Dienstag, 5. November 2013

»Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch« von Alexander Solschenizyn

Der Roman »Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch« von Alexander Solschenizyn schildert einen Tag im Leben eines stafgefangenen Häftlings in einem sibirischen Straflager. Der Roman spielt in einem der schlimmsten Gefangenenlager des 20. Jahrhunderts, dem sowjetischen Gulag. Iwan Denissowitsch, der nur Schukow genannt wird, sitzt dort seine Strafe ab und erzählt nüchtern vom Alltag im Lager.

Er wurde angeklagt, weil er sich als Rotarmist von den Deutschen im »Großen Vaterländischen Krieg« gefangen nehmen ließ. Für die stalinistische Regierung ist er damit ein Spion. Für dieses Verbrechen seiner Gefangennahme hat Schukow zehn Jahre Arbeitslager bekommen, aber die meisten der Gefangenen werden das Lager ohnehin nie mehr verlassen.

Dieser Iwan Denissowitsch Schukow ist Gefangener der 105. Brigade des sowjetischen Arbeitslagers. Nach acht Jahren seines Lebens, die er bereits dort verbracht hat, ist er vertraut mit den Gegebenheiten und Regeln, die dieser ungemütliche Ort mit sich bringt. Er ist von Tod und Grauen umgeben, er weiss weder, ob er seine Familie jemals wiedersehen wird, noch ob er nicht schon morgen tot sein wird. Zweimal im Jahr darf er einen Brief nach Hause schreiben.

Aber er weiss, wo man Essen und kleine Werkzeuge vor den täglichen Kontrollen der Aufseher verstecken kann. Er hat sich an die beißende Kälte Russlands gewöhnt, ist ein zuverlässiger und gewissenhafter Arbeiter auf der Baustelle eines naheliegenden Kraftwerks und schafft es ab und zu einem Brigadier einen Gefallen tun zu dürfen und dadurch eine Extraportion Suppe oder eine Zigarette ergattern zu können.



Empfohlene Bücher von Alexander Solschenizyn:
Es ist ein einfach wahlloser Tag im Leben des Iwan Denissowitsch Schukow, dessen Leben sich in einem Straflager abspielt, der das System nicht verflucht, nicht nach dem „warum" fragt, sondern einfach lebt. Sein ganzes Denken dreht sich um Brot, einen dicken Mantel und feste Schuhe. Auch gesund will der Gefangene bleiben, denn über die Strafen fürs Krankwerden wird nicht gesprochen.

Befriedigung findet Schukow in der harten Arbeit, und in guten Beziehungen: Am Morgen benutzt er seine kostbare Freizeit, um die Stiefel eines Kameraden zu reparieren, der ihm nun einen Gefallen schuldet, am Ende seines Arbeitstages blickt er stolz auf das stabile Stück Mauer, das er heute errichtet hat und am Abend kann er sich sogar eine Extraportion Suppe organisieren. Er hat etwas geleistet, sein Bauch ist voll und er hat einen weiteren Tag überlebt.

»Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch« ist eine nüchterne, mikroskopisch genaue Untersuchung des Lagerlebens in Sibirien, so wie es von den Opfern der stalinistischen Periode erlebt wurde. Der Roman in Form einer nüchternen Erzählung ist ein beklemmendes Dokument über den Schrecken der stalinistischen Diktatur und zählt bis heute zu den erschütterndsten literarischen Zeugnissen über die stalinistische Diktatur.

Dieser beklemmende Roman über das Leben und den harten Lager-Alltag im Gulag ist keine Anklage gegen den Stalinismus, er ist auch kein Plädoyer für menschlichen Durchhaltewillen. Ohne das Grauen und die Unmenschlichkeit auch nur mit einer Zeile zu beschreiben, zeigt er deutlich, dass die strengste Routine jeden Geist brechen kann und dass ein Mensch, der hunderte von Tage in lebensfeindlichen Umständen gelebt hat, diese Umstände irgendwann als natürlich hinnehmen wird.

