Seit Wochen sieht der Garten der deutschen Botschaft in Prag aus wie ein riesiges Zeltlager. Jeden Tag klettern weitere DDR-Flüchtlinge über die Zäune. Ihre Zukunft ist ungewiss, bis Außenminister Genscher auf den Balkon der Prager Botschaft tritt.
Die Westdeutsche Botschaft in Prag - Im Spätsommer 1989 wählen immer mehr Bürger der DDR diesen Weg in die Freiheit. Und die Polizei der noch-sozialistischen Tschechoslowakei schaut weg. Der Garten der Botschaft wird zum Asyl für Tausende.
Bundesaußenminister Genscher trifft seinen DDR-Kollegen Fischer. Noch will Ost-Berlin, dass die Flüchtlinge erst einmal zurückkehren, doch längst ist die DDR nicht mehr Herr der Entwicklung.
Mitte September 1989 ist der Garten der westdeutschen Botschaft in Prag eine Schlammwüste und ein Feldlager unter offenem Himmel. Bis zu 4.000 Flüchtlinge campierten auf dem Gelände hinter der Botschaft. Die Zahl der Flüchtlinge steigt seit dem Sommer unaufhörlich - Tag für Tag. Auch nach der Schließung der Botschaftstore klettern ganze Familien über den meterhohen Zaun in die Freiheit.
Die dramatischen Bilder von den Prager Botschaftsflüchtlingen gehen um die Welt. Seit Wochen verhandelt der damalige Kanzleramtsminister Rudolf Seiters mit der DDR-Regierung über eine Lösung. Die SED-Führung weigert sich allerdings beharrlich, ihre Bürger in den Westen ausreisen zu lassen.
Der Ansturm der DDR-Flüchtlinge ist für die Diplomaten eine gewaltige logistische Herausforderung. Mit Lkw werden Zelte, Decken und Nahrungsmittel der Bundeswehr über die Grenze aus Bayern nach Prag transportiert. Ehrenamtliche Mitarbeiter des Roten Kreuzes koordinieren die Hilfsmaßnahmen.
Das gute Ende folgt am Abend des 30. September. Im Schein einer hastig herbeigeschafften Stehlampe tritt kurz vor 19 Uhr Hans-Dietrich Genscher auf den Balkon der Prager Botschaft und verkündet per Megafon das Ergebnis der Verhandlungen:
"Wir sind heute zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise … " Weiter kommt der deutsche Außenminister nicht.
Als Hans-Dietrich Genscher seine abendliche Botschaft den seit Wochen ausharrenden Flüchlingen im Garten der Prager Botschaft verkündete, kannte der Jubel und die Begeisterung der Flüchtlinge keine Grenzen. Der Jubel der Menschen im Garten der Prager Botschaft hat sich danach rasend schnell verbreitet.
Aus Anlass des 25. Jahrestages der historischen Rede von Hans-Dietrich Genscher findet auf dem Gelände der deutschen Botschaft in Prag eine Gedenkfeier statt.
Weblink:
Die friedliche Revolution: Berlin 1989/90 Der Weg zur deutschen Einheit von Jens Schöne
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