Samstag, 22. Mai 2021

»Rettet die Demokratie!: Eine überfällige Streitschrift« von Dirk Neubauer

Dirk Neubauer


"Rettet die Demokratie" – heißt das neu erschienene Buch von Dirk Neubauer. Der Bürgermeister von Augustusburg will es als Streitschrift verstanden wissen. Schließlich hält er eine grundlegende Reform des politischen Systems für nötig, denn die Demokratie ist wenig bürgernah, gewährt zu wenig Mitsprache und ist nicht sonderlich entscheidungsfördernd vor Ort. Die Kommunen müssten mehr direkt entscheiden können. Nicht als Selbstzweck, sondern damit Demokratie erfahrbar werde und Menschen erlebten, dass sie selber Verantwortung trügen, so Neubauer.

Als Beispiel führt der SPD-Politiker den Modellversuch mit geöffneter Gastronomie und Hotels in der sächsischen Kommune an, der am Sonntag erstmal mit der Bundesnotbremse aufgrund rasant gestiegener Inzidenzen endet: "Wir haben wertvolle Daten gesammelt", merkt Neubauer zu dem wissenschaftlich begleiteten Projekt an. Mit Blick auf die Auswertung ist er guter Hoffnung, dass sich belegen lasse, "dass eine solche Öffnung möglich ist". Vor allem verweist er auf den "unglaublichen Aufbruch", den das Projekt gebracht habe, "nicht nur bei denen, die wieder öffnen konnten, sondern bei allen, weil ein Stück Normalität wieder zurückkommt".

»Wir müssen jetzt in die Gesellschaft reinhören, wieviel pauschale Schließung wir noch vertragen und vor allem, wie gut und abgestimmt wir das machen. Da haben wir, glaube ich, Reserven.«
    Dirk Neubauer, Bürgermeister von Augustusburg

Neubauer findet, dass in der Diskussion um die Kompetenzen in der Pandemie-Bekämpfung eine Stimme zu wenig gehört wird: "Die kommunale Ebene ist da in den vergangenen zwölf Monaten recht wenig beteiligt gewesen. Es wäre ein Gewinn und würde auch eine Aufwertung bedeuten, ein bisschen einzubeziehen, was wir so zu berichten haben und zwar ernsthafter, als das bisher der Fall ist." Bürgerinnen und Bürger seien durchaus bereit, Einschränkungen hinzunehmen, führt der SPD-Politiker weiter aus. Aber sie müssten sie verstehen können, betont Neubauer und nennt Ausgangsbegrenzungen, Flüge nach Mallorca bzw. den "Nicht-Urlaub im Erzgebirge" als kontraproduktive Beispiele.
Bürger-Verantwortung: "Du bist die Stadt"

Mehr Mitsprache, das bedeutet für Neubauer als OB, "möglichst viele grundsätzliche Entscheidungen zu teilen", größere Maßnahmen würden in Augustusburg vorher öffentlich diskutiert, erklärt er. Nur so spürten Bürgerinnen und Bürger, dass es auch an ihnen ist, Verantwortung zu übernehmen:

    »Meine Standardanwort, wenn jemand zu mir kommt und sich beschwert, was die Stadt alles hätte tun müssen, ist erstmal: Du bist die Stadt und ich bin die Stadtverwaltung.«

    Dirk Neubauer, Bürgermeister von Augustusburg

Auf Landes- oder Bundesebene sei solch eine Mitwirkung tatsächlich kaum herzustellen, glaubt Neubauer:

    »Die Kommune ist die Herzkammer der Demokratie. Hier erfahren Menschen, was Demokratie eigentlich ist: sich einbringen, diskutieren und zu einem Ergebnis kommen, mit dem möglichst viele leben können.«

    Dirk Neubauer


Literatur:

Rettet die Demokratie!
»Rettet die Demokratie!: Eine überfällige Streitschrift«
von Dirk Neubauer

Europa der Regionen, nicht der Nationalstaaten

Brücken verbinden

Die Corona-Krise zeigt auf, daß das Europa der Nationalstaaten sich überdauert hat und ein Europa der Regionen angestrebt werden sollte.

