Samstag, 19. November 2011

Zaghafter Vorschlag einer "Digitalen Agenda"

SPD im Schatten

Die SPD - bisher nicht unbedingt als Vorreiter in der Netzpolitik aufgefallen - will die Netzpolitik mit den Menschen durch den Vorschlag einer Arbeitsgruppe "Digitale Agenda" versöhnen. - Aber kann das überhaupt funktionieren? Schon die Eingliederung dieser Agenda als "Unterarbeitsgruppe" - aus Mangel an Kompetenz - ist doch höchst aufschlußreich: ein glatter Offenbarungseid digitaler Inkompetenz.

Kunst und Kultur müssen laut SPD für alle Menschen zugänglich sein und kreative Arbeit darf nicht ausgebeutet werden. Außerdem will die SPD, dass alle Bürgerinnen und Bürger Zugang zu den Möglichkeiten haben, die das Netz bietet. Und sie gleichzeitig ausreichend schützen. Darum geht es - oh welch Fortschritt - in der Arbeitsgruppe „Kultur und Medien mit der Unterarbeitsgruppe Digitale Agenda“.

Die Unterarbeitsgruppe „Digitale Agenda“ beschäftigt sich mit Netzpolitik als Gesellschafts- und Zukunftspolitik. Der Zugang zum Internet ist ein demokratisches Bürgerrecht. Und Netzneutralität kann nur gewährleistet werden, wenn alle Daten im Internet gleich behandelt werden. Das will die SPD gesetzlich verankern. Die SPD wird sich außerdem dafür einsetzen, einen wirksamen Datenschutz zu etablieren und Persönlichkeitsrechte wirklich zu schützen.

Netzpolitik, das ist Breitbandausbau, Datenschutz, Netzneutralität, Urheberrecht, digitale Wirtschaft, digitale Bildung, Medienkompetenz. Mit all diesen Feldern hat sich die Internet-Enquete des Bundestages in der vergangenen Legislatur schon beschäftigt, hat Empfehlungen für die Politik erarbeitet.

Obwohl die Verhandlungen zur "Digitalen Agenda" beginnen, ist die Netzpolitik längst kein Selbstläufer. Zwar hätten in der SPD alle dazugelernt, aber die Partei müsse sich weiter anstrengen. Das zarte Pflänzchen will begossen werden, bis es mal zu einer richtigen Pflanze wird. In den nächsten Jahren soll die Netzpolitik jedenfalls als Querschnittsthema etabliert werden.

Weblink:

Kultur und Medien mit der Unterarbeitsgruppe Digitale Agenda - www.spd.de

Blog-Artikel:

 Netzpolitik ist noch kein Selbstläufer

Sonntag, 6. November 2011

Zwei Jahre Straflager für 40 Sekunden Punk

Zwei Jahre Straflager für 40 Sekunden Punk und öffentlichen Krawall: Das Urteil gegen die aufmüpfige russische Punk-Band »Pussy Riot«, eine 2011 gegründete feministische, regierungs- und kirchenkritische Punkrock-Band aus Moskau, hat die Welt empört. Frontfrau Nadeschda Tolonnikowa sagte: "Wir hätten nie gedacht, dass die Staatsmacht so dämlich ist." - "Ich kann es kaum glauben", schrieb die Punk-Sängerin vor dem Urteil in einem offenen Brief, "dass alles kein Traum ist"
.
Tatsächlich ist unfassbar, was sich die gnadenlose russische Justiz mit dem Urteil gegen die Band Punkband »Pussy Riot« geleistet hat. Soviel lauter Krawall in einer orthodoxen Kirche war der russischen Staatsmacht dann doch zuviel. Ihr jugendlicher Protest und ihr schrilles Punk-Gebet kommen den Krawallschachteln von »Pussy Riot« nun teuer zu stehen: Zwei Jahre sollen die drei jungen Frauen in ein Straflager, weil sie 40 Sekunden lang in der Orthodoxen Christus-Erlöserkirche in Moskau im Allerheiligsten ihr schrilles Punk-Gebet "Gottesmutter, befrei' uns von Putin" skandierten. "Rowdytum" und "Verbreitung von religiösem Hass" wird ihnen laut Anklage vorgeworfen.

Pussy Riot

Die russische Staatsmacht - bereit, den Aufstand niederzuschlagen - hat sich entblößt und dabei ihr häßliches Gesicht gegen die aufmüpfigen »Pussys« gezeigt - eine Fratze. Das Urteil der Justiz eine Farce. Harte Strafen gegen die jungen Frauen sind die Münze, mit der die Staatsmacht den Protest heimzahlt. Das harte Urteil der Justiz löste einen Aufschrei des Protestes aus: "Schande!", schrien Zuhörer über das Urteil im Gerichtssaal. "Die ganze Welt lacht über unser absurdes Land!", schrie ein junger Mann. Der Schriftsteller Boris Akunin schimpfte: "Ich habe keine Worte mehr für diese Idiotie!"

