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Mittwoch, 1. Mai 2019

Bürgergeld in Italien als sozialpolitische Revolution


Die Regierung in Rom zahlt das neue Bürgergeld aus. Es soll Bedürftige absichern und die Wirtschaft ankurbeln. Bei den Empfängern ist die Freude groß, doch es gibt auch Enttäuschungen.

In Italien hat sich damit ein gesunder Pragmatismus durchgesetzt, mit dem genau den Menschen geholfen wird, die es wirklich nötig haben. Die Idee, Sozialhilfe zweckgebunden auszuzahlen, ist einem gesunden Pragmatismus der rechtspopulistischen Regierung gestundet.

Es ist erstaunlich, daß die Italiener es schaffen, einen Großteil des Bürgergeldes quasi als Sachleistung und zweckgebunden per Zahlkarte auszuzahlen. Das sollte auch bei der Sozialhilfe und Hartz IV in Deutschland so eingeführt werden, wo bislang nur darüber diskutiert wird - und diese Lösung unverständlicherweise strikt abgelehnt wird. In Deutschland ist die Zeit offensichtlich noch nicht reif für Grundeinkommen und selbst wenn es jemals eingeführt würde, würde es für die Bezieher nur jämmerlich gering ausfallen!

Die Italiener können es offensichtlich besser. Das Bürgergeld kurbelt die italienische Wirtschaft an, und über das Geldkartensystem (frei wählbare Sachleistung) fällt, über Steuern des Händlers, das "geliehene" Geld doch an den Staat wieder zurück. Und es wird den hilfsbedürftigen Italienern geholfen. Die rechtspopulistische Regierung wird damit ihrem Wort gerecht, denn sie tut etwas für iht Volk, und ist ein gutes Vorbild. Doch wenn es um Geld von Staat geht, sind die Italiener ziemlich erfinderisch. Man darf gespannt sein, ob es nächstes Jahr diese Zahlkarte noch geben wird.

Das bedingungsloses Grundeinkommen oder ähnliches wäre eine gute Möglichkeit, für faire Arbeitsbedingungen zu sorgen - denn dann kann der Staat (mittels ARGE) den Bürger nicht mehr erpressen, die schlecht bezahlten Jobs anzunehmen. Die Wirtschaft, das gesamte Leben müssten endlich umdenken, weg von der Wachstumsgesellschaft hin zum Erhalt voin Werten. Aber es ist zu befürchten, daß sich ein Grundeinkommen hier nicht durchsetzen läßt, weil die Angst vor Veränderungen die Leute beherrscht.

Blog-Artikel:

Die Zeit noch nicht reif für Grundeinkommen

Freitag, 1. Juni 2018

Conte in Italien erneut mit Regierungsbildung beauftragt

Italiens Staatschef Sergio Mattarella und der Jurist Giuseppe Conte

Nach der erneuten Einigung von Lega und Fünf Sterne ist Giuseppe Conte zum zweiten Mal mit der Regierungsbildung in Italien beauftragt worden. Er und sein Kabinett sollen am Freitag vereidigt werden. Das Bündnis eint offensichtlich der Wille, unbedingt regieren zu wollen..

Das Schlimmste zum Schaden der Demokratie wurde abgewendet. Es wäre ziemlich bitter gewesen wenn ein ganzes Land nach einer demokratischen Wahl von der Einzelperson Mattarella mittels einer nicht gewählten Technokratenregierung politisch komplett blockiert worden wäre.

Eine Neuwahl innerhalb nur eines Jahres wie sie Mattarella erst vorgesehen hatte wäre selbst für das politisch stets turbulente Italien eine Premiere gewesen. Gut für die italienische Demokratie dass dieses Desaster nochmal abgewendet werden konnte.

Da wurde wohl die Notbremse gezogen, die nächste Wahl wäre wohl schlimmer gewesen als die jetzige. Kluge Entscheidung würde ich sagen, den Technokraten nicht regieren zu lassen. Das hätte die Wähler wohl ziemlich aufgebracht.

Blog-Artikel:

Der Ministerpräsident, das unbekannte Wesen - der-narrenspiegel.blogspot.com

Montag, 28. Mai 2018

Regierungsbildung in Italien gescheitert

Italiens Kandidat für das Amt des Premierministers Giuseppe Conte nach einem Treffen beim italienischen Präsidenten Sergio Mattarella im Präsidentenpalast Quirinale in Rom.

