Reformer, Zerstörer oder Held?
Die Meinungen über den Mythos Michail Gorbatschow, der vor 80 Jahren am 2. März 1931 in Priwolnoje bei Stawropol im Nordkaukasusgebiet geboren wurde, sind heute sehr geteilt. Die einen sehen ihn als Reformer, die anderen als Zerstörer, für den Westen ist er ein Held, in Russland ist er längst in Vergangenheit geraten. Der Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow gilt bis heute im Westen als Lichtgestalt, in seiner Heimat aber als Verräter. ,
Im Westen wird Gorbatschow hoch geschätzt, weil er den Kalten Krieg beendete und maßgeblich am Gelingen der Deutschen Einheit beteiligt war. Zudem kanalisierte er die beim Zerfall des Sowjetreiches frei werdenden Kräfte nach innen, in eine Implosion, anstatt sie in aggressiver Form nach außen dringen zu lassen, etwa in einem Krieg. In Russland ist sein Ruf dagegen weit schlechter als im Westen, weil er nach verbreiteter Meinung den Zusammenbruch der Sowjetunion und die folgende Phase wirtschaftlicher und politischer Unsicherheit verursacht hat. Viele Russen wissen gar nicht mehr, wer Gorbatschow ist und dass er einmal Generalsekretär der Kommunistischen Partei war.
Alexander Jakowlew, Gorbatschows Vertrauter, 1995 |
"Gorbatschow - Mensch und Macht. Eine Biografie", von György Dalos C.H. Beck Verlag, 20. Januar 2011 Gebundene Ausgabe, 288 Seiten, 19,95 EUR. ISBN-13: 978-3406613401 |
Die Rolle eines Politikers hängt immer davon ab, welches Bild man von ihm sehen will. Die Rolle von Michail Gorbatschow in der Geschichte ist durchaus ambivalent. Der ungarische Autor Györgi Dalos widmet sich dem Aspekt "Mensch und Macht". Wie es der Untertitel andeutet, geht es in dieser Biographie nicht nur um die Person von Michail Gorbatschow, sondern auch um die uralten Fragen, was Macht ist, wie sie entsteht, wer ihr erliegt und warum sie universell und überzeitlich ist. Viele Antworten müssen natürlich offen bleiben. György Dalos hat ein Buch verfasst, das sich nach den üblichen Kriterien schwer einordnen lässt. Wissenschaftlichen Ansprüchen kann es nicht genügen, weil Quellenangaben fehlen, eine psychologische Studie der Macht ist es wegen der fehlende Tiefe nicht und eine Beschreibung des sowjetischen Machtapparates ist es ebenfalls nur bedingt.
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Michail Gorbatschow |
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