Mittwoch, 26. Mai 2010

Der überraschende Rückzug des Roland Koch


Presseerklärung Koch


Der grosse Polarisierer geht von Bord! - Nach der verlorenen Landtagswahl in NRW, der Euro-Krise und den geplanten Einsparungen im Bundeshaushalt muss dem hessischen Ministerpräsidenten und stellvertretenden Vorsitzenden der CDU Roland Koch irgendwann gedämmert haben, dass er mit seiner Art Politik zu machen, Bundeskanzlerin Angela Merkel niemals überholen und politisch beerben wird und daher auch nicht mehr Bundeskanzler werden kann.

Roland Koch ist ein Politiker mit herausragender analytischer Begabung, der Fähigkeit der Zuspitzung von Themen sowie einigem rhetorischen Talent, welches er jedoch nicht immer seiner Begabung entsprechend politisch eingesetzt - sozusagen in politische Münze verwandelt hat. Seine Art, Dinge zuzuspitzen und zu polarisieren, haben ihm zwar Erfolge bei hessischen Landtagswahlen beschert, aber seinem unbestrittenen Talent im Grunde genommen immer im Wege gestanden. So wurde Koch zu einem stets umstrittenen Politiker mit einem Hang zu unpopulären Entscheidungen.

Koch hatte schon längst keine Lösungen für die drängenden Probleme der Zeit, aber mit seinen neuerlichen Sparvorschlägen hat der marktradiale Denker sich - auch bei seinen Parteifreunden im eigenen Lager - endgültig ins Aus geredet. Koch machte mal wieder mit unpopulären Sparvorschlägen von sich Reden, denn er wollte ausgerechnet bei der Bildung und Erziehung sparen, die Verursacher der Finanzkrise bei der Sanierung des Bundeshaushaltes aber nicht zur Kasse bitten. Wer wie Hessens Ministerpräsident Koch die Finanzindustrie schont, aber bei Schule und Bildung sparen will, treibt eine verantwortungslose Politik. Das dürfte Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht unwesentlich anders gesehen haben!

Es stellt sich im Zusammenhang mit Kochs überrraschenden und plötzlichen Rücktritt die Frage, ob er selbst darauf gekommen ist, dass es nicht mehr für höhere politische Weihen reicht, denn seine neoliberalen Vorstellungen von Politik wirken in Zeiten der Krise einfach nicht mehr zeitgemäß. Weil eine Mehrheit bei Wahlen im bürgerlichen Lager weder mit neoliberaler Wirtschaftspolitik - welche die Gesellschaft immer tiefer spaltet, noch durch thematische Polarisierung erreicht werden kann - kann auch ein Politiker vom Schlage Roland Kochs wahrlich kein Kanzler mehr werden.

In diesen schwierigen Zeiten wirken Polariserer nur noch abgehoben und weltfremd. Roland Kochs neoliberale Vorstellungen von Politik und seine Rezepte sind in dieser Zeit der Krise auch nicht mehr durchsetzungsfähig. - So gesehen ist Roland Kochs überraschender Rückzug aus der Politik - begründet auf kluger tieferer Einsicht - nur logisch und konsequent, denn ein Politiker begleitet ein Amt immer nur auf Zeit - und wer nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist, sollte besser gehen und noch mal einen neuen Lebensabschnitt beginnen.

"Politik ist nicht mein Leben."



Lesen Sie zu dem Rücktritt von Roland Koch auch folgende Beiträge

Rücktritt von Roland Koch

Koch will alle politischen Ämter niederlegen

VideoGerd Langguth zur Nachfolgeentscheidung
Die Erklärung Kochs im Wortlaut


Weitere Blog-Beiträge finden Sie unter:

Koch in der Bundeskantine gibt alle Löffel ab
Best Of-Kabarett zum Rücktritt von Roland Koch

Freitag, 21. Mai 2010

Der Lotse geht von Bord

Mit dem Rücktritt von Oskar Lafontaine, einem mit nicht geringem Selbstbewusstsein ausgestatteten Politiker, geht eine Ära zuende. Oskar Lafontaine, die charismatische (Rot-)Lichtgestalt der Partei der Linken geht von der Bühne und man konnte es ihm förmlich ansehen: er hat sich seine Entscheidung nicht leicht gemacht. Die Partei der Linken weiss, was sie Lafontaine zu verdanken hat und auch Lafontaine weiss genau, was dieser der Partei zu verdanken hat. Auf dem Parteitag bewies er wieder einmal, dass er eine Partei mitreißen und in seinen Bann ziehen kann.

