Dienstag, 7. Juli 2015

Deutsche Leitmedien: Stimmungsmache gegen Griechenland

Eine Analyse der deutschen Leitmedien durch das Schweizer Medienanalyseunternehmens „Mediatenor“ ergab, dass im März 2015 „etwa 65 Prozent der Berichte eindeutig negativ und nur gut drei Prozent eindeutig positiv“ waren. In den Medienveröffentlichungen wurden weniger konkrete Inhalte besprochen , sondern vielmehr die Beziehungen zwischen den Verhandlungspartnern beschrieben.

Die Partei, die im griechischen Wahlkampf die meisten Stimmen bekam (Syriza), wurde als „linkspopulistisch“ abgewertet. Alexis Tsipras, der Parteivorsitzende der Syriza, bekam Attribute wie „Menschenfänger“ (Die Zeit), „Euro-Schreck“ (Die Welt kompakt), „Revoluzzer“ (Süddeutsche Zeitung).

Die FAZ warf ihm „Ideologie und Überheblichkeit“ im Denken vor, wobei er wie ein Kind Wunschträumen nachjage und sich pragmatischen Überlegungen gegenüber verschließe. Im Spiegel online beschreibt seine Politik als „Irrlichterei“, Tsipras und Varoufakis seien Trickser und Spieler, die im Schuldenpoker hohe Einsätze machten.

Viele Kommentare stützen sich auf Äußerlichkeiten, die als unangemessen empfunden werden: Tsipras und Varoufakis tragen keine Krawatten und fallen durch lässiges Auftreten auf. Laut Zeit online befänden sie sich im „Club der linken Dandys“. Ausgiebig zitiert werden deutsche Politiker wie Klaus-Peter Willsch (CDU) mit seiner Behauptung, Athen produziere nur „Gläubigerhass der widerlichsten Art“.

Die Berichterstattung der deutschen Leitmedien lenken auf diese Weise ab von den Ursachen und Auswirkungen der humanitären und sozialen Krise in Griechenland, für die die so genannten EU-Geberländer eine erhebliche Mitverantwortung tragen. Einseitig werden die Forderungen der so genannten Troika dargestellt. Eine ernsthafte Diskussion der griechischen Lösungsvorschläge findet fast nicht statt.

Und unsere Lokalpresse (Hessisch-Niedersächsische Allgemeine, HNA)) steht dem in nichts nach:
Finanzminister Varoufakis „liebt die Effekthascherei“, trägt „das Image des coolen Polit-Rebellen“ mit „Hang zur Theatralik“. (Takis Tafos)

Werner Kolhoff zitiert CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer: „Diese linken Geisterfahrer ...“
Detlef Drewes nennt die griechischen Verhandlungsangebote „theoretische Spielereien“.
Und Tibor Pézsa spricht von einer „verzweifelten Ideensuche der Griechen nach maximalem Erpressungspotenzial“.

Da scheint es eine einheitliche Linie der Redaktion zu geben. Dies könnte ein Anlass sein, die HNA umzutaufen in „Hässlich-Niederträchtige Allgemeine“.

Langfassung des zugrunde liegenden Artikels: www.gew-hessen.de unter Veröffentlichungen HLZ 7-8/2015

Konkret zum Kampagnenjournalismus der BILD-Zeitung:
www.otto-brenner-shop.de/uploads/tx_mplightshop/2011_04_06_Bildstudie_Otto_Brenner_Stiftung.pdf und www.bild-studie.de

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