Mittwoch, 13. November 2013

@ Über die künftige Rolle der Netzpolitik

Netzpolitik

Die Welt ist im Wandel und vor allem die Welt der Kommunikation. Wir erleben zurzeit eine Revolution, die es in dieser rasenden Geschwindigkeit noch nicht gegeben hat. Die Umwälzungen der global vernetzten Welt stellen auch die Politik vor eine neue Herausforderung. Doch die Politik hinkt der Entwicklung in der digitalen Welt extrem hinterher. Der Wandel hin zur Informationsgesellschaft muss jedoch politisch gestaltet werden.

In der digitalen Gesellschaft gilt es
Netzpolitik, Bürgerrechte und die Machtfrage auszutarieren.

Die Regierung, für die das Internet ja bekanntlich noch »Neuland« ist, hat ihre Berührungsängste gegenüber der digitalen Welt schnell abzulegen, denn die schlimmen Folgen des Verharrens sind absehbar: Diese Regierung droht die rasante technologische Entwicklung und deren bedrohliche Folgen für die Bevölkerung und des Angriff auf die Freiheit komplett zu verschlafen bzw. auszusitzen. - »Das geht gar nicht!«

Angesichts des Versagens der Regierung im NSA-Abhörskandal ist die Etablierung einer aktiven Netzpolitik keine bloße Forderung mehr. Sie ist ein politisches »Muss« geworden, das möglichst rasch - also schon in den Verhandlungen zur Großen Koalition - umzusetzen ist. Angesichts der rasanten technologischen Entwicklung in der digitalen Welt ist es notwendig, daß die Regierung hier neues Land betreten muss.
Netzpolitik

Bisher war Netzpolitik eher etwas für Nerds. Doch nicht erst seit dem NSA-Skandal rückt die zunehmende Digitalisierung unseres Lebens stärker ins politische Bewusstsein. Das Internet ist zu einer bestimmenden Größe im Leben der Menschen geworden, also hat es auch zu einer bestimmenden Größe in der Politik zu werden! Es ist zu bestimmend und das Leben vieler Menschen prägend, um deren Ausforschung ausgerechnet ausländischen Geheimdiensten zu überlassen. Die Menschen sind als Nutzer längst Teil einer digitalisierten Gesellschaft geworden.

Die zu bewältigenden Themen einer aktiven Netzpolitik sind ebenso vielfältig wie zukunftsweisend. Eine zukünftige Netzpolitik der Regierung hat sich um die Sicherheit der Kommunikation, neue und sicherere rein inländische Server-Architekturen, den Datenfluß in den Netzen, neue Sicherheits-Software in der Telekommunikation und das Anbieten von neuen, verschlüsselten Sicherheitsstandards im Mail-Verkehr sowie um rechtliche Regelungen und die verbesserte Aufklärung und Information der Internet-Nutzer zu kümmern.

Um die Herausforderungen der digitalen Welt in Zukunft meistern zu können, ist die Gründung eines Netzpolitk-Ministeriums nahezu unerlässlich. Schließlich soll durch eine aktive Netzpolitik künftiger Schaden von den Nutzern abgewendet werden. - Die Zukunft ist hier einfach zu kostbar, um von einer allzu kurzsichtigen Politik verschlafen zu werden! @

Weblinks:

»Angriff auf die Freiheit« von Ilija Trojanow und Juli Zeh
»Angriff auf die Freiheit« von Ilija Trojanow und Juli Zeh
Die digitale Gesellschaft: Netzpolitik, Bürgerrechte und die Machtfrage
von Markus Beckedahl und Falk Lüke

Blog-Artikel:

Zaghafter Vorschlag einer "Digitalen Agenda"
Netzpolitik ist noch kein Selbstläufer
Parteien schneiden in Sachen Internet-Kompetenz schlecht ab
Der neue Totalitarismus - Überwachung überall

Sonntag, 10. November 2013

Der neue Totalitarismus - Überwachung überall


Die USA gaben der Welt einmal ein Versprechen. Ein Versprechen, das so wichtig war, dass es auf Münzen geprägt wurde: "Liberty" - "Freiheit". Ein stolzes Wort - das seinen Zauber verloren hat. Das Freiheitsversprechen Amerikas gilt nicht mehr - es hat sich in sein Gegenteil verwandelt: Statt "Liberty" heißen die Schlagworte heute NSA, Prism, XKeyscore. Die USA haben die Freiheit aufgegeben, um Sicherheit zu gewinnen.

