Die Energiepolitik stellt eine große und gewaltige Herausforderung für die Regierung dar, aber auch eine große Chance, sich zu profilieren. Das Land ist noch Lichtjahre davon entfernt, den eigenen Energiebedarf mit erneuerbaren zu decken. Das Land braucht eine stabile Grundversorgung der Energie.
Eine Energiewende ist notwendig, denn immer noch zu viele Energieunternehmen stützen sich noch auf Produktion aus Atom, Stein-und Braunkohle. Ein Anteil von 79 Prozent allein bei RWE.
Und sichergestellt werden sollte auf jeden Fall, daß mit dem gestern beschlossenen Importstopp russischer Kohle, nicht Kohle aus anderen Ländern mit schlechter Bilanz bei Arbeits-und Sozialstandards als Ersatz kommt. In der Börsensendung gestern Abend war von Kolumbien die Rede.
Tempo bei der zukunftsfähigen Energiegewinnung machen, erscheint angebracht und gut so, aber es gibt viele Hemmschuhe, die auf dem Weg überwunden werden müssen. Die Lobbyisten aus der die Zeichen der Zeit nicht sehen wollenden Energiewirtschaft haben lange genug gebremst und wohl endlich begriffen, dass sie auf verlorenem Posten stehen.
Ein weiterer Hemmschuh sind die nervigen Gutmenschen, die mit Bürgerinitiativen gegen Windkraft ein neues Hobby entdeckt haben. Die völlig überhöhten – und längst widerlegten - Zahlen von Vögeln die angeblich durch Windräder getötet werden gelten vielen nur als Vorwand, weil sie der Ansicht sind, Windräder würden die Landschaft verschandeln.
Den Ausbau energisch forcieren, sicher mit Sinn und Verstand, aber dennoch umfassend, denn die fossile Energie zerstört weit mehr Natur, als es die benötigte Anzahl von Windrädern etc. je tun könnte. Aber auch dafür sorgen, dass Solaranlagen und Heizungsumbau nicht nur von Staat und Mieter*innen bezahlt werden.
Wenn die Windräder sich mangels Wind nicht drehen und auch keine Sonne scheint, brauchen wir dann mal Strom aus Temelin oder von Claus (Niederlande, Gas), oder Fessenheim (Kernkraft), oder Tihange (Kernkraft)?
Die deutschen Nachbarn versuchen immerhin, die Folgen aufzufangen, welche die Deutschen bauen, aber es wird ja nicht besser!
Torpedo-Blog ist ein infomativer Gesellschafts- und Politik-Blog für Aufklärung und gesellschaftlichen Wandel. Dieser Nachrichten-Blog informiert tagesaktuell über das politische Geschehen und Ereignisse aus aller Welt. Der Blog zu Politik, Gesellschaft und Zeitgeschehen schreibt Artikel über Politik und Gesellschaft im Spiegel der Zeit. Dieser Nachrichten-Blog informiert über das politische Geschehen und Ereignisse aus aller Welt, u.a. über Europa, Brexit, Gelbwesten, May, Macron, Frankreich
Mittwoch, 28. November 2018
Samstag, 24. November 2018
Die Ära Merkel geht zu Ende
Die Ära Merkel geht zu Ende. Zum Glück, denn sie steht für den sinnentleerten Machterhalt einer Monarchin. Während ihrer Kanzlerscaft konnte sie kaum Zeichen setzen. Herrscherliche Autorität ist keine Zeitfrage, sondern der Spiegel, worin das Volk sofort seinen Leitwolf erkennt, nach dessen Stab es zu springen und zu tanzen lernt.
Allmählich erwachen die deutsche Politik und ihre Öffentlichkeit aus ihrer postdemokratischen Narkose. Merkels basale Herrschaftstechnik bestand bekanntlich darin, statt Wähler für eigene Ziele zu mobilisieren, den Wählern anderer Parteien die Gründe zu nehmen, zur Wahl zu gehen – durch so unauffällig wie möglich gehaltene Bekenntnisse zum eigenen Programm bei angedeutetem Verständnis für die Programme der Konkurrenz. „Man kann das im Soziologendeutsch asymmetrische Demobilisierung nennen“, so der arme Schulz laut »Spiegel« im Juni in einer Strategiesitzung: „Ich nenne es Aushöhlung der Demokratie ... Die sinkende Wahlbeteiligung vorsätzlich in Kauf zu nehmen ist ein Anschlag auf die Demokratie.“
Dieser Satz geriet in eine Parteitagsrede, woraufhin die Öffentlichkeit befand, dass es dem SPD-Kandidaten an gutem Benehmen fehle. Merkel, in Höchstform, ließ wissen, „dass sie Herrn Schulz ganz anders kennengelernt habe, Schwamm drüber“, und im sogenannten „TV-Duell“ bat Schulz sie dann um Entschuldigung. Sie wurde gewährt.
> Ezra Pound
Was Historiker und Politikwissenschaftler einmal das „System Merkel“ nennen könnten, entstand im Übergang vom Sozialkapitalismus der zweiten Hälfte des zwanzigsten zum Neoliberalismus des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Mit ihm wurden die Öffnung zum Weltmarkt zur ersten Staaten- und die Anpassung an den globalen Wettbewerb zur ersten Bürgerpflicht, ohne Alternative nicht nur für Deutschland. Mit der Übertragung kollektiver „Problemlösung“ an die „Marktkräfte“ und die von ihnen getriebenen Individuen wurde Politik selbstreflexiv und reduzierte sich auf Machterwerb und -erhalt. Heruntergeschnitten auf ihren machiavellistischen Kern, wurde sie zur Domäne von Stimmungsforschern und Imagemodellierern in einer boomenden staatlichen und privaten Öffentlichkeitsindustrie, deren Kreativität keine Grenzen gesetzt waren, wenn es darum ging, neue Herrschaftstechniken für ein postdemokratisches Zeitalter zu erfinden.
Die Methode der asymmetrischen Demobilisierung verschaffte Merkel eine für demokratische Verhältnisse unvorstellbare taktische Bewegungsfreiheit, die sie für immer neue Kehrtwendungen in Richtung der linken Mitte nutzte, um ihr Repertoire künftiger Koalitionsmöglichkeiten auszubauen. Dabei kam ihr lange die Strauß’sche Hinterlassenschaft zugute, dass es „rechts von der Union“ keine Partei gab, zu der enttäuschte Wähler oder Parteifunktionäre hätten wechseln können; für sie war Merkel alles, was sie hatten.
Diejenigen, deren Positionen Merkel eingemeindete, hüteten sich ohnehin, ihr Fragen zu stellen, weil sie in Merkels Lager keine schlafenden Hunde wecken wollten. So konnte Merkel sich immer wieder umorientieren, von einer unpolitisch gewordenen liberalen Öffentlichkeit wohlgefällig als individueller Bildungsroman rezipiert, ohne dass sie jemals zu so etwas wie einer „großen Rede“ gezwungen gewesen wäre. Tatsächlich blieb sie als Person für die Insider der politischen Klasse bis heute ein Rätsel; dass sie sich nicht scheute, einen Wahlkampf mit dem Slogan „Sie kennen mich“ zu führen, dürfte ihr deren professionellen Respekt eingetragen haben, wohl auch weil man dahinter jene Art von Humor vermuten konnte, der in diesen Kreisen zur Kultur gehört.