Die Chance beim Schopf packen. Die Corona-Krise bietet die Chance, die europäische Einigung im Handstreich ein riesen Stück voran zu treiben ohne daß die ewigen Bremser und Eurogegner mit Globalisierungsängsten und sonstigem Gerede dazwischen funken könnten. Die Krise - als Warnschuss verstanden - kann als echte Chance genutzt werden, etwas zu verbessern.

Europa der Regionen, nicht der Nationalstaaten! - Tatsächlich sollte es ein Europa der kulturell zusammengehörigen Regionen unter einem Dach einer für Außenpolitik, Sicherheit und Außenwirtschaft zuständigen Europäischen Regierung geben. Die oft von Kriegshetzern wie Napoléon oder Bismarck (für Preußens Gloria) "zusammengeschmiedeten" Nationalstaaten sind überholt und sollten zu Gunsten kulturell zusammengehöriger Großregionen abgeschafft werden.

Die gemeinsame Arbeit am starken Europa ist zu unterstützen. Allerdings haben Geldtransfers der letzten Jahre keine Fortschritte zur politischen Union gebracht. Nationalstaatliche Interessen wurden als Hemmnis abgetan, obwohl Europa ohne Nationen kaum Unterstützung finden wird. Bei unvoreingenommener Bewertung ist festzustellen, dass die gestaltende Kraft der Nationen verschmäht worden ist.


In aller Welt gelang Volkswirtschaften der Anschluss an den produktiven Westen. Bemwerkenswert ist, dass deren Entwicklung stets durch währungspolitische Justierung gegenüber Drittländern und Wohlstandsverzicht zugunsten der Produktivität erreicht wurde. Vergleichbares sehe ich hier nicht und befürchte Daueralimentierung mit ideenreichen Begründungen.

Gelbwesten-Proteste als demokratische Reformbewegung

Ausschreitungen Paris

In Frankreich steht der Staat auf der falschen Seite der Bevölkerung. Die Krise wird bewältigt, wenn Vernunft auf Augenmaß trifft. Die Proteste der basisdemokratischen Bewegung der Gelbwesten (Gillet Jaunes) in Frankreich sind eine Anklage gegen die Eliten. Es geht bei den Protesten in Frankreich um die stetig zunehmenden Belastungen für die Bürger - bei steigenden Unternehmensgewinnen. Die Erhöhung der Ökosteuer war nur der Funke, welcher das Fass zum überlaufen gebracht hat.

Das Establishment in allen EU-Ländern zittert. Der breite basisdemokratische Protest der Gelbwesten bestimmt die politische Agenda und setzt die notwendigen Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerungsmehrheit an die Stelle von Spetzialintressen der Finanzindustrie und Konzerne.

Die demokratische Reformbewegung ist friedlich, sozial und authentisch. Immer wieder zitieren die Journalisten der großen Medienkonzerne sogenannte „freie Gelbwesten“. Die friedlichen Demonstrationen sollten eingestellt werden. Diese selektive Berichterstattung ist absurd. Die angeblichen „Freien Gelbwesten“ vertreten die Position der Regierung. Sie lehnen die einzige Waffe der Bürgerbewegung, den demokratischen Protest, ab.

Die Gelbwesten haben eins begriffen: das, was sie erwirtschaften, würde zum Wohlstand für alle reichen. Leider wandert das, wie bei uns, alles in die Hände einiger weniger, die davon nichts, aber auch gar nichts an die Gesellschaft zurückgeben. Und wenn der Staat dann klamm ist, holt er sich das, was er braucht, von immer den gleichen, nämlich jenen, die ohnehin schon im kurzen Hemd da stehen. Im Grunde genommen macht der Staat Schulden bei den Reichen und zwingt die Armen dazu, sie zurück zu zahlen. Diese Zustände will man nicht länger hinnehmen.

Das Volk hat eine ungeheure Macht, wenn nur viele am gleichen Strang ziehen. Die Franzosen lassen sich nicht für dumm verkaufen, nicht wie in Deutschland, wo die Grünen und die Deutschen Umwelthilfe, die öffentliche Meinung indoktrinieren. Es lebe die Demokratie, es lebe Frankreich. Wider einer gelenkten Demokratie und einer an Lobbyisten orientierten Politik.

Literatur:

Empört euch« von Stéphane Hessel
Empört euch
von Stéphane Hessel