Netzpolitik
Die Welt ist ein globales Dorf ("global village") mit ungeahnten Betrachtungs- und Zugangsmöglichkeiten geworden. Die sog. "freie Welt" hat sich "entgrenzt" und zeigt nun ihre dunklen Schattenseiten: Die Allmacht der USA macht im Rahmen ihrer "neuen Freihet" an keinen Grenzen mehr halt, am allerwenigsten an denen Europas. Diplomatie und nationale Souveränität gelten nichts mehr in dieser grenzenlosen Welt. Wer die Technik hat, hat die Macht. Das Weltüberwachungssystem der USA hat einen Weltstaat geschaffen, mit einem einzigen Machthaber.

Keiner hat das deutlicher zu spüren bekommen als Whistleblower Edward Snowden. Aus Furcht vor dem langen Arm der USA hat er erst gar nicht versucht, in einem europäischen Land Asyl zu erbitten. Wer in Verdacht gerät, sich dem System zu widersetzen, wird bestraft. Wie Evo Morales, der bolivianische Präsident, der zur Landung in Wien gezwungen wurde - auf den bloßen Verdacht hin, Snowden könnte in seinem Flugzeug sein. Die USA haben die Welt in ein globales Dorf und ein globales Panoptikum verwandelt.

Von einem einzigen Wachtposten aus können sie alles kontrollieren, was um sie herum geschieht. In der digitalen Welt ist schleichend ein "neuer Totalitarismus" angekommen - der, der totalen Überwachung. Die totale Überwachung gebiert ein System, dem sich keiner entziehen kann. - Ein totalitäres System. Das neue Versprechen lautet: "Big Data" - ein Versprechen der Allwissenheit zum Zweck der totalen Überwachung.

Weblinks:

Der neue Totalitarismus - Überwachung überall - 3 Sat Kulturzeit - www.kulturzeit.de
Big Data: Das neue Versprechen der Allwissenheit

Blog-Artikel:

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»Angriff auf die Freiheit« von Ilija Trojanow und Juli Zeh
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Samstag, 9. November 2013

Ein hartes Urteil gegen Pussy Riot

»Schuld und Sühne« ist ein altes russisches Rechtsprinzip. - Das Urteil gegen die Punk-Band »Pussy Riot« ist sehr hart ausgefallen. Das drakonische Urteil des sühnenden Staates gegen die Musikerinnen der russischen Punk-Band »Pussy Riot« vom 17. August 2012 steht in einer langen Tradition fragwürdiger russischer Justiz-Urteile. Das Urteil hat eine lange Vorgeschichte. Schon im Zarenreich und im Staatssozialismus diente der Vorwurf des "Rowdytums" der Unterdrückung von Jugendkulturen. Es hat schon viele politische Urteile in Russland gegeben. Bereits im Kommunismus spielte er eine wichtige Rolle bei der Verfolgung politischer Gegner.

Pussy Riot

Politische Urteile gibt es viele in Russland. Die Verurteilung der drei jungen Frauen des russischen Punk-Kollektivs »Pussy Riot« hat aber im Unterschied zu anderen Justiz-Urteilen weltweit Empörung erregt. Menschen fühlen sich angesprochen, weil die Musik auch ihre eigene ist, das macht das Urteil für viele zu einer höchstpersönlichen Angelegenheit. Das Moskauer Urteil gegen die Musikerinnen wird nicht nur Geschichte machen, es hat auch eine. Die Entscheidung der Richterin steht in einer langen und unrühmlichen rechtshistorischen Tradition autoritären und antiliberalen staatlichen Handelns. Dies belegt schon der Tatbestand des „Rowdytums“, unter dem die Anklage stand.

»Randale und Strafe« - In dem Urteil gegen die Punk-Band »Pussy Riot« gab die Richterin Marina Syrowa Stunden lang die Argumente der Anklage wieder. Den politischen Protest sprach die Richterin der Punk-Band eindeutig ab. "Rowdytum" und "Verbreitung von religiösem Hass" warf sie ihnen vor. Auch von den Zeugen will niemand gehört haben, dass sich der wilde Song der Mädchen sich auch gegen den Präsidenten und den Patriarchen der Orthodoxen Kirche richtete. Die Kirche ist eng an den Kreml gebunden. Vor der Präsidentschaftswahl im März rief der Patriarch seine Gläubigen gar auf, Wladimir Putin zu wählen.