Die Liste der Merkel’schen Politikwechsel ist lang. Bis zu ihrem beinah verlorenen ersten Bundestagswahlkampf hatte die CDU-Vorsitzende eine neoliberale Grundrevision der deutschen Gesellschaft proklamiert, gegen die Schröders „Agenda 2010“ ein Klacks war. Im Amt begann sie dann umgehend mit der „Sozialdemokratisierung“ ihrer Partei, ohne dass jemand wissen wollte, was sie in so kurzer Zeit dazugelernt hatte.
Als „Atomkanzlerin“, ausgestattet mit dem „Sachverstand der Physikerin“, setzte Merkel zugleich alles daran, den von Sozialdemokraten und Grünen ausgehandelten Atomausstieg schnellstens rückgängig zu machen. Nachdem dann aber die Bilder aus Fukushima in die Öffentlichkeit gelangt waren, verlangte derselbe technische und wirtschaftliche Sachverstand nach einer umso rascheren Abschaltung der deutschen Atommeiler. Eine Erklärung, wie sich das vorher so gewissenhaft berechnete Restrisiko in ein paar Tagen so dramatisch geändert haben konnte und warum man einem so fehlbaren Sachverstand weiterhin vertrauen solle, wurde nicht verlangt.
„Alle aufnehmen, das können auch wir nicht schaffen“, hatte Merkel dem Flüchtlingsmädchen Reem vor laufenden Kameras erklärt und war dafür im Internet zur „Ice Queen“ erklärt worden. Schon kurz danach hieß es bei Anne Will „Wir schaffen das“, bis ein paar Monate später sich „nicht wiederholen“ durfte, was soeben noch menschenrechtlich und christlich geboten und technisch ohnehin nicht zu verhindern gewesen war. Und sobald die „Ehe für alle“ drohte die nächste Koalitionsbildung zu erschweren, verwandelte sie sich von einer politischen in eine Gewissensfrage.
Plötzliche Politikwechsel belasten den Vertrauenshaushalt eines Staates und bedürfen deshalb besonderer Rechtfertigung. Indem sie auf einer solchen bestehen, sorgen eine kritische Öffentlichkeit und eine aggressive parlamentarische Opposition für die Wiederherstellung von Systemvertrauen. Bleibt diese aus, muss die Notwendigkeit des Politikwechsels nachträglich durch Personalwechsel – Rücktritt, Putsch, Neuwahl – beglaubigt werden. Nicht so im System Merkel, wo die postdemokratische Reduzierung von Strategie auf Taktik von einer politischen Klasse, die ihre Regierungsfunktion an den globalen Markt und die europäische Technokratie abgetreten hat, als hohe Kunst politischer Herrschaftssicherung kennerisch bewundert wird.
Polarisierung
Seit einiger Zeit nimmt die Wahlbeteiligung in den westlichen Postdemokratien wieder zu. Ursache ist das Auftreten neuer „populistischer“ Parteien rechts und links, vor allem rechts, deren Anhänger gegen asymmetrische Demobilisierung immun sind. Diese war deshalb durch asymmetrische Polarisierung zu ergänzen. 1976, auf dem Zenit der Nachkriegsdemokratie, hatte die CDU die Grenze links gezogen, „Freiheit statt Sozialismus“ plakatiert und sich damit Diskussionen eingehandelt: Sind das wirklich Gegensätze? Sind Brandt und Schmidt Freiheitsfeinde? So ging die Wahl verloren. Merkels CDU dagegen, aus Schaden klug geworden, polarisierte in die entgegengesetzte Richtung, mit „Mitte statt rechts“ als virtuellem Slogan. Anders als in den alternativengesättigten Siebzigern ergab das eine Art Demokratischen Block aller anständigen Parteien und Massenorganisationen, unter Einschluss der SPD und der Opposition im Bundestag.
„Mitte statt rechts“ opferte das Strauß’sche Erbe, indem es die Repräsentation des rechten Randes der Wählerschaft einer neuen, mit der Union konkurrierenden Partei überließ – in Gestalt der AfD, ursprünglich eine elitär-bürgerliche neoliberale Kleinpartei, deren Marsch in den „Rechtspopulismus“ dadurch beschleunigt wurde. Für Ausgleich sollte eine umfassende Mobilisierung von Politik und Gesellschaft zur Ausschließung der populistisch gewendeten AfD aus dem demokratischen Verfassungsspektrum sorgen, unter Anrufung der antinationalsozialistischen Staatsraison des Landes.
So konnte die AfD als Vogelscheuche zum Zweck der politischen Disziplinierung einer neuen, 90-prozentigen gesellschaftlichen Großmitte dienen – indem kritische Themen wie die Zukunft der Nationalstaaten in der Europäischen Union, der Aus- und Umbau der Währungsunion und die ungeregelte Einwanderung als Lehrstück über die Grenzenlosigkeit der Marktgesellschaft zu AfD-Themen erklärt wurden, über die man nicht sprechen durfte, wollte man dem „rechten Populismus“ nicht „Vorschub leisten“.
In der Tat war der regierungsamtliche „Kampf gegen rechts“ zunächst spektakulär erfolgreich. In den Reihen der CDU galt es nun noch mehr als vorher, Zweifel an der deutschen Europa- und Einwanderungspolitik zu unterdrücken. Und als der SPD-Vorsitzende angesichts der absehbaren Aufwendungen für die Einwanderer Maßnahmen auch für die eingesessene Unterschicht vorschlug, wurde er von Merkel und Schäuble öffentlich des Vorschubleistens bezichtigt und verstummte – aus Angst davor, so Gabriel knapp zwei Monate nach der Wahl, „mit der CSU oder der politischen Rechten in einen Topf geworfen zu werden“.
Im weiteren Umkreis des offiziellen Antifaschismus begannen Presse, Rundfunk und Fernsehen, Schulen, Volkshochschulen und Universitäten, Jugendverbände, Kulturschaffende und Kleriker aller Art eine landesweite Immunisierungskampagne gegen die AfD. In Köln forderten Oberbürgermeisterin und Kardinal zusammen mit Karnevalsvereinen und Rockgruppen dazu auf, sich durch eine Demonstration gegen die Abhaltung eines Parteitags der AfD in einem Kölner Hotel „für Toleranz“ einzusetzen – beide Kirchen unter dem für ihre historischen Verhältnisse durchaus riskanten Slogan „Unser Kreuz hat keine Haken“.