In Italien ist die geplante europakritische Regierungskoalition geplatzt. Der designierte Ministerpräsident Conte gab seinen Auftrag zur Regierungsbildung zurück. Fünf-Sterne-Chef Di Maio forderte nun die Absetzung des Staatspräsidenten Sergio Mattarella. Der Präsident verhindert die demokratisch gewählte Regierung. Grund: Die Finanzmärkte würden die demokratisch getroffene Entscheidungen, einen Finanzminister zu bestimmen, nicht akzeptieren.

Der Präsident Italiens lässt eine Regierung platzen, weil ihm ein europakritischer Minister nicht passt. Sergio Mattarella verhindert die demokratisch gewählte Regierung. Der Grund hierfür: Die Finanzmärkte würden die demokratisch getroffene Entscheidungen, einen Finanzminister zu bestimmen, nicht akzeptieren.Der Entscheid von Mattarella heute wird den Politikverdruss in Italien noch weiter steigern.

Avanti Dilettanti! - Erwartungsgemäß ist diese Nation offenkundig nicht im Stande, stabile Verhältnisse zu generieren. Das politische Signal, welches aus Rom ausgeht: die Populisten können es nicht, wenn es um verantwortete Politikgestaltung geht. Schön, dass solches am gleichen Tag geschieht wie die große Gegendemo gegen die AfD in Berlin.


Blog-Artikel:

Ein frischer Wind weht durch die EU

Neue Regierung in Italien

EU-Reformvorschläge bis zum Sommer

Merkel und Macron wollen EU-Reformen









Samstag, 26. Mai 2018

Ein frischer Wind weht durch die EU

Flaggen Italiens und der EU

Der französische Ökonom Thomas Piketty verweist zu Recht auf das vielleicht wichtigste Legitimitätsproblem des Kapitalismus - die ungleiche Verteilung von Wohlstand. Die Verteilungsfrage ist vielleicht die größte Herausforderung für den Kapitalismus seit der Zeit der großen Kartellgesetze zum Ende des 19. Jahrhunderts.

Die neue Regierung aus dem Bündnis von "Lega Nord" und "Cinque Stelle" in Italien will sich für die sozial Benachteiligten einsetzen. Ist das wirklich ernst gemeint oder nur Populismus?


Wo Marcron für eine Zementierung der bestehenden Verhältnisse der Umverteilung von unten nach oben steht, setzt sich die neue Regierung in Italien unter Conte für die sozial Benachteiligten ein. Endlich weht ein frischer Wind durch die EU. Wer sich für mehr soziale Gerechtigkeit einsetzt, wird zum Schreckgespenst der EU ernannt. Das ist genau einer jener Gründe, warum die EU von immer mehr Bürgern abgelehnt wird.

Das staatliche Umverteilungsprogramm würde Italien 100 Milliarden kosten, doch das krisengeschüttelte Land kann die Mittel hierzu nicht alleine aufbringen und hofft auf Mittel aus der EU. Die Gegenfinanzierung des Programmes steht noch nicht.

Nun herrscht das große Unbehagen, daß Italien sich von der Austeritätspolitik verabschieden könnte. Es geht die Angst um, das soziale Verbesserungen in Italien einen Domino-Effekt in Europa auslösen könnten. Und das wäre wünschenswert, denn die Umverteilung von unten nach oben muß endlich gestoppt werden. Kein Wunder, das die neue Regierung da von der EU, sowie der Finanz- und Wirtschaftswelt angeriffen wird. Diese sehen ihre Felle davonschwimmen.

Von daher ist Italiens neuer Regierung viel Erfolg zu wünschen, denn sie könnte Vorreiter für eine gerechtere Verteilung des Wohlstandes werden.

Literatur:

Das Kapital im 21. Jahrhundert
Das Kapital im 21. Jahrhundert
von Thomas Piketty


Blog-Artikel:

Der Ministerpräsident, das unbekannte Wesen - der-narrenspiegel.blogspot.com

Donnerstag, 24. Mai 2018

Neue Regierung in Italien


Italien hat eine neue Regierung aus dem Bündnis von "Lega Nord" und "Cinque Stelle". Neuer Ministerpräsident wird der unbekannte Jura-Professor Guiseppe Conte aus Florenz.

