Dienstag, 27. Oktober 2015

"Diese Politik ist eine Schande für dieses Land"

Dem tagesthemen-Kommentator Georg Restle - man lese seinen Text - ein großes Kompliment
für seinen für hiesige Verhältnisse recht mutigen Bericht, der wie ein Befreiungschlag wirkt!

Endlich mal einmal ein mutiger Reporter, der die wahren Ursachen der Flüchtlingsmisere klar beim Namen nennt - und nicht, wie der Rest der vollkommen regierungshörigen und wahrnehmnungsblind ergebenen "Journaille" - einfach unter den Teppich kehrt, in der stillen Hoffnung, daß dies hierzulande hoffentlich keiner bemerkt!

"Na endlich: Scheint fast so, als hätten Regierung und Kanzlerin begriffen, dass man den fremdenfeindlichen Exzessen in Deutschland nicht weiter schweigend zuschauen kann. "Abstoßend", "beschämend", eine "Schande für Deutschland". Klingt entschlossen.

Aber wir sollten uns nicht täuschen: Klar, die rechtsextremen Gewalttäter und ihre brav-biederen Unterstützer sind eine Schande für dieses Land. Die eigentliche Schande aber ist die deutsche und europäische Flüchtlingspolitik. Eine Flüchtlingspolitik, die die Ursachen für die Flucht von Millionen Menschen nicht bekämpft, sondern sie immer wieder aufs Neue schafft.

Zum Beispiel im Kosovo, wo auch diese Bundesregierung ihr Versprechen gebrochen hat, dem Land nach dem Krieg wieder auf die Beine zu helfen und stattdessen ein hochkorruptes Regime unterstützt, das die Menschen in die Flucht treibt.

Zum Beispiel in Syrien, wo diese Bundesregierung die Politik eines türkischen Präsidenten unterstützt, der islamistische Mörderbanden mit Waffen versorgt. Mörderbanden, vor denen Hunderttausende nach Europa fliehen.

Oder Afrika, wo der deutsche Außenminister einen Pakt mit den schlimmsten Despoten des Kontinents schließen will. Einen Pakt, der verhindern soll, dass politisch Verfolgte ihr Land verlassen können und sie stattdessen ihren Verfolgern ausliefert.

Diese Politik ist eine Schande für dieses Land. Daran müsste etwas geändert werden. Mit kernigen Parolen allein ist jedenfalls niemandem geholfen."

Auch die NZZ hebt sich wohltuend vom Kampagnenjournalismus dieser Tage ab. Zu recht verweist sie auf den Verlust von Professionalität, kritischer Distanz und neutraler Berichterstattung.

 Ein tagesthemen-Kommentar von Georg Restle.

Video:

"Diese Politik ist eine Schande für dieses Land" - tagesschau-Video


Weblink:

http://www.nzz.ch/feuilleton/medien/berichterstatter-als-stimmungsmacher-1.18615593

Donnerstag, 22. Oktober 2015

"Eine Spaltung der Gesellschaft sehe ich nicht"

Die öffentliche Diskussion zur Flüchtlingskrise ist von Extremen geprägt. Der Soziologe Armin Nassehi sieht Romantisierung auf der einen Seite und Schwarzmalerei auf der anderen. Im heute.de-Interview erklärt er, warum er auf eine sachlichere Debatte hofft. 
 
heute.de: Das Thema Flüchtlinge ist allgegenwärtig. Beobachten Sie bei diesem Thema eine Spaltung der Gesellschaft? 

Armin Nassehi: Eine Spaltung der Gesellschaft beobachte ich nicht. Man kann aber durchaus beobachten, dass fast niemand an diesem Thema vorbei kommt. Andere Themen der letzten Zeit, wie die Griechenland- oder die Staatsschuldenkrise gingen auch nicht an den Menschen vorbei, waren aber nicht so transparent und wirkten viel komplexer. Hier aber wird Politik tatsächlich richtig sichtbar und konkret.

heute.de: Trotzdem erleben wir es oft, dass die Meinungen ziemlich heftig aufeinander treffen.

Nassehi: Das ist richtig und gehört durchaus zu einer demokratischen Kultur. Es gibt in der Tat sehr unterschiedliche Meinungen. Man kann das in der Zeitachse beobachten: Es gab im Sommer eine sehr positive Stimmung und viel Offenheit zu diesem Thema. Zurzeit erleben wir hingegen sehr viele skeptische Stimmen, weil einfach konkrete Probleme gelöst werden müssen: Man stellt fest, dass man die Flüchtlingszahlen nicht einfach so verringern kann und dass hier womöglich am grundlegenden Selbstverständnis unserer Gesellschaft gerüttelt wird. Es ist aber auch eine Chance: Wir müssen nämlich endlich zugeben, dass wir ein Einwanderungsland sind. Diese Einsicht erzeugt natürlich auch Sorgen und durchaus auch eine Gegnerschaft. 

heute.de: Gab es schon einmal eine so große Meinungsverschiedenheit in den letzten Jahrzehnten in Deutschland? 