Auch an den deutschen Grenzen machte der Antifaschismus der breiten Mitte, „proeuropäisch“ wie er sich verstand, nicht halt. Bei Wahlen und Abstimmungen im Ausland wusste die deutsche Öffentlichkeitsmaschine genau, wie diese auszugehen hatten, und tat dies unmissverständlich kund. Ab November 2016 konnte dann Donald Trump als Erzfeind aller Menschen guten Willens als Begründung herhalten, warum in Österreich der Kandidat der Grünen unbedingt Bundespräsident werden musste. Für Frankreich feierte der SPD-Vorsitzende, zusammen mit dem Philosophen Jürgen Habermas, unter dem Eindruck der antieuropäischen Gefahr den Banker Macron als legitimen Sohn der deutschen Sozialdemokratie und langersehnten Überwinder der unseligen französischen Spaltung zwischen links und rechts.
Die Monarchin
Auf dem Gipfel ihrer Macht, getragen von der „Willkommenskultur“ und einer so angsterzeugten wie -verbreitenden Gleichschaltungsbereitschaft der politischen Klasse, regierte Merkel wie eine Monarchin. Wenn man in Deutschland „kein freundliches Gesicht mehr zeigen“ dürfe, so in einem Interview während ihrer „Flüchtlingskrise“, „dann ist das nicht mehr mein Land“. Niemand fragte, wie das gemeint war, auch nicht, als die Regierungschefin eines säkularen Staates „mit Kardinal Marx“ wissen ließ: „Der Herrgott hat uns diese Aufgabe jetzt auf den Tisch gelegt.“ Wenn Demonstranten, vor allem im Osten, Kundgebungen der Kanzlerin mit „Merkel muss weg“-Sprechchören störten, gab es rundum Bekundungen von Scham und Abscheu. Als rechtsradikale Hetze gar galt, wie dezent auch immer nach der politischen Verantwortung für Gewaltverbrechen von Migranten zu fragen, die unter normalen Bedingungen nicht hätten über die Landesgrenze gelangen können; gewählte Politiker mussten schon aus minderem Anlass zurücktreten.
In der substanzentleerten und deshalb sentimentalisierungsbedürftigen deutschen Postdemokratie dagegen konnte Merkel für ihre Grenzöffnung den Sonderstatus einer „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“-Entscheidung beanspruchen, ohne dass es dazu irgendwelcher rhetorischer Großleistungen bedurft hätte: „Ich gehöre nur zu denen, die sagen: Wenn so eine Aufgabe sich stellt und wenn es jetzt unsere Aufgabe ist , . .. dann hat es keinen Sinn zu hadern, sondern dann muss ich anpacken und muss natürlich versuchen, auch faire Verteilung in Europa zu haben und Flüchtlingsursachen zu bekämpfen. Aber mich jetzt wegzuducken und damit zu hadern, das ist nicht mein Angang.“
Wer sich dennoch auf die Suche nach normalpolitischen, also verantwortungspflichtigen Motiven begab, lief Gefahr, in dieser Zeitung noch ein Jahr nach dem Ereignis der „Küchenpsychologie“ geziehen und, da „vom Insiderwissen ausgeschlossen“, an „eine künftige Forschung aus Akten und Zeugenbefragung“ verwiesen zu werden: „Die ganze Meckerei wirkt hilflos, lächerlich und misogyn – denn auf die Kanzlerin kommt es an“ (F.A.Z. vom 16. September 2016) – eine für die Hochzeit der Ära Merkel nicht untypische Interpretation der Rolle des politischen Journalisten als Panegyriker.
Wahr ist, dass „Küchenpsychologie“ zur Erklärung des Systems Merkel nicht viel beiträgt. Die Kehrtwendungen der Kanzlerin lassen auf ein extrem niedriges persönliches Konsistenzbedürfnis gegenüber anderen und sich selbst schließen, allerdings auch auf einen extrem konsistenten Willen zur Macht. Küchensoziologie führt da schon weiter, indem sie an Merkels Einstieg am oberen Ende der neuen Berliner Republik erinnert, als Protegé von Kohl im Kabinett und dann an der Spitze des CDU-Parteiapparats.
Politik als Bewegung von unten nach oben hatte es schon in der DDR nicht gegeben, jedenfalls nicht mit Merkel. Abgeordnete war Merkel immer nur nebenbei, nie Bürgermeisterin oder Ministerpräsidentin; dem unangenehm heißen Atem eines physisch präsenten, nach Vertretung verlangenden „Volkes“ – ein Begriff, der in der Ära Merkel in den Geruch des Rechtsradikalismus geriet – war sie nie ausgesetzt.
Merkels Apparatperspektive passte im Übrigen nahtlos zu dem alten Misstrauen westdeutscher Demokraten gegen einen unkontrolliert artikulierten Volkswillen, das schon die bundesrepublikanische Nachkriegsverfassung geprägt hatte. Brechts Diktum, dass „das Volk“ nicht „tümlich“ sei, war spätestens seit den 1990er Jahren auch auf der Linken nicht mehr Konsens. Als kosmopolitische Philosophen und liberale Politikwissenschaftler unter dem Eindruck der „populistischen“ Revolte endgültig das Vertrauen in die politische Weisheit der unteren Schichten verloren und darüber nachzudenken begannen, ob Demokratie als Massendemokratie überhaupt noch zeitgemäß sei, war der Schulterschluss zwischen Merkel und dem linksliberalen Mainstream perfekt.
Spätere Historiker werden versuchen müssen, das System Merkel auf seinem Höhepunkt als ebenso regierungsseitigen wie selbstauferlegten Dauertest einer demokratischen Öffentlichkeit auf ihre Fähigkeit und Bereitschaft hin zu beschreiben, unter laufender Opferung ihres Intellekts immer neue Absurditäten zu glauben oder wider besseres Wissen zu bekennen – etwa die Behauptung der Regierungschefin, man könne Grenzen heutzutage nicht mehr schließen, oder die Versicherung eines Journalisten im Deutschlandfunk nach den Pariser Anschlägen, dass sich unter den Flüchtlingen, die damals noch nicht „Geflüchtete“ hießen, keine Terroristen befinden könnten, da die Flüchtlinge ja vor diesen geflohen seien.
Niemand fragte, wo jene von Habermas so treffend bezeichnete „Nervosität der Intellektuellen“ geblieben war, die sich doch immer dann kräftig rühren müsste, wenn eine Öffentlichkeit wie ein Tanzbär am Nasenring regierungsamtlicher Wahrheiten durch die Manege gezogen wird und sich ziehen lässt. Nirgendwo im heutigen Westeuropa, nicht in Frankreich, nicht in Großbritannien, nicht in Italien, wäre es vorstellbar, dass „alle verantwortlichen Kräfte“ bei Strafe des Ausschlusses aus der öffentlichen Kommunikation verlangen würden, offenkundigen Unsinn wie den zu bekennen oder doch unwidersprochen zu lassen, dass eine Million unkontrollierter Immigranten als jährlicher Normalfall zu „schaffen“ sei. Dass diese Art von Dressurakt zeitweise im demokratischen Deutschland funktionieren konnte, könnte in einigen Jahren die wichtigste Erinnerung an die Ära Merkel sein.