Nachdem die Vorgängerregierungen kaum etwas erreicht haben bei der Sanierung der Staatsfinanzen, der Wirtschaft und Bekämpfung von Korruption und Mafia, ist es wohl an der Zeit für neue Wege. Das Wahlvolk hat es jedenfalls so gesehen und "Cinque Sterne" und die "Lega Nord" eine Mehrheit verschafft.


Der Versuch, einen neuen Weg zu gehen, kann in einer Demokratie niemals schaden, wenn die bisherigen Staatslenker versagt haben.

Natürlich werden Herr Juncker, Frau Merkel und Konsorten nicht glücklich ueber das Ergebnis sein, aber zum Glück funktioniert Demokratie auch nicht immer nach dem Willen der Regierenden. Mario Draghis EZB hat sich ja alle Mühe gegeben, Italien mit Cash zu versorgen, allein genutzt hat es nicht viel.

Vielleicht haben der neue Ministerpräsident Conte und seine Regierung ja bessere Ideen als ihre Vorgänger. Bevor wir den Stab über sie brechen, schauen wir mal was dabei herauskommt.

Samstag, 10. März 2018

Wahl in Italien: ein Signal auch für Europa

Matteo Renzi kündigt seinen Rücktritt als Parteichef an

In Italien haben populistische Parteien das Rennen gemacht. Die Protestwahl wird den Italienern aber nichts nützen. Und dem europäischen Zusammenhalt erst recht nicht.

Die Politik der EU ist nun auch in Italien vom Wähler abgestraft worden. Wenn weite Teile in den Bevölkerungen dieses Europa so wie es ist zu weit geht, dann sind das nicht alles Nationalisten, sondern ganz einfach Europäer die ihr Europa so haben wollen, wie es gewachsen ist.

Die EU ist zum verfilzten Lobbyverein geworden, die Europäer wenden sich von ihr ab, wie man ja jetzt an Italien wieder bestens sehen kann. Das Wahlverhalten der Italiener ist durchaus  nachvollziehbar.

Wenn sich die anderen Völker Europas ähnlich verhalten, wird die EU so zur dringend notwendigen Reform gezwungen.


Blog-Artikel Italien:

Italien



Donnerstag, 8. März 2018

Matteo Renzi kündigt seinen Rücktritt als Parteichef an

Matteo Renzi kündigt seinen Rücktritt als Parteichef an

Nach der Niederlage der Sozialdemokraten in Italien hat Matteo Renzi seinen Rücktritt vom Parteivorsitz der PD angekündigt. Zugleich erklärte er, dass seine Partei in die Opposition gehen werde.

Der Parteichef des sozialdemokratischen Partito Democratico (PD), Matteo Renzi, hat die Konsequenz aus dem desaströsen Wahlergebnis seiner Partei gezogen. Er kündigte seinen Rücktritt an. "Wir haben Fehler gemacht, es ist klar, dass ich nach diesem Ergebnis die Führung des Partito Democratico aufgebe", sagte er.

Zugleich betonte er, der PD werde in die Opposition gehen und sich keinem Regierungsbündnis anschließen. Die Niederlage zwinge die Partei, eine neue Seite aufzuschlagen, erklärte er: "Ihr solltet wissen, dass unser Platz in dieser Legislaturperiode die Opposition ist. Denn der PD ist gegen die Anti-System-Parteien gegründet worden, und wird jetzt nicht zur Krücke für diese Anti-System-Parteien, womöglich nach einem Hinterzimmer-Deal."

Renzi hatte bei seinem Amtsantritt viel versprochen und wenig umgesetzt. Italien ist reformunfähig und der Kollaps wurde nur durch die desaströse Niedrigzinspolitik der EZB verhindert. Renzi hatte auch die Verlängerung seiner Amtszeit nicht genutzt.

Die Niederage der Partito Democratico (PD) im laufenden Wahlkampf war somit absehbar. Parteichef Renzi weiß wohl selbst, daß er mit seiner verfehlten Politik seinen wesentlichen Beitrag zu dieser Wahlniederlage geleistet hat. Seine Ankündigung des Rücktritts als Parteichef ist damit die logische Konsequenz. Auch Italien braucht einen politischen Neuanfang. Sein Rücktritt kann aber möglicherweise auch der Anfang einer länger dauerenden Regierungskrise in Italien sein.

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Italien - ein Land mit vielen Krisen

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Samstag, 17. Dezember 2016

Italien - ein Land mit vielen Krisen

Nach einem Erdbeben ist die Kirche im italienischen Norcia zerstört.

