisch elektronische Gegenmassnahmen aus, was zwar auch problematisch sein kann, aber wer hier gleich Visionen von unbeabsichtigten Atompilzen hatte, kann sich wieder beruhigen. <!-- Der Autor des "Wired"-Artikel versucht zwar auch, mit solchen Ängsten zu spielen, aber das, was Snowden ihm erzählt hat, bestätigt das nicht. -->Das alles ist im Grunde bereits seit Jahren bekannt. Jetzt wird es der Öffentlichkeit nur wieder als "neu" verkauft.

Weblink:

<a href="http://www.wired.com/2014/08/nsa-monstermind-cyberwarfare/" target="blank">Meet MonsterMind, the NSA Bot That Could Wage Cyberwar Autonomously</a> - www.wired.com/