Man weiß nicht, wie überrascht Merkel war, als im September 2015 das ganze Ausmaß der von der technokratischen Entdemokratisierung der Politik bewirkten Veränderungen des öffentlichen Bewusstseins und der mit ihm einhergehenden öffentlichen Gehorsams- und Unterwerfungsbereitschaft sichtbar wurde. Die Öffnung der deutschen Grenze für die auf der Balkanroute anreisenden Migranten war offenbar auf ein rapide gewachsenes Bedürfnis nach charismatischer Personalisierung und Sentimentalisierung des Politischen getroffen. Kaum jemand wollte sich dem Wunsch widersetzen, bei einer mit alltäglichen Maßstäben nicht zu messenden persönlichen Großtat dabei gewesen zu sein – nicht einmal die kleine Gruppe deutscher Staatsrechtslehrer, die sich auf ihren Lehrstühlen sicher genug fühlte, um öffentlich als Merkel-Kritiker in Erscheinung zu treten.
Zur Erklärung der von ihnen als Rechtsbruch klassifizierten Entgrenzungspolitik fiel ihnen, vielleicht weil sie als Juristen von roher Politik wenig verstehen, nichts Besseres ein als Max Webers handlungstheoretischer Idealtyp der „Gesinnungsethik“. Forderungen wie ihre allerdings, dass Politik „verantwortungsethisch“ handeln müsse, also unter Berücksichtigung ihrer absehbaren Folgen in der wirklichen Welt, erscheinen als naiv, wenn man „Angela Merkels Flüchtlingspolitik“ mit dem Ockham’schen Rasiermesser auf Normalgröße herunterschneidet und um der theoretischen Sparsamkeit willen heuristisch davon ausgeht, dass auch hier auf bezweckte Zwecke hin gehandelt wurde, allerdings auf andere als die erklärten, und am Ende wohl auch falsch berechnet.
Schwierig wäre dies nicht gewesen: Das PR- und Netz-Desaster mit Reem, die x-te Weigerung der CDU, ein Einwanderungsgesetz auf den Weg zu bringen, die Verärgerung der Obama-Regierung über die militärische Abstinenz der Deutschen in Syrien und das nach abermaliger Abkanzelung Griechenlands auf einen Tiefpunkt gesunkene internationale Ansehen (Merkel und Schäuble europaweit mit Hakenkreuzen dekoriert) waren Gründe genug, ein „freundliches Gesicht“ zu zeigen.
Mittlerweile weiß man aus dem Buch von Robin Alexander, dass die Grenzöffnung ursprünglich nur eine Woche dauern sollte; ihre Beendigung erschien dann aber wegen der überwältigend ausgebrochenen Willkommenseuphorie innenpolitisch riskant und musste deshalb funktional äquivalent auf die europäische Ebene verlagert werden, mit Erdogan als Ersatz für Orbán.
Was folgte, war politics as usual, angeleitet von demoskopischen Gewinn-und-Verlust-Rechnungen, die den kühnen Versuch nahelegten, sich gleichermaßen für wie gegen offene Grenzen zu positionieren. Jeder Reporter, der sein Geld wert gewesen wäre, hätte das recherchieren können; es passte aber nicht in die Stimmungslandschaft. So dauerte es bis lange nach der Kölner Silvesterparty, bis diejenigen, die sich im Herbst 2015 zu einer Einheitsmedienlandschaft zusammengefunden hatten, die bei Strafe moralische Exkommunikation nicht so genannt werden durfte, sich für ihre eigen- oder auch fremdwillige Deutung der Aufgaben ihres „vierten Standes“ zu entschuldigen begannen.
Das von den deutschen Ereignissen befremdete Ausland konnte sich diese, auch wegen des Ausbleibens einer kritischen Diskussion in Deutschland selbst, nur als Versuch erklären, das deutsche Image in der Welt zu verbessern, wenn nicht direkt als Ausfluss eines inneren Bedürfnisses, für den deutschen Völkermord Buße zu tun. Dass auch in Deutschland, teilweise ermutigt durch die Reaktionen im Ausland, die unbegrenzte Immigrantenaufnahme als Methode und Ausweis moralischer Selbstrehabilitierung empfunden wurde, durch dessen Kritik man sich außerhalb der Gemeinschaft stellte, kann dem gut ausgebauten Meinungsforschungsapparat der Regierung nicht entgangen sein.
Merkel jedenfalls ließ sich die Deutung der deutschen Entgrenzung als Abgeltung deutscher Schuld – weit entfernt davon, ihr erschrocken zu widersprechen – als Hilfe bei der Festigung ihres innenpolitischen Großblocks gerne gefallen. Die Genugtuung war groß, als „Time Magazine“ sie Ende 2015 zur „Person of the Year“ und „Kanzlerin der Freien Welt“ kürte („Die Pfarrerstochter setzte Barmherzigkeit ein wie eine Waffe“), die Grenzöffnung als „Abzahlung“ auf die deutsche „Nazi-Vergangenheit“ einordnete und bemerkte, dass man nur selten Gelegenheit habe, „eine politische Führungsfigur beim Abwerfen einer alten und quälenden nationalen Identität“ zu beobachten.
Als kurze Zeit darauf, bei der jährlichen Begehung des Auschwitz-Gedenktags in Deutschen Bundestag – die Verhandlungen mit Erdogan waren bereits im Gang –, die Rednerin, eine Überlebende des deutschen Massenmords, am Schluss ihres Vortrags erklärte, „dieses Land, das vor achtzig Jahren für die schlimmsten Verbrechen des Jahrhunderts verantwortlich war“, habe „heute den Beifall der Welt gewonnen, dank seiner geöffneten Grenze“, erhob sich das Plenum, das bis dahin, vermutlich doch wohl betroffen, geschwiegen hatte, und applaudierte ebenfalls: Der Rednerin? Der Kanzlerin? Sich selbst?
So war Opposition gegen Merkels Breites Bündnis schon bald nicht nur „rechts“, sondern ein Rückfall in den Nationalsozialismus und rassistisch – Antifa als politische Bazooka, auch in weniger sektiererischen Kontexten als dem „Neuen Deutschland“, wo der gerade zum Vorsitzenden einer neuen Kleinpartei aufgestiegene Soziologe Stephan Lessenich unter Übernahme der altehrwürdigen Technik der Namensverhunzung dekretierte, man müsse „beginnen zu glauben, dass auch all die Wagentaines und Lafonknechts in der LINKEN und um die LINKE herum nicht (einfach nur) sauer sind, sondern Rassisten“. Es reichte, zu denken, dass die Politik der offenen Grenze weder politisch noch wirtschaftlich, noch auch nur humanitär „nachhaltig“ sein konnte, um sich nur noch von der aus dem Verfassungsbogen herausdefinierten AfD und, vielleicht, der wegen ihrer Allianz mit Merkel allerdings unglaubwürdigen Seehofer-CSU öffentlich vertreten zu finden. So schmerzhaft dies für manchen gewesen sein mag, so förderlich war es für die AfD als Partei.