Italien ist ein krisengeschütteltes Land mit vielen Problemen und zu wenigen Lösungen, das vom Rücktritt des Ministerpräsidenten in einem wirklich ungünstigen Moment erwischt wurde: Milliardenschäden in den Erdbeben-Gebieten, wacklige Banken und unklare Verhältnisse im Wahlrecht, dazu die fast schon gewohnten Probleme: hohe Staatsschulden und eine stagnierende Wirtschaft - das ist eine Gemengelage, die leicht zu einer echten Krise werden könnte, beispielsweise dann, wenn die Finanzmärkte das Vertrauen verlieren und die Zinsen für italienische Staatsanleihen massiv nach oben schrauben.

Ein großer Teil dieser heute akuten Probleme, wie z.B. wacklige Banken und unklare Verhältnisse im Wahlrecht, hohe Staatsschulden und eine stagnierende Wirtschaft, sind gerade von der Regierung Renzi durch handwerkliche Fehler verursacht worden. So hat Renzi aus politischem Kalkül die Bankenstabilisierung verschleppt, um seine Erfolgschancen beim Referendum zu erhöhen. Und das merkwürdige Wahlrecht wurde von ihm selbst als das "beste Europas" dargestellt. Nun soll es geändert werden, bevor es jemals angewendet wurde.


Es wird für Italien, die EU und den Euro schwer genug, wenn nicht unmöglich die schiefe Bahn zu verlassen. Der italienische Staatspräsident hat mit Paolo Gentiloni wenigsten den Hauch einer Chance aufgezeigt. Renzi war auf dem richtigen Gleis, aber die Italiener mussten wieder einmal den Zug zum Ziel blockieren. Die Italiener müssen endlich begreifen, dass Protest und Blockaden alleine nicht weiterhelfen. Im Gegenteil, die Lage wird immer schlimmer.

Renzi hat viel versprochen und wenig umgesetzt. Italien ist reformunfähig und der Kollaps wurde nur durch die desaströse Niedrigzinspolitik der EZB verhindert. Renzi hat die Verlängerung durch die billigen Zinsen der EZB - wie viele Politiker in den EU-Ländern - nicht zu einer Reform der Wirtschaft genutzt. - Italien ist ein Land mit zu wenig Reformwillen und dem dafür geeigneten politischen Personal. Ohne Reformen wird es keinen Weg aus der Misere geben, egal wer da regiert. Der neue Minsiterpräsident Paolo Gentiloni wird also ohne grundlegende Reformen im Bereich der Politik und Wirtschaft nicht herumkommen.


Dienstag, 13. Dezember 2016

Italien hat einen neuen Ministerpräsidenten

Staatspräsident Mattarella

In erstaunlicher Unaufgeregteheit hat Italiens Staatspräsident Mattarella einen Nachfolger für Ministerpräsident Renzi gefunden. Warum die Entscheidung für Außenminister Gentiloni eine Entscheidung zum Wohl Italiens ist.

Eindeutiger wie es kaum ginge, haben die Italiener in dem Referendum gezeigt, dass sie von "Europäern" die Nase voll haben. Italien liegt ganz vorne beim Wunsch das Brüsseler Joch abzustreifen.

Mattarella gibt dem ancien regime nun eine letzte Galgenfrist und hintertreibt den Wechsel. Spätestens nach der nächsten Wahl hat das Establishment fertig. Die Abrechnung wird dann allerdings um so heftiger werden.

Paolo Gentiloni wird mit derselben Mehrheit und größtenteil derselben Regierung weitermachen.


Samstag, 3. Dezember 2016

EU-Sorgen wegen Italien

Matteo Renzi

Für die EU-Zentrale sieht das Horrorszenario so aus: Regierungschef Renzi scheitert beim Referendum, tritt zurück und sein Land versinkt im politischen Chaos. Anders als etwa im Fall Griechenland würde das für die Europäische Union zum existenziellen Problem, da Italien für eine EU-Rettung zu groß ist.

Italien ist der nächste Kandidat, der in den Fußspuren Griechenlands wandelt. Und daran würde sich auch nichts ändern, wenn Renzis Referendum nicht scheitert. Zudem ist Italien nicht der einzige Wackelkandidat. - Die EU ist seit langem zum Scheitern verurteilt.