Nassehi: Ja, die großen historischen Themen in Deutschland hatten das alle. Denken Sie an die Nachrüstungsdebatte oder an die Debatte um die deutsche Wiedervereinigung. Auch die aktuelle Situation ist eine historische. Einerseits müssen wir mit sehr vielen Flüchtlingen umgehen, andererseits können wir nicht mehr so tun, als würden wir auf einer Insel leben. Wir müssen uns der Situation stellen, dass wir in Zukunft auf organisierte, gewollte und politisch gestaltete Einwanderung angewiesen sind - auch aus sehr eigennützigen Motiven übrigens. Ich glaube, dass die Flüchtlingskrise ein Auslöser einer solchen Debatte sein kann und da ist es auch gar nicht falsch, dass da um unterschiedliche Positionen gerungen wird. Die Extreme sind nur die Ausschläge einer Debatte, die zum Teil mit einer großen Ernsthaftigkeit geführt wird.

heute.de: Also gehört der Großteil der Menschen eher zur Mitte und nicht zu den Extremen?

Nassehi: Ja genau. Die veröffentlichte Meinung, also das, was man in den Medien sieht, konzentriert sich natürlich eher auf die Extreme. Das sind Dinge, die mehr Aufmerksamkeit produzieren. Das normale Leben ist meistens gemäßigter, da gibt es natürlich sowohl Zweifel als auch Hoffnungen.Der Ton wird aber erheblich rauer. Manche Reaktionen, die wir zum Beispiel auf die Pegida-Ausschreitungen vom Montag oder von einem AfD-Politiker am Sonntagabend im Fernsehen gehört haben, machen deutlich, dass Rechtsradikale das Thema instrumentalisieren. Ich bin dennoch ein Optimist und denke, dass die Debatte, die wir ab hier führen, sachlicher sein wird.

heute.de: Woran machen Sie das fest? 

Nassehi: Wir müssen inzwischen Sachprobleme lösen. Das liegt schlicht dran, dass die Menschen da sind und sich Grenzen nicht einfach schließen lassen, wie manche naiven Erwartungen das nahelegen. Wenn das Wetter schlechter wird oder es kälter wird, müssen die Menschen ein Dach über dem Kopf haben und versorgt werden. Da stellen wir fest, dass es womöglich gar nicht an den Organisationsproblemen und nicht am Geld liegt, sondern an der Verwaltungsstruktur. Es finden sachliche Diskussionen darüber statt, wie man Dinge beschleunigen kann, wie man Kommunen helfen kann, wie man Finanzierungsprobleme lösen kann und wie man Integrationshilfen geben kann. 

heute.de: Werden die Menschen also wieder in die Mitte geholt?

Nassehi: Ja, ich hoffe es. Gerade die, die unterschiedliche Positionen in der Mitte haben, müssen klare Kante zeigen gegen die zum Teil faschistoiden Sätze, die man zu hören kriegt - und das nicht nur auf der Straße in Dresden, sondern bis in die Feuilletons hinein. Vielleicht aber ist das, was am Montag in Dresden stattgefunden hat, der Anfang vom Ende von Pegida. Für die bürgerliche Mitte, die ja angeblich dort mitläuft, muss spätestens hier deutlich werden, dass es sich um extremistische Auswüchse handelt, nicht um den sprichwörtlichen "besorgten Bürger“. Diese Bewegung delegitimiert sich gerade selbst. Aber es besteht die Gefahr einer Radikalisierung eines kleinen unbelehrbaren Restes, der vor Terrorismus nicht zurück schreckt. Es gibt durchaus Parallelen zur Entwicklung des Linksterrorismus in den 1970er Jahren, der zu dem Zeitpunkt in den Untergrund ging, als die Studentenbewegung sich mit der Mitte der Gesellschaft zu arrangieren begann. 

heute.de: Wie groß ist die Bedeutung des Themas im Alltag der Menschen? 

Nassehi: Riesengroß. Es ist ein Thema, an dem man nicht vorbei kommt. Sie werden kaum Diskussionsrunden privater oder öffentlicher Natur finden, bei denen dieses Thema keine Rolle spielt. 

heute.de: Wie sehen Sie die Rolle der Medien in dieser Diskussion? 

