Es ist schon erstaunlich, wie in Kommentaren und Leserbriefen der
deutschen Leitmedien zum Thema Griechenland die einfachsten
wirtschaftlichen Zusammenhänge ignoriert werden.
Dass Deutschland derzeit die wirtschaftlich stärkste Nation in Europa
ist, liegt an den enormen Exportüberschüssen, die in den vergangenen
Jahren erzielt wurden. Das bedeutet logischerweise, dass die
Euro-Länder, die Waren aus Deutschland importiert haben, sich
dementsprechend verschulden mussten.
Die dafür nötigen Kredite wurden großzügig von den Banken zur Verfügung
gestellt. Die Zurückzahlung der Schulden war für die Banken
zweitrangig, im Zweifelsfall übernimmt das Risiko der Staat aus den
Steuergeldern seiner Bürger. Daher sind in den vergangenen Jahren rund
98% der Gelder aus dem Eurorettungsfonds an die Banken geflossen und
insgesamt lediglich 5 Mrd. Euro zur Sanierung des griechischen
Haushalts. Während 2010 überwiegend die Banken für einen Zahlungsausfall
Griechenlands hätten haften müssen, bürgen deshalb inzwischen die
europäischen, allen voran die deutschen, Steuerzahler dafür.
Verantwortlich hierfür ist vor allem die deutsche Europa- und
Finanzpolitik unter Kanzlerin Merkel.
Die Folgen dieser Politik für Griechenland: ein Viertel der Jugendlichen
ist arbeitslos, der griechische Durchschnittsverdiener hat seit 2010
ca. 20% seines Einkommens verloren. Hierin liegt auch einer der Gründe,
warum die Griechen zu Beginn des Jahres ihre konservative Regierung
abgewählt haben, die den Forderungen von EU-Kommission, Europäischer
Zentralbank und Internationalem Währungsfonds (Troika) nichts entgegen
gesetzt hatte. Die aktuellen Forderungen der Troika: weitere
Rentenkürzungen,Steuererhöhungen, Ausverkauf von Staatsvermögen. Vor
Kürzungen des griechischen Militärhaushalts dagegen hat gerade
NATO-Generalsekretär Rasmussen die griechische Regierung gewarnt. Das
könne sich Griechenland als Außenposten der NATO nicht leisten.
Griechenland hatte in den vergangenen Jahren auf Druck der NATO sein
Militär mit deutschen Rüstungsgütern aufgerüstet, bereitwillig
finanziert durch die Banken.
Wie kann man von der neu gewählten Regierung unter Alexis Tsipras
erwarten, dass sie die Politik der Vorgänger zum Schaden des
griechischen Volkes fortsetzt?
Die Reaktion der europäischen Geldgeber auf den Widerstand der
griechischen Regierung: Bereits zugesagte Hilfsgelder in Höhe von rund 7
Mrd. Euro wurden zurückgehalten. Und besonders bezeichnend: In dem
Moment, in dem die Regierung Tsipras ankündigte, dass sie angesichts der
weiteren Belastungen, die durch die Forderungen der Troika auf die
Griechen zukommen könnten, eine Volksabstimmung darüber herbeizuführen,
wie sie zu Euro und EU stehen, wurden die Gespräche von den
EU-Regierungen, vor allem auch der deutschen, abgebrochen.
Übersehen wird auch gerne, dass Deutschland nur dadurch
Export-Weltmeister werden konnte, dass der deutsche
Durchschnittsverdiener seit 1991 (!) auf Einkommenszuwächse verzichtet,
wenn man Preissteigerungen, Steuer- und Gebührenerhöhungen und Kürzungen
staatlicher Leistungen berücksichtigt. In allen Staaten der Euro-Zone
sind die Löhne und Gehälter deutlich stärker gestiegen. Die leichte
Zunahme bei der Binnen-Nachfrage in Deutschland ist allein auf die
Auflösung von Sparguthaben angesichts der extrem niedrigen Zinsen
zurückzuführen. In derselben Zeitspanne haben sich die Einkommen des
reichsten Drittels der Bevölkerung mehr als verdoppelt, von den Gewinnen
der Banken und den Boni für deren Vorstandsmitglieder mal ganz
abgesehen.
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Donnerstag, 2. Juli 2015
Exit aus dem Grexit?
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