Das Ende
Im Rückblick sind die enormen Kosten erkennbar, die Angela Merkel und ihr Breites Bündnis der deutschen Politik hinterlassen haben. Auch eine Virtuosin wie die Kanzlerin war am Ende nicht dagegen gefeit, den Bogen zu überspannen. Politik, noch so gekonnt von Bild zu Bild, Stimmung zu Stimmung und Bündnis zu Bündnis gewendet, hat eben, anders als in der postdemokratischen Utopie, auch andere als nur machttechnische Folgen. Merkels germanozentrische „Flüchtlingspolitik“, ohne Vorwarnung der Partnerländer überfallartig ins Werk gesetzt, hat den Ausgang des Brexit-Referendums mitverursacht und die Ablehnungsfront der Ostländer konsolidiert und durch Österreich verstärkt. Auch werden sich die den Südländern und Frankreich opportunistisch von Fall zu Fall gemachten „proeuropäischen“ Versprechungen mit der FDP in der Regierung und der AfD im Parlament nicht einlösen lassen. Die als Folge ins Haus stehenden Krisen wird selbst die willigste Medienmaschine nicht mehr überblenden können.
Aber auch innenpolitisch ist die Messe gelesen. Dass die SPD, die sich weder für noch gegen „Angela Merkels Flüchtlingspolitik“ erklären wollte, deren Gegnern als Befürworter und deren Befürwortern als Gegner erschien und dadurch „rechts“ wie „links“ Stimmen verlor, hätte Merkel normalerweise stille Genugtuung bereiten können – wenn die Verluste nicht so hoch gewesen wären, dass die Partei sich aus Merkels Koalitionsportfolio verabschieden musste. Schlimmer noch, der regierungsamtliche Antifaschismus vermochte die auf die Mitte zielende Ablehnung einer „Obergrenze“ nicht auf Dauer nach rechts abzusichern.
Während links das Versprechen, 2015 werde „sich nicht wiederholen“, noch einmal als legitimes Tarnmanöver gegenüber einem unheilbar xenophoben Wahlvolk approbiert wurde, reichte es rechts nicht mehr aus, die nach links gerichtete Beteuerung zu neutralisieren, man habe alles richtig gemacht. Am Ende hatte Merkel die Bereitschaft der rechten Mitte zur Hinnahme kognitiver Dissonanzen ebenso überschätzt wie die Fähigkeit ihres „breiten Bündnisses“ zur wahlpolitischen Ausbürgerung der neuen Konkurrenz.
Diese ist nun im Bundestag, als bleibende Hinterlassenschaft der Ära Merkel, wo sie die bis dahin als AfD-Fragen unbehandelt gelassenen Themen bohrend zur Sprache bringen kann, vorausgesetzt, dass eine neue Geschäftsordnung dies nicht verhindert und sie selbst lernt, halbwegs diszipliniert aufzutreten. Dabei speist sich die Existenz der AfD als Partei mehr als erwartet aus der Substanz von CDU und CSU. Um die Blutung zu stoppen, hatte Merkel die wichtigste moralische Ressource des Landes, das Erschrecken vor seinen historischen Verbrechen, ebenso bedenken- wie letztlich erfolglos eingesetzt – verbraucht zu Zwecken politischer Machterhaltung um den Preis einer Trivialisierung von Faschismus und Rassismus.
Es ist fraglich, wie erneuerbar diese Ressource sein kann, wenn denen, die in vorgespielter Vergangenheitsvergessenheit mit Reizworten aus dem alt-rechten Vokabular auf Stimmenfang gehen, weiterhin Gelegenheit gegeben wird, sich nicht zu Unrecht als die Einzigen zu präsentieren, die die Krisen moderner Staatlichkeit im Zeitalter neoliberaler Globalisierung zur politischen Sprache bringen.
Angela Merkel könnte das egal sein, besonders wenn die SPD-Führung sich erholen und ihr den absehbaren Ärger mit Jamaika ersparen würde. Unter den Abgeordneten der Unionsparteien aber dürfte sich schon jetzt eine hinreichend große Zahl finden, die bei einer abermaligen Kanzlerkandidatur Merkels in vier Jahren um ihre Wiederwahl fürchten müssten, zumal eine weitere Vergrößerung des Bundestags beim besten Willen nicht „darstellbar“ wäre. Sie werden verlangen, dass in der Mitte der Legislaturperiode der Hof übergeben wird. Spätestens dann könnte es wieder Politik geben in Deutschland.
Wolfgang Streeck, Jahrgang 1946, ist Direktor emeritus am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln. Zuletzt erschien bei Suhrkamp „Die gekaufte Zeit. Die vertagte Krise des demokratischen Kapitalismus“ (2015).
Al Gores Plan zur Lösung der Klimakrise
Der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore ist ein Vorreiter im Kampf für den Klimaschutz. Er gilt als Vordenker in der Klimadebatte und hat dem Klimaschutz eine Stimme verliehen.
Gore arbeitet eng mit den wichtigsten Verantwortlichen zusammen, um international verbindliche Vereinbarungen im Sinne von Schadstoffreduzierungen zu erreichen. Seine Bücher sorgten weltweit dafür, das die fortschreitende Klimaerwärmung verstärkt ins öffentliche Bewusstsein drang.
»Wir haben die Wahl« ist Al Gores neues Debattenbuch mit Lösungsvorschlägen für die schwierigste Krise der Menschheitsgeschichte. Dieses Buch gibt einen Überblick über die effektivsten, heute zur Verfügung stehenden Lösungen und enthält einen Plan zur Lösung der Klimakrise. Gores Botschaft lautet: Im Kampf gegen die Klimakrise sind Lösungen möglich.
uns fehlt nur die Bereitschaft zum Handeln.«
Al Gore
Al Gore beschreibt, dass die Klimakrise die Menschheit vor gewaltige Herausforderungen stellt, aber auch die einmalige Chance enthält, lange vernachlässigte Probleme und Ursachen von Leid und Elend anzugehen. Zu ihrer Lösung stehen genügend Möglichkeiten zur Verfügung. Es geht aber um mehr: Wir stehen vor der Entscheidung, auf welcher Erde wir leben werden.
»Wir haben die Wahl« ist Al Gores visionärer Entwurf für die Lösung unserer globalen Klimakrise. Mit einem gemeinsamen Willen können diese gewaltigen Aufgaben angenommen und zum Erfolg geführt werden. Die Lösungen sind möglich, wenn auch nicht immer politisch durchsetzbar. Das Hauptproblem der Klimakrise scheint nach wie vor die politische Durchsetzbarkeit der vorhandenen Lösungen zu sein, denn dazu fehlt noch immer der gemeinsame politische Wille.
Unterstützen Sie diesen Blog durch den Kauf eines Buches!
