Sobald eine große Gefahr droht, bringen sie, die zur Abwehr bestellt
sind, kein echtes Ereignis hervor, das die Gefahr bannte. Wie damals
Oberst Wegener von der GSG 9, der Held von Mogadischu. Nein, sie
erschrecken jetzt wieder und ziehen sich auf alte Regeln und Gesetze
zurück, die sie verstärken noch und verschärfen. Sie greifen in die
Mottenkiste geschichtlicher Erfahrung im kalten Krieg, dessen
historische Qualität sie anpreisen. Das ist Rückzug, sind Ausreden, ist
Zurückweichen vor der Gefahr; und man sieht es ja auch. Sie beißen auf
die Zähne und geloben, wir leben weiter wie gewohnt, unsere freie
Lebensart dürfen wir niemals aufgeben. Treueschwüre für eine Lebensart,
deren Wesensmerkmale niemand so recht kennt.
Tatsache ist, die Züge
nach Brüssel waren heute nicht einmal halb voll. Auch der Flughafen wie
verwaist. Auch in den Straßen von Paris, kein Hochbetrieb wie sonst
üblich. Es ist augenscheinlich, dass der Staat zurückweicht, dass er
kein Konzept für einen Angriff im Ärmel hat. Nicht nur im Militärischen,
auch sonst kein Konzept, keine Kriegslist, kein Angriff im Internet.
Auch da nur Verteidigung. Unserer Abwehrleute, die unser stürmisches
Temperament verhungern lassen. Vorsicht, jetzt bloß keinen Fehler
machen, so hören sie sich an.
Als ob ein Krieg nicht eine ganze
Fehlerkette wäre, die hoffentlich in einen anderen Zustand führte. Die
Abwehrleute der Politik und der Justiz mauern, sie rechtfertigen sich.
Sie betonen die historische Brennschärfe der Situation, die Einmaligkeit
der Gefahr, die so bisher niemals bestanden hätte. Ein forscher
Trugschluss. Die Medien verstehen es indessen, aus dieser Farce der
müden Leute viel,viel Wind zu machen. Es ist auffällig, wie theatralisch
der Ernst mehr gespielt scheint, denn begriffen wird.
Präsident Gauck
wirkt wie in einem alten Schwarzweiß-Film. Mit Hans Albers als betrunkener Matrose im Hintergrund. Das ist die größte Gefahr. Wir
posierrn, als wäre heute wieder gestern. Das ist Kapitulation vor dem
Krieg und gegen den Krieg. Uniformierte überall, sie zeigen sich betont
bürgerfreundlich, bürgernah, wie man sagt. Soldaten und Bürger grübeln
darüber, wo die nächste Explosion ungefähr stattfinden könnte.
Die
Gefahr ist zu abstrakt, als dass sie sofort Panik auslöste, aber sie
zermürbt, erschüttert die Nächte, der Alptraum, Du könntest das nächste
Opfer sein. Solche Sorge verfinstert die Gemüter, auch den Alltag, den
hoch gelobten. Der doch als Krone unsere Lebensart getragen hatte. Welch
ein Kitsch, Leute, es ist doch Krieg.