Vor 150 Jahren ereignete sich das absurd tragische Ende einer sozialdemokratischen Jahrhundertgestalt: Am 31. August 1864 erlag Ferdinand Lassalle im Alter von nur 39 Jahren in Carouge im Kanton Genf seinen Verletzungen aus einem Pistolen-Duell, das er selbst aus verschmähter Liebe und gekränktem Stolz provoziert hatte.
Lassalle war ein Hoffnungsträger und eine sozialdemokratische Lichtgestalt. "Politisch war er sicher einer der bedeutendsten Kerle in Deutschland", schrieb Friedrich Engels trauernd an Karl Marx. Keine 15 Monate zuvor hatte Lassalle den Allgemeinen Deutschen Arbeiter Verein (ADAV) mitgegründet – die erste sozialdemokratische Parteiorganisation in Deutschland und Keimzelle der späteren SPD. Seit den Revolutionstagen von 1848 widmete sich Lassalle der Arbeiterfrage und engagierte sich für die sozialistische Sache, immer wieder verfolgt von einer feindseligen Obrigkeit.
Sein politischer Antrieb war der Wille nach einem freien, selbstbestimmten Leben – unabhängig von Herkunft und sozialem Status. Lassalle selbst wollte nicht wie sein Vater das Leben eines kleinbürgerlichen Einzelhändlers, eines "Ladenschwengels", in der schlesischen Provinz führen, sondern eine Existenz aufbauen, die seinen Talenten und seinen Ambitionen entsprach. +
Anfang der 1860er Jahre gelang ihm mit einer spektakulären Rede vor Berliner Arbeitern schließlich der politische Durchbruch: Lassalle, einer der besten Redner seiner Zeit, forderte den radikalen Bruch mit den liberalen Parteien, die bis dahin die Arbeiterbewegung dominiert hatten sowie das allgemeine und gleiche Wahlrecht (für Männer) und die Einführung von staatlich geförderten Produktionsgenossenschaften.
Damit gelang es ihm, die politischen, sozialen und ökonomischen Interessen der Arbeiterbewegung in Politik und konkrete Programmatik zu übersetzen. Es war Lassalle, der mit seiner politischen Schaffens- und Strahlkraft der Idee der sozialen Demokratie das notwendige Momentum verlieh, das sie zu einer wirkmächtigen politischen Organisation und zentralen politischen Kraft in Deutschland werden lassen sollte.
Die Reaktionen auf seine bald als "Arbeiterprogramm" verbreiteten Reden fielen denkbar gegensätzlich aus. Während der Obrigkeitsstaat Lassalle anklagte, "die besitzlosen Klassen zum Hass und zur Verachtung gegen die Besitzenden öffentlich aufgereizt zu haben", trugen ihm Leipziger Arbeiter begeistert die Anführerschaft ihrer zu gründenden Vereinigung an: Als am 23. Mai 1863 der ADAV im Leipziger Pantheon gegründet wurde, wählten die Arbeiter Lassalle zu seinem ersten Präsidenten.
Als Präsident der ADAV wurde er zum großen Vordenker der Arbeiterbewegung und der Sozialdemokratie in Deutschland. Lassalle verblieben allerdings nur noch 15 Monate bis zu seinem Tod, um seine politischen Vorstellungen durchzusetzen. Sein Vermächtnis hat bis heute Bestand.