Sonntag, 12. September 2010

Die Macht des Wortes

Wenn eine Partei nichts mehr zu sagen hat, fängt sie an zu schreiben. Für die Sozialdemokraten hat das geschriebene Wort - gesprochen, besser auch gedruckt - eine durchaus historische Bedeutung.

Nach der Gründung der Partei 1863 ermangelte es ihnen jahrzehntelang an Geld und Einflusss, so dass der Partei nur die Macht der Sprache blieb, um für sich zu werben. Dieser publizistische Hang der Partei und ihrer führenden Mitglieder ist durchaus ungebrochen. Jeder, der in der Partei etwas zu sagen hatte, hat auch ein Buch darüber veröffentlicht.

Das beschert der Partei Aufmerksamkeit, die sie sonst nicht mehr erhält, wenn auch nicht immer von der angenehmen Art, wie die Diskussion um die Ansichten ihres Noch-Mitgliedes Thilo Sarrazin deutlich gezeigt hat.


Der Herbst ist eine gute Zeit für Buchveröffentlichungen: an diese alte Regel halten sich für gewöhnlich auch Politiker. Auch in diesem Herbst springen wieder auffallend viele auf dieses sich drehende Aufmerksamkeitskarrusell, denn es ergießt sich gerade eine wahre Flut von Publikationen auf dieses kaum noch lesende Land.

Am Freitag stellte der ehemalige Fraktionsvorsitzende Peter Struck sein Buch vor, das zwar Seitenhiebe auf ein paar der eigenen Kollegen und auch die Bundeskanzlerin. Die kommnede Woche dürfte den Sozialdemokraten neue Schlagzeilen berscheren. Dann kommt das neue Buch des ehemaligen Finanzministers in die Buchläden und Geschäfte. Das 480 Seite starke Werk trägt den unfassbaren Titel »Unterm Strich«.

Steinbrücks Buch dürfte schon deswegen interessant sein, weil er ein Mann der klaren Worte ist, der auch unangenehme Wahrheiten aussprechen kann. Steinbrück ist kein Schwafler und Polarisierer, er ist ein Meister des geschliffenen Wortes und dafür bekannt, dass er keiner Auseinandersetzung aus dem Weg geht und dabei kräftig austeilen kann.

Noch wissen wenige genau, was Steinbrück tatsächlich inhaltlich zu sagen und aufgeschrieben hat. Doch die Partei hat sich schon auf deutliche Worte eingerichtet. Eine gewisse Vorahnung hierzu liefert die Aussage eines Wohlwollenden: »Das wird der Steinbrück sein, den wir kennen und lieben«.

Wem Steinbrück »unterm Strich« austeilen wird, wird auch schon bald nach der Veröffentlichung für weitere Schlagzeilen sorgen. Viele Politiker werden insgeheim hoffen, dass es kein Rundumschlag werden wird.

Donnerstag, 2. September 2010

Thilo Sarrazin schafft sich selbst ab

Bundesbankvorstand Sarrazin

Thilo Sarrazin ist ein Mann, der gerne verbale Brandsätze unter das Volk wirft, in der irrigen Annahme, seine Brandsätze würden überall dort zünden, wo er sie gerade hingeworfen hat. Sarazin, ehemaliger Finanzsenator von Berlin, ist nicht nur ein geistiger Brandstifter, der seine Meinung offen wie ein Brandbeschleuniger benutzt.

Deutschland schafft sich ab: Wie wir unser Land aufs Spiel setzen

Mit seinen kontoversen Thesen zur Einwanderung sowie seiner irren biologistischen Argumentation, die er vor der Veröffentlichung seines neuen Buches »Deutschland schafft sich ab« zur Auflagensteigerung PR-technisch geschickt unter das Volk gebracht hat, diskreditiert sich das Bundesbankvorstandsmitglied Thilo Sarrazin zunehmend selbst - er stellt sich durch seine vertretene kontroverse Meinung zunehmend ins gesellschaftliche Abseits.