»Wir haben die Wahl« von Al Gore
Samstag, 17. November 2018
Klimaschutz im Würgegriff der Lobbyisten
Klimaschutz als bloßes Lippenbekentnnis - entgegen den vollmundigen Absichtserklärungen passiert nichts. Und immer wieder Halbherzigkeit, wie sie auch hier wieder zur Schau gestellt wird, dort wo Entschlossenheit gefragt wäre: Wasch mir den Pelz aber mach mich nicht nass.
Klimaschutz befindet sich im Würgegriff der Lobbyisten. Immer wenn wirtschaftliche Interessen dem Klimaschutz entgegenstehen, wird aus Angst der Gefährdung von Arbeitsplätzen nichts für den Klimaschutz unternommen. So wird auch gegen die größten Umweltverschmutzer auf Seiten der Industrie nichts unternommen. Die ökonomischen Interessen sind so dominant, daß nichts gegen den Klimaschutz unternommen wird. So auch beim Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohleenergie.
Der Einfluß des Menschen auf den Klimawandel ist unbestritten. Dass der Mensch durch die Verbrennung von Kohle und Öl und dem damit verbundenen Ausstoß von jährlich ca. 36 Milliarden Tonnen CO2 keinen Einfluß auf das Klima hat, glauben nur komplette Ignoranten und Befürworter eines unkontrollierten Wirtschaftswachstums ohne Rücksicht auf Mensch und Umwelt. Die Oberschicht zerstört den Planeten. Viele haben noch nicht mal begriffen, dass sie ein Teil des Problems sind.
Die Politik erweist sich immer wieder als größter Blockierer des Klimaschutzes. Beim Klimaschutz ist mal da anzufangen, wo es am sinnvollsten ist: Abschalten der Braunkohlekraftwerke in D, Nachrüsten von umweltschädlichen Diesel-Fahrzeugen, Verlagerung des Gütertransportes auf die Schiene, Abschaffung der Massentierhaltung mit ihrer umweltschädlichen Gülleproduktion.
Auch die Politiker befinden sich im Würgegriff der Lobbyisten. Solange Frau Klöckner völlig sinnfreie Phrasen drischt, um ihre Lobbyisten-Kumpels bei Laune zu halten, die Massentierhaltung tonnenweise überproduziert und subventioniert und mit perfiden Verbrauchertäuschungen auch noch in die Mägen derer, die nicht so die schärfsten Messer in der Schublade sind, befördert wird, Just for fun and money Formel 1- und Motorradrennen gefahren werden, statt Videokonferenzen abzuhalten, jeder Hinz-und-Kunz-Minister mit seinem fetten Jet um die Welt fliegt um 20 Minuten mit irgendwem zu reden, Onlineshopping nicht irgendwie beschränkt wird, sondern die Supermärkte auch noch Lieferdienste anbieten dürfen, so lange nimmt man niemand der Regierung ab, dass Klimaschutz auch nur im Entferntesten auf ihrer Agenda steht.
Mittwoch, 14. November 2018
Friedrich Merz will als CDU-Vorsitzender kandidieren
Der Finanzlobbyist Friedrich Merz will als CDU-Chef kandidieren. Merz als Mitglied der Hochfinanzwelt passt gut in die Reihe der Millionäre im Amt, ob Macron oder Trump.
Der Mann hatte verstanden, dass das deutsche Steuerrecht - das komplizierteste der Welt - gründlich entrümpelt gehört. Die Bevorzugung von Superreichen, die unter Merkel so aufgeblüht sind (siehe auch Cum-Ex Skandal unter fast 15-jähriger wohlwollender Billigung des Bundesfinanzministeriums. Schließlich kam der „Referentenentwurf“ auch vom Bankenverband) muss aufhören zugunsten der Abschaffung der kalten Progression.
Außerdem ist die Abgabenquote (aus Steuern und Sozialabgaben) in Deutschland die höchste aller OECD-Länder.
Schließlich sollte endlich Kapital stärker oder wenigsten equivalent zur Arbeitsleistung besteuert werden. In Deutschland ist außerdem in den letzten 30 Jahre.
Auf allen Ebenen ist unter Merkel ein System von Günstlingswirtschaft entstanden, das es so wohl nur noch selten in Europa gibt. Ohne Vitamin B geht hierzulande fast überhaupt nichts mehr. Merz wäre jemand, dem ich zutrauen würde an dieses System endlich mal die Axt anzulegen.
Gregor Gysi hat einmal formuliert, dass es die historische Verantwortung wertkonservativer Parteien sei, die Interessen Wertkonservativer zu vertreten. Eine CDU, der man nachsagt, dass sie unter A. Merkel weit nach links gerückt ist (ich sehe es anders), hat rechts viele Räume gelassen, die die rechtsradikalen Parteien/Bewegungen zu besetzen versuchen - zum Schaden der bürgerlichen Demokratie und unserer Verfassungsordnung. Wenn die CDU unter Merz sich wieder mehr auf ihre "historische Mission" besinnt, dann wird auch wieder mehr Platz zum Atmen für die SPD und andere Mitte-Links-Organisationen einschließlich der Linken.
Merz als Mitglied der Hochfinanzwelt passt gut in die Reihe der Millionäre im Amt, ob Macron oder Trump. Die kapitalistische Klasse überlässt die Verwaltung ihres Systems offensichtlich nicht mehr so gerne Dahergelaufenen wie Schröder oder Wulf. Ob das für den gemeinen Bürger besser ist? Die Spaltung der Gesellschaft vertieft sich beidseits des Atlantiks.
Sonntag, 11. November 2018
Ende des Ersten Weltkrieges
Erschüttert von politischen, militärischen und sozialen Konflikten, brachen die Monarchien in Europa zusammen. Der Erste Weltkrieg wurde von 1914 bis 1918 in Europa, im Nahen Osten, in Afrika, Ostasien und auf den Ozeanen geführt. Etwa 17 Millionen Menschen verloren dadurch ihr Leben. Er endete mit dem Waffenstillstand von Compiègne am 11. November 1918, der einen Sieg der aus der Triple-Entente hervorgegangenen Kriegskoalition bedeutete. Begonnen hat er am 28. Juli 1914 mit der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien, der das Attentat von Sarajevo vom 28. Juni 1914 und die dadurch ausgelöste Julikrise vorausgegangen waren.
Als am 28. Juni 1914 ein bosnisch-serbischer Attentäter im bosnisch-österreichischen Sarajewo den Habsburger Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand ermordet, spitzt sich die Lage zwischen Habsburg und Serbien unversehens zu. Das Deutsche Reich stellt sich sofort in Bündnistreue hinter Habsburg. Die Regierung in Wien mißbraucht dies als Blankoscheck und überzieht ihre Drohungen und Ultimaten an das souveräne Serbien, zu dessen „Nutzen“ das Attentat begangen worden ist.
Wenigstens nicht im Umkreis der uns bekannten abendländischen Welt.