Und die EZB hat italienische Staatsanleihen und Bank- und Firmenanleihen aufgekauft. Doch wie lange noch? - Renzi hat viel versprochen und wenig umgesetzt. Italien ist reformunfähig und der Kollaps wurde nur durch die desaströse Niedrigzinspolitik der EZB verhindert. Renzi hat die Verlängerung nicht genutzt.


Dienstag, 29. Dezember 2015

Enrico Berlinguer, Kommunist, Demokrat, Sarde


Wer war Enrico Berlinguer, und welche Spuren hinterließ er im kollektiven Gedächtnis? Wer war der Mann, der im Juni 1984 bei einer Wahlveranstaltung in Padua plötzlich einen Hirnschlag erlitt und vier Tage später starb? Über das Leben eines der bedeutendsten italienischen Politiker. Buch und Regie stammen von dem früheren Bürgermeister Roms und Filmemacher Walter Veltroni.

Enrico Berlinguer war ein schüchterner und zurückhaltender, aber auch aufrechter und mutiger Mensch. Diese Eigenschaften ließen ihn zu einer der beliebtesten politischen Persönlichkeiten Italiens werden. Er war auch der einzige Chef einer kommunistischen Partei in Europa, der seine Partei bei demokratischen Wahlen auf knapp 35 Prozent brachte.

Während die übrigen kommunistischen Parteien Europas aufgrund ihrer Abhängigkeit von der dominierenden KPdSU in eine gewisse Stagnation gerieten, verlieh Berlinguer der Kommunistischen Partei Italiens (KPI) neuen Schwung: Seiner Überzeugung nach konnte eine sich „kommunistisch“ nennende Partei sogar in der Zeit des Kalten Kriegs an die Regierung kommen, allerdings nur unter der Bedingung, dass sie sich von der UdSSR distanziert und eine Koalition mit anderen politischen Gruppierungen zulässt.

Enrico Berlinguer, der von 1972 bis 1984 Generalsekretär der KPI war, ging als der Mann des „historischen Kompromisses“ in die Geschichte ein. Ausgehandelt hat er ihn mit den Christdemokraten (Democrazia Cristiana, DC), den Erzrivalen seiner Partei, weil er darin die Voraussetzung für eine mögliche Regierungsbeteiligung der Kommunisten erkannte. Dieses politische Projekt scheiterte jedoch daran, dass der italienische Ministerpräsident Aldo Moro 1978 entführt und ermordet wurde. Dennoch konnte die KPI dank des „historischen Kompromisses“ eine tiefgreifende innerparteiliche Umwandlung vollziehen, die ihr Überleben und Weiterwirken in der europäischen Politik sicherte.

Der Dokumentarfilm ist nicht nur die Biografie des italienischen Politikers, sondern er zeigt auch, wie der junge, politisch stark engagierte Walter Veltroni das Wirken des KPI-Chefs seinerzeit wahrnahm: Veltroni beobachtete mit Interesse und Bewunderung die mutige Arbeit des Mannes, der seine Partei in eine für die damaligen politischen Verhältnisse nahezu unvorstellbare Richtung lenkte.


Weblink:

Enrico Berlinguer, Kommunist, Demokrat, Sarde - www.arte.tv

Montag, 10. Juni 2013

»Der Fürst« von Niccolò Machiavelli


Niccolò Machiavelli

»Der Fürst« - italienisch »Il Principe« - wurde um 1513 von Niccolò Machiavelli verfasst. Es gilt neben den »Discorsi«, das Machiavelli parallel zum Fürstenbuch schrieb, als sein Hauptwerk. Niccolò Machiavellis 1532 erschienene Schrift »Il Principe« ist unter dem Titel »Der Fürst« Weltliteratur geworden.

Nur stilistisch in der langen Tradition der mittelalterlichen »Fürstenspiegel« geschrieben, gilt »Der Fürst« als eines der ersten – wenn nicht als das erste – Werk der modernen politischen Philosophie. »Der Fürst« ist eine realistische, und in seiner Art zeitlose Diagnose der Politik, in der die Interessen des Staates stets Vorrang vor allen ethischen Überlegungen hatten.

In seiner Radikalität, in seiner scharfen Trennung zwischen rein politischem Handeln und den Entscheidungen des Einzelnen, überstrahlt Machiavellis Werk die politiktheoretischen Schriften aller seiner Zeitgenossen. Machiavelli will klären, »was das oberste politischen Amt sei, wie viele Arten es davon gibt, wie und wann man es behält, und wie und wann man es verliert«.