Seine Thesen sind verbale Brandsätze und zuweilen offen rassistisch. Bevorzugte Opfer sind wieder einmal die muslimischen Einwanderer, die er als nicht integrationswillig und geistig minderbemittelt ansieht - was er auf genetische Vererbung zurückführt. Diese Gruppe verursacht dem Staat nur unnötige Kosten, ohne dabei einen produktiven Beitrag für die Gesellschaft zu leisten.

Sarrazin grenzt verbal nicht nur die Muslime, sondern ganze Gruppen aus, macht sie verächtlich und benutzt als gedankliche Rechtfertigung hierfür auch noch abstruse Erbmaterialtheorien. Der ehemalige Finanzsenator von Berlin verrennt sich in einer überflüssigen Debatte, zu deren Lösung er durch seinen Populismus nichts beitragen wird und nichts betragen kann. Denn Thilo Sarrazin ist ein Provokateur ohne Agenda.

So ein Poltergeist und verbaler Provokateur, der mit der Ausländerangst spielt, ist eigentlich weder für eine Partei noch in einer Führungsposition länger tragbar, wie sie Sarrazin bekleidet. Die SPD plant daher nun ein Parteiausschlussverfahren gegen den meinungsfreudigen Bundesbankvorstand. Bundesbankpräsident Axel Weber hat jetzt beschlossen, dass Thilo Sarrazin abberufen werden soll.

Man könnte nun meinen: Thilo Sarrazin schafft sich selbst ab - analog zum Titel seines Buches.

Tagesschau-Beitrag:

Bundespräsident Wulff soll Sarrazin abberufen

Focus-Beitrag:

Die markanten Sprüche des Thilo Sarrazin
 
Sarrazins Vita - Der späte Provokateur

Sonntag, 29. August 2010

Christoph Schlingensief als leidenschaftlicher Provokateur

Christoph Schlingensief ist tot

Christoph Schlingensief war ein bedeutender deutscher Film-, Theater- und Opernregisseur, (Hörspiel)-Autor, Aktionskünstler. Er galt als einer der innovativsten, wichtigsten und umstrittensten Vertreter des deutschsprachigen Kulturbetriebs. Schlingensief hat wie nur wenige die deutschsprachige Film- und Theaterwelt beeinflusst. Dieser Kulturbetrieb ist nun um einen grossen Kulturschaffenden ärmer geworden.

Kunst und Spektakel, Provokation und ernsthafte Kritik gehörten bei Christoph Schlingensiefs Arbeiten immer zusammen. Er lebte für die Kunst und provozierte leidenschaftlich gern. Er war ein begnadeter Provokateur, der Provokation als künstlerische Ausdrucksform und immer auch als mediale Inszenierung verstand. Schlingensief verstand seine Prokationen immer auch als mediale Inszenierung.

Als Aktionskünstler führte der rastlose Theatermann immer wieder spektakuläre Aktionen, wie z. B. seine Theater-Performance im Bundestagswahlkampf 1998 und die Gründung der Partei »Chance 2000«, durch. Seine provokanten Aktionen können dabei als Versuch gesehen werden, die Grenze zwischen Kunst und Politik zu verwischen. Er versuchte, mit seinen Aktionen der Politik eine künstlerischen Note zu verleihen.


Neben der Film- und Bühnenarbeit sorgte Schlingensief mit politischen Aktionen, die auf mediale Wirkung zielte, für Schlagzeilen. Schlingensief verstand, dass seine Aktionen noch viel mehr Wirkung entfalteten, wenn er, die Grenzen von Bühne und Filmleinwand ignorierend, das Feld der politischen Inszenierung betrat. Mit spektakulären Aktionen und Hang zum Klamauk versuchte er, die Grenzen zwischen Politik und Kunst zu verwischen.