Die alten Völker Europas sind heute, im sinkenden Zyklus des zwanzigsten Jahrhudnerts, ernüchtert -
womit nicht gesagt ist, daß sie einsichtiger oder klüger geworden seien.«
Carl Zuckmayer
Wesentliche Kriegsbeteiligte waren Deutschland, Österreich-Ungarn, das Osmanische Reich und Bulgarien einerseits sowie Frankreich, Großbritannien und das Britische Weltreich, Russland, Serbien, Belgien, Italien, Rumänien, Japan und die USA andererseits. 40 Staaten beteiligten sich am bis dahin umfassendsten Krieg der Geschichte, insgesamt standen annähernd 70 Millionen Menschen unter Waffen.
Am 11. November um fünf Uhr morgens unterzeichneten beide Delegationen den Waffenstillstand von Compiègne. Dieser sah unter anderem die Räumung der von der deutschen Armee besetzten Gebiete binnen 14 Tage sowie des linken Rheinufers und dreier Brückenköpfe in Mainz, Koblenz und Köln innerhalb von 25 Tagen vor.
Der deutsche Reichtagsabgeordnete Matthias Erzberger unterzeichnete ein Waffenstillstandsabkommen. Der Erste Weltkrieg war damit faktisch - wenn auch nicht völkerrechtlich - beendet. Am 11. November 1918 dankt Karl I., Kaiser von Österreich, ab und beendet damit die über 600 Jahre währende Herrschaft der Habsburger-Dynastie. Erschüttert von politischen, militärischen und sozialen Konflikten, brach das Habsburger Reich zusammen.
In einer komplexen Welt, in der gegenseitiges Misstrauen, Fehleinschätzungen, Überheblichkeit, Expansionspläne und nationalistische Bestrebungen zu einer Situation führten, in der ein Funke genügte, den Krieg auszulösen, dessen verheerende Folgen kaum jemand abzuschätzen vermochte.
Der Erste Weltkrieg hat die Brutalität der industrieellen Kriegsführung der Welt vor Augen geführt. Eine ganze Generation von hoffnungsvollen jungen Menschen ging im Ersten Weltkrieg verloren. Die, die überlebt hatten, waren oft schwer verwundet oder traumatisiert.
Literatur:
Die Schlafwandler: Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog
von Christopher Clark und Norbert Juraschitz
Der Große Krieg: Die Welt 1914 bis 1918> von Herfried Münkler
Blog-Artikel:
Die Schüsse von Sarajevo veränderten die Welt
1914 Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien
Europa auf dem Weg in den Abgrund
Donnerstag, 8. November 2018
Freistaat Bayern vor 100 Jahren ausgerufen
Der Freistaat Bayern wurde vor 100 Jahren ausgerufen. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und der Absetzung des bayerischen Königs beginnt der magische Moment, in dem alles möglich erscheint: radikaler Pazifismus, direkte Demokratie, soziale Gerechtigkeit, die Herrschaft der Fantasie. An der Spitze der Rätebewegung stehen die Schriftsteller Ernst Toller, Gustav Landauer und Erich Mühsam, die Literatur in Wirklichkeit verwandeln wollen. Doch auf die Tage euphorischer Aufbruchstimmung folgt rasch Ernüchterung. Der Traum währte nur solange, bis die reaktionären Kräfte zurückschlugen und die Revolution niederschossen.
Nachdem die Revolutionäre Einrichtungen wie den Hauptbahnhof, Gebäude der Regierung oder militärische Einrichtungen ohne Widerstand besetzt hatten, hielt Kurt Eisner eine Versammlung im Franziskaner-Bierkeller ab und nahm danach im Mathäserbräu an einer Massenveranstaltung teil. Dort wurde ein Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrat gebildet. Zum Vorsitzenden wurde Franz Schmitt (SPD) gewählt.
Kurt Eisner verkündete in der ersten Stunde des 8. November den Freien Volksstaat Bayern als Freistaat.
Der bayerische Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrat wählte eine Revolutionsregierung aus USPD und SPD mit Kurt Eisner (USPD) als Ministerpräsident und Außenminister, Erhard Auer (SPD) als Innenminister, Johannes Hoffmann (SPD) als Kultusminister, Edgar Jaffé (USPD) als Finanzminister und Albert Roßhaupter (SPD) als Militärminister.
Ein provisorischer Nationalrat, der sich aus Vertretern des Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrates, der Gewerkschaften, der Berufs- und Frauenverbände und den Fraktionen der SPD und des Bauernbundes im bayerischen Landtag zusammensetzte, trat an die Stelle des ehemaligen Landtags der Monarchie.
»Träumer - Als die Dichter die Macht übernahmen« ist ein historiographischer Roman des Autors und Journalisten Volker Weidermann über einen besonderen Moment der bayrischen Geschichte. Der Freistaat Bayern wurde im November 1918 ausgerufen. Kurt Eisner verkündete in der ersten Stunde des 8. November den Freien Volksstaat Bayern als Freistaat. Und die Dichter an der Macht blieben eine bayrische Episode, denn die Restauration hat die Revolution besiegt.
Der Autor erzählt spannend von den Protagonisten und Widersachern der Münchner Räterepublik, wechselt behände die Perspektive zwischen Eisner, Mann und Hitler, dass es einem ganz wirr im Kopf wird, aber es waren eben auch wirre Zeiten.
Weblinks:
Revolution, 1918/1919 – Historisches Lexikon Bayerns - www.historisches-lexikon-bayerns.de
Freistaat Bayern – Historisches Lexikon Bayerns - www.historisches-lexikon-bayerns.de
November 1918 – das Ende einer Ära - bergundtotschlag.wordpress.com
Literatur:
Träumer - Als die Dichter die Macht übernahmen von Volker Weidermann
Dienstag, 6. November 2018
Kanzlerin Merkels Rücktritt und die Folgen
Kanzlerin Merkel erklärt ihren Rücktritt - die Message ist ja endlich bei Merkel angekommen, sie hatte als Wissenschaftlerin eine sehr ungewöhnlich lange Leitung. Sie hinterlässt uns nichts ausser verbrannter Erde in Deutschland und noch den maximalen GAU mit gestärkten Grünen, einer präsenten AfD sowie ein Land gefüllt mit ca. 2 Millionen Neuankömmlingen, die keiner wirklich gebrauchen kann.
Ihre konsequente antideutsche Politik hat am Ende zuviele deutsche Wähler vertrieben, wer hätte das gedacht. Good job, Angie. Frau Merkel sollte nicht noch in Versuchung kommen und auf ihrem Weg in ihre persoenliche Bedeutungslosigkeit noch den Global Pakt for Migration zu unterschreiben, denn dass würde ihr niemand verzeihen. Das einzig Gute dabei ist, die SPD hat es nochmal über die 5 Prozent Hürde geschafft, aber auch die Basis dort muss sich überlegen wieviele historische Wahlniederlagen sie mit ihrem Spitzenpersonal noch einfahren will bis endlich mal einer konsequent den Stecker zieht. -->
Frau Merkel hat sich mit ihrer vierten Kanzlerschaft und Regierung einen Bärendienst erwiesen und sich dabei keinen Gefallen getan und sollte dieses Sterben auf Raten beenden und Platz machen für einen Neuanfang mit jungen, dynamischen und mutigen Politikern.
