Die Abstiegsgesellschaft:
Über das Aufbegehren in der regressiven Moderne
»Die Abstiegsgesellschaft: Über das Aufbegehren in der regressiven Moderne« von Oliver Nachtwey ist in der edition suhrkamp erschienen. Nachtwey untersucht, wie die Liberalisierung des Kapitalismus in den letzten vierzig Jahren unser Leben verändert hat. Das Buch liefert einen soziologischen Befund der Moderne unter dem Diktat der Ökonomie. Die Autor analysiert die gesellschaftlichen Brüche in der Moderne.
Die Möglichkeit des sozialen Aufstiegs war eines der zentralen Versprechen der »alten« BRD – und tatsächlich wurde es meistens eingelöst: Aus dem Käfer wurde ein Audi, aus Facharbeiterkindern Akademiker. Mittlerweile ist der gesellschaftliche Fahrstuhl stecken geblieben: Uniabschlüsse bedeuten nicht mehr automatisch Status und Sicherheit, Arbeitnehmer bekommen immer weniger ab vom großen Kuchen.
Nachtwey betreibt eine Dekonstruktion der Moderne und damit Gesellschaftsanalyse im besten Sinne: Er beschreibt nicht nur, sondern erklärt auch die Veränderungen. Er geht - wie Marx - von den ökonomischen Produktionsverhältnissen aus, behält die Gesellschaft aber im Blick. Er diskutiert eine Fülle soziologischer Fachdiskurse, verliert sich aber nicht darin; er schreibt für ein breites Publikum, ohne dabei trivial zu werden.
Oliver Nachtwey analysiert die Ursachen dieses Bruchs und befasst sich mit dem Konfliktpotenzial, das dadurch entsteht: Selbst wenn Deutschland bislang relativ glimpflich durch die Krise gekommen sein mag, könnten auch hierzulande bald soziale Auseinandersetzungen auf uns zukommen, die heute bereits die Gesellschaften Südeuropas erschüttern.
Nachtwey unterscheidet die soziale Moderne von der regressiven Moderne. Die soziale Moderne begann nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Deutschland (Wirtschaftswunder, Aufstieg, Fahrstuhleffekt) und endete um den Dreh mit dem Mauerfall 1989.
Seit dieser Zeit geht es abwärts mit den Löhnen, abwärts mit den Berufschancen, abwärts mit dem faktischen Wert von Hochschulabschlüssen, abwärts mit den politischen Einflusschancen der unteren Einkommenshälfte der Bevölkerung (Rolltreppe, die nach unten fährt).
Literatur:
Die Abstiegsgesellschaft: Über das Aufbegehren in der regressiven Moderne (edition suhrkamp) von Oliver Nachtwey