Doch in Wirklichkeit sind die Mädchen politische Gefangene – auch »Amnesty international« hat sie längst als solche anerkannt. Besonders absurd daran: Wären sie nicht verhaftet worden, hätte der Kreml nicht diesen wahnsinnigen Prozess gegen sie angezettelt – kaum jemand hätte sich für ihren provokativen Krawall-Auftritt interessiert. "Nicht der Krieg gegen Georgien, nicht die Enteignung der Ölfirma Jukos, nicht der offen politische Prozess gegen Michail Chodorkowskij, nicht einmal die Rückkehr Putins in den Kreml hat dem Image Russlands in der zivilisierten Welt so geschadet wie dieser Prozess", schreibt die Moskauer Zeitschrift "Novoe vremja".

Der Politologe Dmitrij Oreschkin urteilt: "Die ganze Welt verfolgt diesen Prozess. Er ist ein Lackmustest für das politische System in Russland." Das Putin-Regime hat die neuen Ikonen der Protestbewegung und des Unrechts selbst geschaffen: Die Bilder von schönen jungen Frauen, die wegen Sekunden langem Krawall seit einem halben Jahr im Gefängnis sitzen, vor Gericht in Handschellen in einem Kasten aus Panzerglas von acht bewaffneten Polizisten bewacht wurden, gingen um die Welt. Madonna, Sting, Paul McCartney – Künstler aus aller Welt solidarisierten sich mit den Mädchen, die zuvor kaum einer kannte. Die kaum singen können, schlecht Gitarre spielen und grelle Texte dichten wie: "Putin pisst sich in die Hose."

Schon vor Putins neuer Amtszeit hatten Kritiker befürchtet, dass Putin härter durchgreifen würde gegen den wachsenden politischen Protest. Diese Ahnung ist wahr geworden. Hundertfach wurden in den vergangenen Monaten in Putins autoritärem Russland Demonstranten verhaftet, die Polizei durchwühlte die Wohnungen prominenter Oppositioneller, Politiker sind von Prozessen bedroht, werden abgehört und beschattet. Bei einer Solidaritätsdemo für die Sängerinnen von Pussy Riot prügelten Polizisten und Wachleute mit Schlagstöcken auf Fotografen und Demonstranten ein. Doch den Widerstand wird Putin so nicht brechen.

Das Urteil im Prozess gegen »Pussy Riot« schadet dem Kreml in jedem Fall. Das »Putin-Regime« hat den Protest und die öffenltiche Wirkung des Urteils ganz einfach unterschätzt. Die Menschen in Russland wollen sich nicht länger von einem autoritären Staat und Justiz bevormunden lassen! Zu hunderttausenden waren im vergangenen Winter Unzufriedene auf die Straßen gegangen, hatten gegen die gefälschten Parlamentswahlen im Dezember und den dreisten Ämtertausch von Ex-Präsident Dmitrij Medwedew und Ex-Premier Wladimir Putin protestiert. Der Protest war abgeebbt. Das harte Urteil der russischen Jusitz gegen die drei Sängerinnen der »Pussy Riot« wird die unzufriedenen, gebildeten, die jungen und modernen Russen wieder auf die Straße treiben. "Wir hätten nie gedacht", sagte Tolonnikowa vor dem Urteil, "dass die Staatsmacht so unglaublich dämlich ist".

Das harte Urteil gegen die Punk-Band »Pussy Riot« zeigt, wie weit das autoritäre Russland noch von demokratischen Zuständen entfernt ist. »Väterchen Russland« ist auch aus einer langen Tradition heraus immer noch ein demokratie- und rechtsfernes Land. Es folgt eher dem Prinzip von Fjodor Dostojewski, nach dem der Schuld die Sühne und dem Verbrechen die Strafe zu folgen hat.

Weblinks:

Frontfrau prophezeit Putin "heißen Herbst" - www.stern.de
Frauen Punkband Pussy Riot - www.stern.de
Garry Kasparov Protest - Chessdom-Portal www.chessdom.com

Pussy Riot - Wikipedia
Nadeschda Tolokonnikowa - Wikipedia
Der Mann ohne Gesicht: Wladimir Putin

Blog-Artikel:

Zwei Jahre Straflager für 40 Sekunden Punk
»Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch« von Alexander Solschenizyn
Ein Tag aus dem Leben der Nadeschda Tolokonnikowa