Abschied als Parteichef: Oskar Lafontaine wird künftig nur noch Fraktionschef der saarländischen Linkspartei sein. (Foto: dpa)

Lafontaine kommt der Parteitag als Zeitpunkt des Abschieds gerade recht, um den Abgang eines Wortgewaltigen zu zelebrieren: er spricht mit Leidenschaft und wie ein Besessener, er fegt als rhetorischer Wirbelwind durch den Parteitag. Lafontaine ist sich dabei sehr bewusst, wie viel die Partei ihm verdankt. Der Erfolg im Westen ist vor allem dem Saarländer zu danken. Seine Nachfolger treten dagegen ein schweres Erbe an, denn der Lotse geht zu einem Zeitpunkt von Bord, an dem die Linkspartei auf der Suche nach klaren programmatischen Zielsetzungen ist, die Flügel streiten und Einigkeit ist kaum in Sicht.

Da kommt es gut, den Genossen zum Abschied noch einmal eine mitreißende Rede zu halten. Oskar Lafontaine ist nicht für ein zu geringes Selbstbewusstsein bekannt. Wie immer reich und treffgenau in seinen Pointen, nimmt er seine Parlamentskollegen noch einmal aufs Korn.


Am besten sei es doch, wenn sich die anderen Parteien ein Beispiel an den Spitzensportlern nähmen, die würden ja auch mit dem Namen ihrer Sponsoren auf dem Trikot auflaufen. „Man stelle sich vor: Westerwelle mit Mövenpick-Trikot“, ruft Lafontaine und das Publikum jauchzt.
Linke-Parteichef Oskar Lafontaine

Lafontaine hat den Zeitpunkt seines Abschiedes günstig gewählt. Er kann sich in diesen Tagen bestätigt fühlen, denn es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Vieles, von dem, was er seit Jahren predigt, nun auf der Agenda auch der anderen Parteien steht: Finanzmarktregulierung und Transaktionssteuer eben. „Wir sind die einzigen, die die modernen Antworten auf die Finanzkrise haben.“

Sein elegischer Satz in seiner Abschiedsrede „Die Demokratie ist erledigt“ stimmt schon nachdenklich: nämlich, dass laut Lafontaine die Regierungen nur noch Marionetten der Wirtschaft seien. Spricht hier offen jemand aus, was andere ohnehin längst ahnen?

Weblinks:

Neuanfang ohne Lafontaine
 
Oskar Lafontaine, einer der besten Politiker ...

Mittwoch, 19. Mai 2010

Kanzlerin in der Krise

Angela Merkel ist dafür bekannt, sich nicht verbindlich festzulegen. Das ist für eine Kanzlerin ganz praktisch. So kann sie bei Bedarf ganz unverbindlich ihre Meinung ändern oder auch anpassen. Die Bundeskanzlerin umweht jedoch stets eine »Politik der Unverbindlichkeit«.

Ist die Kanzlerin der Krise mit ihrer »Wendehals-Taktik« auch eine Krisen-Kanzlerin? -
Wie erklärt man der Welt, dass man gerade umgefallen ist, eingeknickt, weil man Entwicklungen verpasst oder schlicht nicht mitbekommen hat?

Die große Pragmatikerin Angela Merkel macht das so: Sie stellt sich einfach mit einer weiteren Regierungserklärung vor den Bundestag und erklärt, dass eine Finanztransaktionssteuer - eine Art Umsatzsteuer auf den Handel mit Finanzprodukten - im Grunde doch ganz okay sei. Zumindest nicht schlechter oder besser als eine Finanzaktivitätssteuer, also die Besteuerung von Gewinnen und Bonuszahlungen in Banken.

Das klang vor zwei Wochen, am 5. Mai, noch ganz anders. Da verwarf Merkel - wiederum in einer Regierungserklärung - eine Finanztransaktionssteuer mit dem Hinweis, der Internationale Währungsfonds (IWF) halte sie für nicht so gut. Eine Aktivitätssteuer auf Gewinne und Boni der Banken sei für den IWF umso besser. Was stimmt hier noch?

Wenige Tage später, am 9. Mai, stimmt die Bundesregierung auf europäischer Ebene zu, die Umsetzbarkeit einer Finanztransaktionssteuer zu prüfen. Das immerhin passt wieder zur Angela-Merkel-Aussage vom Januar: Damals verkündete sie, wiederum vor dem Bundestag, sie setze sich für eine internationale Finanztransaktionssteuer ein, weil sie die "überbordende Spekulationen dämpfen" und einen Beitrag leisten könne, die finanziellen Lasten der Krisenbewältigung "in fairer Weise" zu tragen.

Wer aus dieser Kanzlerin noch schlau wird, der hebe bitte die Hand!

Weblink:

Angela Merkel - Biografien-Portal www.die-biografien.de