Nassehi: Die Medialisierung eines solchen Themas bedeutet fast immer gleichzeitig auch eine Dramatisierung. Auf der anderen Seite finden wir in den Medien durchaus auch die Möglichkeit einer sowohl differenzierten, als auch zukunftsorientierten Diskussion über die Situation. Man kann sich durch unsere Medien sehr gut informieren. Ich würde sagen, die Medien bilden das Spektrum ab, das wir in der Gesellschaft zurzeit auch haben. 

heute.de: Wie kann man die Verschiebung hin zu den Extremen überwinden oder verhindern? 

Nassehi: Nur durch gelungene Integrationsbemühungen. Wenn wir an die Geschichte der Migration in Deutschland denken, hat man immer wieder so getan, als würde gerade das Abendland untergehen, aber nach einiger Zeit haben sich die Dinge dann doch irgendwie geregelt. Ich hoffe, dass man durch dieses Thema auch eine gemäßigt konservative Mitte dazu bekommt, realistischer einzuschätzen, wie stark unsere Gesellschaft schon immer durch Migration geprägt war und weiter geprägt sein wird. Vielleicht gelingt es gerade jetzt, die Fehler der Vergangenheit zu vermeiden und zu unserer Migrationsrealität zu stehen - mit all ihren Problemen, die Einwanderung stets mit sich bringt. Aber auch damit, dass unsere Gesellschaft von einer aktiven Einwanderungspolitik profitieren wird. Wichtig ist, dass wir jetzt weder romantisieren und denken, dass sich alles von selbst regelt, noch so tun, als hätten wir nicht die Möglichkeit und die Ressourcen, die anstehenden Probleme zu meistern. Beides stimmt nämlich nicht.

Weblink:

"Eine Spaltung der Gesellschaft sehe ich nicht" - www.heute.de

Samstag, 17. Oktober 2015

Die Gefahren von TTIP

Das internationale Freihandelsabkommen TTIP wird derzeit hinter verschlossenen Türen und in geheimen Zimmern verhandelt - ein sicheres Indez für eine demokratieferne Veranstaltung. Ein Abkommen, das im Geheimen verhandelt wird, kann nicht gut sein, denn wenn es gut wäre, würden sich die Politiker damit brüsten, um Wählerstimmen zu gewinnen. Wer so intransparent im Geheimen agiert, darf sich über Mißtrauen und Protest nicht wundern.

Den internationalen Konzernen, die von TTIP profitieren, geht es wieder einmal um die Ausdehnung ihres Einlusses auf den europäischen Märkten unter Aushöhlung der dort herrschenden wirtschaftlichen und sozialen Standards. Das Wort Verbraucherschutz wird man bei Verhandlungen vergeblich suchen. Es geht vor allem darum, sich den niedrigeren amerikanischen Standards anzupassen. Die Einführung von TTIP daher nur dann sinnvoll, wenn

  • den Verbrauchern keine genveränderten Lebensmittel untergejubelt werden oder ein groß sichtbarer Hinweis auf genveränderte Lebensmittel (mind. 9-Punktschrift) vorne drauf steht
  • keine Verringerung der europäischen Lebensmittel- und Kosmetikstandards vorgenommen wird

  • keine Paralleljustiz unter Einfluss der Wirtschaftslobby aufgebaut wird


  • keine Weitergabe und keine Sicherung von persönlichen Daten europäischer Bürger außerhalb Europas vorgenommen wird


  • (Bio-)Siegel-Standarts klar und deutlich festgelegt werden


  • der Einfluss von Wirtschaftsunternehmen auf Politik und Gesetzgebung zurückgedrängt werden


  • Marktöffnung ohne Angleichung der Sozialsstandards führt zu einer Spaltung der Gesellschaft. Während Politiker die Marktöffnung vglw. einfach bewerkstelligen können, sind sie bei der Angleichung der Sozialsstandards schlichtweg überfordert.

    Warum soll die Menschheit sich dem TTIP unterwerfen? Auch neu gewählte Regierungen müssen die möglich haben, politische Richtungen einzuschlagen, ohne von Strafzahlungen der Industrie bedroht zu werden. Mit TTIP wird die Handlungsfähigkeit von Staaten und somit die Demokratie deutlich eingeschränkt.

    Die letzten 15 Jahre haben gezeigt, dass die Politiker Deutschlands und Europas, was all diese Dinge angeht, einen schlechten Job gemacht haben und dass das Vertrauen bei ihren Bürgern auf ein Minimum gesunken ist. Selber schuld, wenn die Stimmung jetzt so gereizt und von Skepsis geprägt ist. Das kam nicht von ungefähr.