Empörte Moskauer demonstrierten vor dem Gerichtsgebäude. Rund 30 sollen verhaftet worden sein und wurden mit Polizeiwagen weggebracht. Darunter Schach-Großmeister und Oppositionspolitiker Garry Kasparov, der laut einem Gespräch mit der Agentur Interfax nur als Zuschauer da gewesen sei und gerade mit einem Journalisten gesprochen habe, als die Polizisten ihn wegzerrten. Später sei er geschlagen worden.

Die jungen Frauen der Punk-Band nahmen das harte Urteil auf Geheiß von oben mit einem Lächeln hin. An eine Bewährungsstrafe hatte kaum jemand mehr geglaubt, nachdem die drei bereits seit März in Untersuchungshaft saßen. "In der Untersuchungshaft ist die Schuldvermutung am schwersten auszuhalten", sagten die Mädchen im Interview mit der russischen Zeitung "Nowaja Gaseta". "Alle halten alle Untersuchungshäftlinge apriori für schuldig." Freisprüche kommen in der russischen Rechtsprechung kaum vor – in 80 Prozent aller Fälle folgt der Richter den Forderungen der Staatsanwaltschaft.

Auch in diesem Urteil gab die Richterin Marina Syrowa Stunden lang die Argumente der Anklage wieder. Drei Stunden lang dauerte die Urteilsverkündung, auf 3.000 Seiten Ermittlungsunterlagen hatte die Moskauer Staatsanwaltschaft die 40 Sekunden Auftritt genau analysiert. Ausführlich zitierte Syrowa Gläubige, die von den "teuflischen Zuckungen" der Mädchen angeblich bis heute traumatisiert sind.

Angeblich vom Auftritt der Band mit ihrem "Muschi-Krawall" traumatisierte Opfer wurden als Zeugen vor Gericht geladen. "Ich verspüre Verbitterung und Schmerz angesichts des Gesehenen", hatte eine Besucherin der Kathedrale vor Gericht erklärt. "Der Schmerz vergeht nicht." Ein Wachmann der Kathedrale sei nach dem Blitz-Auftritt der Mädchen zwei Monate nicht mehr arbeitsfähig gewesen. Immer wieder beschrieb die Richterin ausführlich, dass die Frauen sich in der Kirche nicht nach kirchlichen Normen verhalten hätten, als sei in Russland bereits ein kurzes Kleid im Gotteshaus strafbar.

Weblinks:

Frontfrau prophezeit Putin "heißen Herbst" - www.stern.de
Frauen Punkband Pussy Riot - www.stern.de
Garry Kasparov Protest - www.chessdom.com

Pussy Riot - Wikipedia
Nadeschda Tolokonnikowa - Wikipedia

Blog-Artikel:

Ein hartes Urteil gegen Pussy Riot
»Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch« von Alexander Solschenizyn
Ein Tag aus dem Leben der Nadeschda Tolokonnikowa

Samstag, 29. Oktober 2011

Amerikas Mittelschicht rebelliert gegen die Wall Street

Amerika und die Zukunft der Weltwirtschaft - Die Große Rezession
Amerika und die Zukunft der Weltwirtschaft:
Die Große Rezession

Seit Wochen protestieren Amerikaner für Frieden und gegen die Gier der Banken. Täglich wird die Bewegung "Besetzt die Wall Street" größer. Was vor ein paar Wochen mit ein paar Schlafsäcken begann, ist zu einer weltweiten Bewegung der Wutbürger angewaschsen.

Die Rebellen und Wutbürger treffen einen Nerv, weil sie eine soziale Schieflage ansprechen. Was sie mit ihrem Protest auf einen Punkt bringen, ist ein weit verbreitetes Gefühl: dass ein paar Schlüssselakteure des amerikanischen Kapitalismus wiederholt gegen die Regeln des Fairplay verstossen.

Der Frust darüber reicht bis weit in die Mittelschicht, seine Adressaten sind vor allem die Banker. Die spielten bis zum Zusammnmenbruch der Lehman Bank so riskant mit den Milliarden, als sei dei Wall Street ein Casino in Las Vegas.

Kaum hatte sie der Steuerzahler gerettet, schon machten sie weiter, als sei nichts geschehen. Und während die Geldjongleure längst wieder üppige Boni verdienen und der Gier fröhnen, hat der Rest des Landes noch immer an den Folgen der Finanzkrise zu knabbern.

Dieser Frust hat sich nun in Manhattan an der Wall Street> organisiert und ist zu einer Protestbewegung der amerikanischen Wutbürger angewachsen.

Weblinks:

Aufstand gegen die Macht der Banken - N24.de Sonderseite zur Finanzkrise - www.n24.de

Amerikas Mittelschicht rebelliert gegen die Wall Street - www.welt.de

Amerika und die Zukunft der Weltwirtschaft Die Große Rezession
Amerika und die Zukunft der Weltwirtschaft: Die Große Rezession
von Nikolaus Piper