Vor 100 Jahren befand sich Europa auf dem Weg in den Abgrund. Die Fehlkalkulationen und Fehlentscheidungen der deutschen Führung werden dabei als maßgeblicher kriegsauslösender Faktor betrachtet. Ein System von gegenseitigen Bündnisverpflichtungen ebnete den Weg in den Abgrund.
Ausgehend von der Illusion, Russland und Frankreich seien nicht bereit, sich wegen eines Konfliktes auf dem Balkan militärisch zu engagieren, hat die deutsche Führung nach dem Attentat von Sarajewo auf eine Lokalisierung des absehbaren österreichisch-serbischen Krieges gesetzt und der Wiener Regierung einen "Blankoscheck" für ein rasches Losschlagen gegen Serbien ausgestellt.
Abgesichert durch die Rückendeckung des deutschen Bündnispartners hat Österreich einen harten, kompromisslosen Kurs gesteuert, der zwangsläufig Russland als Schutzmacht Serbiens auf den Plan gerufen hat. Als sich die Krise darsufhin zugespitzt hat, hat Berlin nicht mäßigend auf Wien eingewirkt. Im Gegenteil, die Führung des Deutschen Reiches hat bewusst auf Risiko gespielt, um zu "testen", wie kriegswillig Russland sei und wie sich die Entente in dieser explosiven Situation verhalten werde.
Die deutsche Führung, seit Jahren über Deutschlands außenpolitische Isolation und das militärische Erstarken Russlands besorgt, war gewillt, Frankreich und Russland notfalls durch einen Krieg nachhaltig zu schwächen, sollte es nicht gelingen, die Gegner auf diplomatischem Wege auseinanderzudividieren.
Diese Risikostrategie der deutschen Führung ist fehlgeschlagen, weil sich Russland auf die Seite Serbiens gestellt, Frankreich seine Bündnisverpflichtungen gegenüber Russland erfüllt und Großbritannien wider Erwarten keine neutrale Haltung eingenommen, sondern Partei für Frankreich und Russland ergriffen hat.
Die der Strategie zugrundeliegende Annahme, Russland und Frankreich seien nicht bereit, sich wegen eines Konfliktes auf dem Balkan militärisch zu engagieren, die die deutsche Führung nach dem Attentat von Sarajewo auf eine Lokalisierung des absehbaren österreichisch-serbischen Krieges setzen ließ, hat sich als verhängnisvoll erwiesen.
Der Erste Weltkrieg hat die Brutalität der industrieellen Kriegsführung der Welt vor Augen geführt. Eine ganze Generation von hoffnungsvollen jungen Menschen ging im Ersten Weltkrieg verloren. Die, die überlebt hatten, waren oft schwer verwundet oder traumatisiert.
In seinem Drama »Die letzten Tage der Menschheit« entwarf Karl Kraus ein gewaltiges Zeitpanorama des Ersten Weltkrieges, das in vielen grotesken Szenen die ganze Absurdität und Unmenschlichkeit des Kriegsgeschehens zu ermessen versucht. Dieses Antikriegsepos und Zeitpanorma ist ein furioser Augenzeugenbericht vom Untergang des alten Europa.
In seinem monströsen Weltuntergangskabarett "Die letzten Tage der Menschheit" stülpt Karl Kraus das vertraute Bild des Habsburgerreiches ins Infernalische um. Der Erste Weltkrieg erweist sich als apokalyptisches Völkergemetzel, angerichtet von bestialischen Militärs, idiotischen Beamten, zwei blödsinnigen Kaisern, einer vertrottelten Adelskaste, einer bornierten Kirche und einem gierigen Bürgertum im Verein mit einer gewaltgeilen Journaille von Kriegshetzern und Hyänen des Schlachtfelds.
In einer komplexen Welt, in der gegenseitiges Misstrauen, Fehleinschätzungen, Überheblichkeit, Expansionspläne und nationalistische Bestrebungen zu einer Situation führten, in der ein Funke genügte, den Krieg auszulösen, dessen verheerende Folgen kaum jemand abzuschätzen vermochte.
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