Weblink:

Alexander Solschenizyn - Biografien-Portal www.die-biografien.de

Blog-Artikel:

Ein hartes Urteil gegen Pussy Riot
Zwei Jahre Straflager für 40 Sekunden Punk
Ein Tag aus dem Leben der Nadeschda Tolokonnikowa

Samstag, 2. November 2013

Ein Tag aus dem Leben der Nadeschda Tolokonnikowa

Schon als GULAG-Häftling beschloss Alexander Solschenizyn, vom System des Straflager-Archipels zu berichten, eine Chronik der Ereignisse zu verfassen und das Leben der Gefangenen und ihrer Bewacher zu schildern. Seit der Erzählung »Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch« ist das größte Unglück die totale Versklavung von Menschen durch Schinder in den Straflagern dieser Welt. Die Pussy-Riot-Sängerin Nadeschda Tolokonnikowa hat nun den Mut gefunden, aus ihrem russischen Straflager zu berichten.

Gleich am ersten Tag sagte ihr der Lagerleiter: "Wenn Sie Ihre Produktionsnorm nicht erfüllen, wird Ihr Arbeitstag verlängert. Und überhaupt haben wir hier auch schon härtere Menschen gebrochen."

Nadeschda Tolokonnikowa

Seither arbeitet Nadeschda in der Nähwerkstatt, 16 bis 17 Stunden am Tag von 7.30 Uhr bis 0.30 Uhr. Für Schlaf haben die Häftlinge im besten Fall vier Stunden zur Verfügung. Sie müssen Anträge schreiben, dass sie "freiwilllig" auch am Wochenende arbeiten wollen, so dass sie fast an allen Sonntagen arbeiten.
Straflager IK-14

Um die Disziplin aufrecht zu erhalten, gibt es informelle Strafen: "Im Hof sitzen" heißt, dass einem verboten wird, auch im Herbst und Winter in die Barracke zu gehen. "Hygiene schließen" heißt, dass einem verboten wird, sich zu waschen und zur Toilette zu gehen. Manche Häftlinge werden geschlagen, wenn sie nicht genug leisten, auf die Nieren und ins Gesicht.

In den Barracken gibt es zwar "Hygienezimmer", aber um die Häftlinge zu erziehen und zu bestrafen, müssen 800 Frauen einer Brigade in ein gemeinsames Waschzimmer gehen, in das nur fünf Menschen gleichzeitig pasen. Einmal in der Woche darf man sich die Haare waschen, aber auch dieser Tag wird manchmal abgesagt, weil die Pumpe kaputt ist oder die Kanalisation verstopft ist. Zu essen bekommen die Häftlinge nur trockenes Brot, reichlich mit Wasser verdünnte Milch, ausschließlich ranzige Hirse und nur faule Kartoffeln.

Nach der Lesung eines "Punk-Gebetes" in der Moskauer Christ-Erlöser-Kirche wurde sie zu zwei Jahren Straflager wegen "Rowdytums aus religiös motiviertem Hass". Nadeschda hat wegen ihrer Bekanntheit in der Öffentlichkeit eine winzige Sonderstellung im Lager, so dass sie zumindest nicht geschlagen wird. Ihr Bericht aus dem GULAG IK 14 zeigt, daß sich im russischen Straflagerleben seit den Zeiten von Alexander Solschenizyn nicht allzu viel geändert zu haben scheint. Die sibirischen GULAGs sind immer noch genauso unmenschlich wie früher.



Empfohlene Bücher von Alexander Solschenizyn:
Nach ihrer Rückverlegung in das Straflager IK-14, nahm Tolokonnikowa ihren Hungerstreik anfangs Oktober 2013 wieder auf. Die russischen Strafvollzugsbehörde gab am 18. Oktober 2013 bekannt, dass Tolokonnikowa ihre zweijährige Haftstrafe bis März 2014 aufgrund ihrer "Beschwerden über Drohungen von Mitgefangenen und Wärtern" in einem anderen Straflager verbüßen soll.