Es geht ihm dabei um die Herrschaftsbildung und Herrschaftssicherung, um die Bewahrung des principato. Sämtliche Handlungen des Fürsten werden an ihrem politischen Zweck der Erhaltung der Herrschaft gemessen. Entscheidend für den Erfolg ist nicht der moralische Wert sondern allein die Wirkung des Verhaltens.

Dieser ausschließlich erfolgsorientierte amoralische Zweckrationalismus war es, der viel seiner Zeitgenossen zutiefst verstörte. Schon vor Jahrhunderten wurde »Machiavellismus« zu einem Synonym für Verschlagenheit und Hinterlist, für Amoral und Rücksichtslosigkeit in der Politik.

Man hat sich angewöhnt, jede skrupellose Machtpolitik als »machiavellistisch« zu bezeichnen, jene berühmte oder vielmehr berüchtigte »Realpolitik«, die sich auf Machiavellis »Il Principe« berufen zu können glaubt. Jedes Jahrhundert hat Machiavellis Schrift anders ausgelegt.

Weblink:

Niccolò Machiavelli-Biografie - Biografien-Portal www.die-biografien.de

Niccolò Machiavelli-Zitate - Zitate-Portal www.die-zitate.de

Sonntag, 30. Januar 2011

Faschismus wird in Italien gesellschaftsfähig


In Italien sind wieder "Duce"-Rufe zu hören, und das auch bei Auftritten Berlusconis. Die rechte Gesinnung erfährt eine Aufwertung und ist gesellschaftsfähig. Und nicht nur Ewiggestrige feiern Mussolini.

An seinem Wahlbündnis beteiligte Silvio Berlusconi im großen Stil extreme Rechte und Neofaschisten. Mit "Duce, Duce"-Rufen und dem ausgestreckten Arm feiern sie Berlusconi.

Hinter der Maske des Gauklers und Lebemannes verbirgt sich bei Berlusconi ein knallharter, rechter Politiker, in dessen Amtszeiten eine Verharmlosung des italienischen Faschismus bis hin zur "Rehabilitierung" Mussolinis möglich und gewünscht ist.

Über die Wiederaufwertung des Faschismus hat der Schriftsteller Aram Mattioli jetzt ein Buch geschrieben. Aram Mattioli lehrt Neueste Geschichte an der Universität Luzern. In jüngster Zeit machte er sich einen Namen als einer der führenden Faschismusexperten des deutschsprachigen Raums.

"In den letzten Jahren gibt es eine Tendenz zur Entfaschisierung des Faschismus", erklärt Mattioli. Dadurch, dass der Faschismus "entfaschisiert" wird, wird er in Italien wieder gesellschaftsfähig. "Was der Faschismus wirklich historisch dargestellt hat, wird entkernt. Er wird banalisiert, trivialisiert, geschönt, versüßt."

Durch die Verharmlosung und Banalisierung des Faschismus kann der "Duce" nun eine Rückkehr in Italiens Gesellschaft feiern.


Viva Mussolini



"Viva Mussolini". Die Aufwertung
des Faschismus im Italien Berlusconis,
von Aram Mattioli

Schöningh Verlag, 2010.
201 Seiten, 19,90 EUR
ISBN-13: 978-3506769121

Freitag, 9. Oktober 2009

Barockes Gepräge in Italien


"L'etat c'est moi", soll der erst siebzehnjährige "Sonnenkönig" Ludwig XIV. geantwortet haben, als ihn der Präsident des französischen Parlaments am 13. April 1655 in einer Sitzung bat, auf die Interessen des Staates Rücksicht zu nehmen.

Dieser kurze Satz gibt das Regierungsprinzip absolutistischer Herrschaft treffend wieder und könnte genauso gut von dem amtierenden italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi stammen. Berlusconis barockes Gepräge versetzt viele Beobachter in die Zeit des Absolutismus zurück. Berlusconi nimmt den italienischen Staat über Gebühr für sich in Anspruch und seine Amtsführung ist ebenso barock wie die des französischen Sonnenkönigs.

Man stelle sich nun vor, der Präsident des italienischen Parlaments erböte sich in einer Sitzung, auf die Interessen des Staates in Italien Rücksicht zu nehmen. Auf diese Rücksicht zu nehmen, war noch nie die Stärke des Silvio Berlusconi. Der Medienmogul, der es mit der Gewaltenteilung nicht so genau nimmt, wäre ob solcher Erbietung nicht sonderlich erfreut.