Es kann folgendes Szenario entstehen: Mit einem Vorsitzenden Merz oder Spahn rückt die CDU weiter nach rechts, wo die CSU längst ist, kämpft um die AfD-Klientel - und links davon ist genug Raum für eine vernünftige solide soziale weltoffene ökologische Koalition anderer Parteien, damit die C-Parteien sich gut erholen und erneuern können.
Ihr angekündigter Rücktritt ist ein Abschied auf Raten: Es ist völlig klar, dass Merkel mit einem Vorsitzenden Merz oder Spahn auch als Kanzlerin nur noch wenige Wochen im Amt bleiben würde.
Weblinks:
Angela Merkel-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de
Angela Merkel-Zitate - www.die-zitate.de
Samstag, 3. November 2018
Götterdämmerung - Kanzlerin Merkel erklärt ihren Rücktritt
Es ist der Beginn vom Ende der Ära Merkel: Die CDU-Chefin will im Dezember den Parteivorsitz abgeben. Nach Ende der Legislaturperiode zieht sie sich aus der Politik zurück. Die Kanzlerin ist am Ende ihrer Kanzlerschaft angekommen. Es scheint, als hätte sie die Zeichen der Zeit erkannt.
Frau Merkel zieht nur teilweise die richtigen Konsequenzen, denn sie sollte auch als Kanzlerin sofort zurücktreten, und den Weg für Neuwahlen freimachen. Im letzten Jahr hatte Frau Merkel leider auch nicht verstanden, das es ein Fehler ist, noch einmal als Kanzlerin anzutreten, und das es ein noch größerer Fehler war, in diese GroKo einzutreten. Jetzt steht sie quasi vor dem Scherbenhaufen ihres politischen Lebens.
Merkel hat zu spät verstanden und sollte sich schneller zurück ziehen, als es sich jetzt darstellt. Auch muss völlig neues Personal für Erneuerung ans Werk. Die angekündigten KandidatInnen sind alle fehl am Platz. Nun ist Merkel nach eigenen Aussagen das, was die US-Amerikaner eine „lame duck“ nennen, d.h. ein Politiker, dessen Tage im Amt gezählt sind.
Sie hat zeitweise die FDP und aktuell die SPD praktisch ruiniert, durch unkluge Migrantenpolitik das Erstarken von Rechtsradikalen ermöglicht und kein einziges zukunftswichtiges Problem angepackt oder geloest. Die Agenda 2010 ihres Vorgaengers hat sie durch die eigene Amtszeit getragen. Die Aufarbeitung der Merkel Aera wird sich weit in die kommenden Generationen hineinziehen.
Die CDU wird versuchen, nach Merkels Abgang wieder in ihre alte Ecke zu kommen. Der Linksdrift unter Merkel hat der CDU nämlich genügend Stimmen gekostet. So lange Merkel aber Kanzlerin ist werden die Verluste steigen.
Die Kanzlerin der konservativen Besitzstandswahrung Merkel war politisch ein reiner Rohrkrepierer. Keines der zukunftsweisenden Probleme wurde von ihr angegangen, geschweige denn gelöst: Vom Atomausstieg bis zur Migrantenfrage, Politik wurde meist in Panik oder durch Aussitzen entschieden. Allzu viele Fehlbesetzungen bei den Ministern, welche dem Land nicht wirklich gedient haben, ergaben ihr Übriges.
Die SPD vor dem Absturz
Die SPD steht nach den Landtagswahlen in Hessen und Bayern vor dem Absturz in die Bedeutungslosigkeit. Die SPD hat es nochmal über die 5 Prozent Hürde geschafft, aber auch die Basis dort muss sich überlegen, wieviele historische Wahlniederlagen sie mit ihrem Spitzenpersonal noch einfahren will, bis endlich mal einer konsequent den Stecker zieht.
Die SPD steht heute für keine Werte und Vorstellungen mehr, mit der sich die Wähler identifizieren können und so ist es kein Wunder, daß die SPD für viele heute keine wählbare Alternative mehr darstellt und die Wähler ihre Stimme anderen Parteien geben oder den Wahlen fernbleiben.
Die SPD kämpft ihren Agenda 2010 Krieg mit der Anti-Werbung "Gerhard Schröder" plus seinen Konsorten, anstatt sich auf das hier und jetzt zu konzentrieren und ein oder zwei Themen massiv zu besetzen. Die SPD schläft und schläft und schläft und die CDU ist zu einer Wischi-Waschi-Partei geworden.
Solange die SPD die falsche Schrödersche Politik (Hartz 4, starke Steuersenkungen für die Unternehmen, Ausbau der Leiharbeit) weiterhin im Grunde fortführt, wird der Abstieg dieser einstmals so stolzen Volkspartei auch 2019 fortgesetzt werden.
Weil die Sozialdemokraten der inzwischen voll auf Neoliberalismus eingeschworenen Ökonomie halfen, ihre Vorstellungen von Gesellschaft umzusetzen, fielen sie ihren Wählern immer mehr in den Rücken.
Gabriel, Schulz oder Nahles, die sind so sehr mit Überleben beschäftigt, die kommen gar nicht dazu, Probleme zu erkennen.
Der Ruf nach einer Erneuerung der alten Partei bleibt jedoch ungehört. Politischer Mut gehört nicht zu den Charaktereigenschaften der SPD-Politiker.
So bleibt der SPD das Klammern an der GroKo, zu der sie ein neuerliches Bekenntnis abgelegt hat und an der sich die Partei wie an einen Strohhalm festklammert, um an der Macht zu bleben.
Die Grünen auf dem Weg zur Volkspartei
Die Grünen sind die neue soziale Kraft der Mitte, welche die Themen angeht, die die anderen Parteien vernachlässigen, dem Bürger und Wähler aber wichtig sind. Die Klimaziele verfehlt, von den Autofirmen, der Kohlelobby und dem Bauernverband verschaukelt. Der Planet ist bis zum Hals vermüllt. Darum wählen Menschen grün.
Die Grünen haben kein abgrenzbares Spektrum - das macht sie einerseits in den Ländern so unterschiedlich und so wenig vergleichbar. Andererseits kann es zu überraschenden Höhenflügen führen, aber genauso auch zum tiefen Abstieg, wie man nach Rot-Grün 2003 gesehen hat.
Die Grünen sind das Besserwisser- und Leistungsbürgertum, die die Sozialpolitik der Agenda 2010 mitinszeniert und mitgetragen hat. Das haben aber anscheinend alle vergessen. Die Grünen sind also eine Spartenpartei monetären Ursprungs.
Das Leistungsbürgertum hat einen faschistischen Denkansatz. Die Welt wird nicht besser durch Öko-Weizen für 20 EUR das Kilo, denn dieser wird in Rumänien usw. angepflanzt, und führt zu Getreidemangel für die arme Bevölkerung. Hura in München, Freiburg, Tübingen.
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