Der frühere russische Präsident Dmitrij Medwedew hatte schon einen kleinen Reformprozess dadurch angestossen, dass wenigstens die Zahl der in den Lagern Inhaftierten seit 2010 um 17,5 Prozent zurückgegangen ist. Jetzt hat der Brief der Tolokonnikowadie Mauer des Schweigens durchbrochen und den Staat gezwungen, sich zu dem Thema zu äußern, das überall Gesprächsstoff geworden ist.

Aus der staatlichen Gefängnisverwaltung war daher zu hören, dass die Löhne für Gefangenen erhöht und die Arbeitstunden veringert werden sollen. Ein winziger Hoffnungsschimmer wäre das, dem grundlegende Reformen von Polizei und Jusitz in Russland erst noch folgen müssen.

Weblinks:

Nadeschda Tolokonnikowa - Wikipedia
Die Straflager von Mordowien - okapustina.blogspot.com

Blog-Artikel:

Ein hartes Urteil gegen Pussy Riot
Zwei Jahre Straflager für 40 Sekunden Punk
»Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch« von Alexander Solschenizyn

Donnerstag, 31. Oktober 2013

Olympia in Sotschi um jeden Preis

Arbeiter bringen die Olympischen Ringe an einem Bahnhof in Sotschi an.

In knapp 100 Tagen werden die Olympischen Winterspiele 2014 in der russischen Stadt Sotschi am Schwarzen Meer in der Region Krasnodar nahe der Grenze zu Georgien bzw. Abchasien. stattfinden. Aktuell befinden sich viele Bauprojekte noch im Aufbau. Aus allen Winkeln des Riesenreichs sollen Arbeiter nach Sotschi kommen, damit bis zur Eröffnungsfeier am 7. Februar alles fertig wird.

Die Olympischen Spiele in Sotschi werden begleitet von negativen Schlagzeilen. Menschenrechtsverletzungen, Umweltsünden, Terrorangst: 100 Tage vor der Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele in Sotschi trüben Horrorszenarien und anhaltende Kritik an den Gastgebern die Stimmung. Eine Trendwende ist nicht in Sicht.

Wenige Monate vor den Olympischen Winterspielen 2014 wird im russischen Sotschi noch gebaut. Die Sportstätten für Olympia werden gebaut - um jeden Preis. Es gibt einen gnadenlosen Raubbau an der Natur. Häufig packen Arbeiter aus Zentralasien oder dem Kaukasus mit an - angelockt von guten Löhnen. Oft werden sie jedoch betrogen und um ihren Lohn gebracht. Die Löhne für die Arbeiter werden nicht ausgezahlt.

Es herrschen oft unwürdige Zustände an den Olympia-Baustellen. Die Arbeiter, die an den Sportstätten arbeiten, werden ausgebeutet und arbeiten für einen Hungerlohn. Häufig werden dabei ausländische Arbeiter in Sotschi auf schlimme Weise ausgebeutet. Die russische Regierung sieht über diese Zustände nur allzugerne hinweg.

Die Kosten für Olympia spielen keine Rolle, denn es geht um das nationale Prestige - besonders für Präsident Wladimir Putin. Dabei spielen auch die Rechte von Arbeitern keine Rolle. Hauptsache, die Sportstätten werden - Wladimir Putin sei Dank - rechtzeitig zur Olympiade Anfang Februar 2014 in Sotschi am Schwarzen Meer fertiggestellt.

Weblinks:

Heftige Kritik am Milliardenprojekt Sotschi - www.t-online.de/sport/olympia
Lohn gibt es nur im ersten Monat - www.tagesschau.de/ausland
http://www.sportschau.de/olympia/videovorbereitungenfuersotschiaufdemrueckenderbevoelkerung100.html
Vorbereitungen für Sotschi auf dem Rücken der Bevölkerung - Video - www.sportschau.de
Sotschi - Wikipedia

Sotschi - Russische Schwarzmeerküste und Kaukasus von Andreas Sternfeldt
Der Mann ohne Gesicht: Wladimir Putin
Sochi.ru - Offizielles Sochi-Portal Russland

Blog-Artikel:

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