Nun hat das italienische Verfassungsgericht dem Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi die Immunitöät aufgehoben. Der erste Diener seines Staates musste überrascht feststellen, dass das Gericht sich nicht so höfisch verhielt, wie er es erwartet hatte. Eines seiner wichtigsten Privilegien der Macht wurde entweiht. Dieser ist nun nach diesem Entscheid vor Strafverfolgung nicht mehr sicher.

Wenn es ein juristisches Mittel gegen diesen Entscheid geben würde, würde Berlusconi nicht zögern, dieses sofort in Anspruch nehmen. Spötter witzelten ja bereits, Berlusconi sei nur deshalb Ministerpräsident in Italien geworden, um im Amt vor Strafverfolgung sicher zu sein. Nun gerät aber aber seine absolutistische Herrschaft - allem Barock zum Trotz - allmählich ins Wanken. Bald könnte es für den sinnenfreudigen Herrscher Berlusconi schon sehr unbarock heissen: "L'eclat c'est moi".

Sonntag, 18. Juni 2006

Silvio Berlusconi - der große Zampano

»Der große Zampano« ist eine der drei Hauptfiguren aus dem Film »La Strada – Das Lied der Straße« (1954) des italienischen Regisseurs Federico Fellini.

Durch diese Filmfigur ist der Begriff Zampano ursprünglich einzig negativ belegt. Anthony Quinn spielt hier einen Prahler, der sich lautstark in Szene setzt und mit viel Tamtam Eindruck schinden will. Seinen staunenden Mitmenschen versucht er weiszumachen, er könne sogar Unmögliches möglich machen.

Überträgt man die Figur in die heutige Zeit, dann ist Silvio Berlusconi der große Zampano in Italien. Berlusconi ist eine seltsam kosmetische Figur. Falsche Haare, falsches Lächeln und nicht zu vergessen: die künstliche Bräune.

Er hat seine Macht missbraucht, um anderen Fernsehsendern den Markteintritt in Italien zu erschweren. Wie er Abgeordnete und Richter in sein System eingliedert, um sich auf diese Weise immer den bestmöglichen Ausgang von Prozessen und Gesetzgebungsverfahren zu sichern. Und wie er hemmungslos seine Macht als Fernseh-Mogul nutzt, um die Inhalte der italienischen Nachrichtensendungen zu steuern.

Silvio Berlusconi schuf sich einen maßgeschneiderten Staat und brachte die Gesetze mit seinen persönlichen und wirtschaftlichen Interessen in Einklang. Wie konnte Silvio Berlusconi, der einstige Sänger auf Kreuzfahrtschiffen, sein Fininvest-Imperium aufbauen? Mit 30.000 Angestellten, Supermärkten und Kaufhäusern, mit Lebensversicherungen, Werbeagenturen und Börsenmaklern? Mediaset gehört ihm, eine TV-Holding mit drei der populärsten Programme, Mondadori, einer der größten Verlage und dazu, als populäres Aushängeschild, der Fußballclub AC Mailand.

Berlusconi, der Herr der Medien, ist eine zwielichtige Figur. Silvio Berlusconi ist Mehrheitsaktionär bei zwei der wichtigsten Verlagshäuser Italiens, Mondadori und Einaudi, außerdem bei mehreren kleinen Verlagshäusern.

In den achtziger Jahren kaufte Berlusconi dann Privatsender auf, deren Einschaltquoten nun oft die des Staatsfernsehens überflügeln. All dies flankiert von Beteiligungen an spanischen, französischen, kanadischen, deutschen Privatkanälen, an großen Verlagshäusern wie Mondadori, an werbeträchtigen Warenhäusern wie der Standa-Kette und schließlich verziert mit dem millionenschweren Fußballclub AC Milan, als dessen Präsident der Cavaliere sein volksverbundenes Image pflegt.

Der Herr über 350 Firmen und 40.000 Arbeitnehmer ist bislang von der Flut der Korruptionsskandale unberührt geblieben. Daß sein Name – unter 961 anderen – auf der Mitgliederliste der düsteren Geheimloge P2 Anfang der achtziger Jahre auftauchte, berührte ihn nicht. Aus der Freundschaft zu seinem Schulkameraden Bettino Craxi, dem Sozialisten, der auch als Regierungschef nichts von Kartellgesetzgebung hielt, machte Berlusconi keinen Hehl.