Unter Bankern: Eine Spezies wird besichtigt
Banker sind eine engene Spezies mit eigenen Regeln und Ritualen. »Unter Bankern: Eine Spezies wird besichtigt« von Joris Luyendijk ist die Buchversion einer Sammlung von Finanzbeiträgen, welche in einem Blog und als Beiträge für die englische Zeitung "The Guardian" veröffentlicht worden war. Das Buch eines Antrhropologen mit unbestechlichem Blick konzentriert sich auf die Menschen, ihre Biografien und Lebensauffassungen. Aus den vielfältigen Beschreibungen, die auf längeren Interviews beruhen, entsteht nach und nach ein Bild des "Kontinents Finanzwelt".
Das Buch des Guardian-Journalisten geht den Fragen nach:
Wer sidd diese Banker, die ganze Gesellschaften beeinflusseen und in den Abgrund führen? - und
Welches Bild haben Banker von sich selbst und vom Rest der Gesellschaft? - Luyendijks Buch brilliert mit seinem unbestechlichen anthropologischen Blick und bringt dadurch auf beispiellose Weise Licht in ein undurchsichtiges System.
Dafür hat er umfangreiche Recherchen betrieben und unter anderem Hunderte Interviews mit Investmentbankern, Angestellten aus Rechts- und Risikoabteilungen, Rating-Agenturen, IT und HR sowie mit Kontrolleuren, Headhuntern und Therapeuten geführt. So erzielt er das, was oft eingeklagt, aber selten eingelöst wird:
"Kapitalismus ohne Pleiten ist wie
die Kirche ohne Hölle."
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Deregulierung und ein falsches finanzielles Anreizsystem haben Banker zu Egoisten gemacht. Transparenz in einem System, das eine Blaupause für kurzsichtiges Denken, schnellen Profit, Missbrauch und lukrative Verantwortungslosigkeit ist. Doch, so Luyendijks These, nicht der Mensch Banker ist verkommen, sondern das System. Eine aufschlussreiche, packende und schockierende Innenansicht der Finanzwelt, die zwingend benötigt wird.
Wie bekommt man einen Banker dazu, aus dem Nähkästchen zu plaudern? Also das zu sagen, was er wirklich denkt? Einfach indem man ihn provoziert. Joris Luyendijk hat mit Überschriften wie "In den Aufsichtsbehörden sitzen Idioten" oder "Banker sind überwiegend anständige und ehrliche Leute" genau die Reaktionen ausgelöst, die er sich erhofft hat: Widerspruch. So kann man das nicht stehenlassen!
Unter dem Siegel der Verschwiegenheit hat er Interviews führen können, die ziemlich schockierende Interna aufdeckten. Auch wenn Luyendijk durch Anonymisierung seine Quellen schützt, so sind die Aussagen dennoch glaubhaft und zeigen mehr als deutlich, welche Gefühle einige Banker für den Rest der Welt haben: Pure Verachtung. Wer sich aber so leicht und ohne Widerstand kollektiv ausnehmen lässt, der hat diese Verachtung auch irgendwie verdient.
Nachdem die ersten anonymisierten Interviews auf der Guardian-Webseite ("The Joris Luyendijk banking blog") veröffentlicht wurden, nahmen die Rückmeldungen zu. Die Interviewten fassten Vertrauen und dennoch schwebte nahezu über jedem Interview ein Nebel aus Angst und Nervosität. Diesen Verrat hätte keine Bank akzeptiert, wäre sie den Verrätern auf die Schliche gekommen.
Jeder nur für sich selbst!
Weblink:
Unter Bankern: Eine Spezies wird besichtigt von Joris Luyendijk
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