Legendärer medialer Höhepunkt war die Einladung an alle vier Millionen deutschen Arbeitslose, gleichzeitig im Wolfgangsee zu baden, ihn zum Überlaufen zu bringen und dadurch das Urlaubsdomizil von Helmut Kohl zu fluten. Das Unternehmen misslang - es ging buchstäblich baden - aber Schlingensief sorgte mit dieser witzigen politischen Aktion wieder einmal für reichlich Furore.

Der am Wolfgangsee zu bebadende Helmut Kohl wurde danach jedenfalls kein Bundeskanzler mehr.

Tagesschau-Portrait

Christoph Schlingensiefs Portrait

Tod eines liebenswerten Provokateurs - Morgenpost

Donnerstag, 26. August 2010

CDU vor dem GAU

Angela Merkel Atomsteuer

Ein GAU ist allgemein bekannt als der größte anzunehmender Unfall eines atomar betriebenen Kernkraftwerkes, der schlimmste eintretende Störfall, für den eine solche atomare Anlage noch ausgelegt wurde. Einen GAU als Unfall können aber nicht nur Kernkraftwerke erleiden, sondern auch andere risikobehaftete Technologien. Der GAU entsteht allgemein immer dann, wenn ein Prozess aus dem Ruder läuft und er ist als solcher nicht an ein konkretes Objekt gebunden. Der GAU ist der Endpunkt eines fehlerhaft verlaufenden Prozesses mit dramatischen Folgen für die Verursacher und die Allgemeinheit.

Ein GAU kann auch auf politischer Ebene entstehen, wenn eine Partei und ihre Vertreter keine klaren Ziele, sondern unterschiedliche Ziele verfolgen und durch widersprüchliche Ziele und innere Konflikte schon seit Monaten verheddert hat. Einen solche GAU erlebt zur Zeit die CDU in ihrer Atompolitik. Ende September will die CDU das neue Energiekonzept der Koalition vorlegen, aber egal, was dann als Energiekonzept der Koalition präsentiert wird, die CDU wird wie eine Verliererin aussehen, denn in ihrer Atompolitik ist der schlimmste eintretende Störfall bereits jetzt aufgetreten.

Atompolitik lässt sich nicht mit einer Wischi-Waschi-Politik wie in den übrigen Feldern der Politik betreiben, sondern nur mit klaren energiepolitischen Vorstellungen und Konzepten. An einer klaren Linie mangelt es bei der CDU bis heute. Das Dilemma ist nun, dass nicht nur keine klaren Vorstellungen gibt, sondern dass unterschiedliche Meinungen von ganz unterschiedichen Personen in der CDU zu diesem Thema vertreten werden. Die CDU, die es nicht geschafft hat, den schwelenden Konflikt ohne gegenseitige Verletzungen zu lösen, steht in der Frage der Atompolitik nun vor dem
selbstschuldeten GAU.

In der Vergangenheit ist es der CDU-Vorsitzenden Merkel mehrfach gelungen, ihre Partei durch zurückhaltende Moderation leise und ziemlich konfliktfrei auf modernere Wege zu führen. Der Konflikt um die Atomkraft dagegen ist ihr aus dem Ruder gelaufen.

Tagesschau-Artikel:

Röttgen und Brüderle streiten weiter über Atom-Zahlungen

Vierte Station der "Energiereise": Merkel besucht AKW Lingen
Atomkonzerne sollen zahlen - aber wie und wieviel?
(23.08.2010)

PR-Experte Kocks: "Konzerne zetteln ideologischen Bürgerkrieg an"
VideoMerkel fordert zusätzliche Beiträge der Atomwirtschaft >[C. Hamann, NDR]

Sonntag, 22. August 2010

Die spinnen, die Amerikaner

Asterix und Obelix begehen ihr traditionelles Festbankett


Die Franzosen sind empört über den Missbrauch eines Nationalepos, denn ausgerechnet die amerikanische Fastfood-Kette McDonald's, Symbol für den Niedergang der heimischen Gourmet-Küche, wirbt mit den unbesiegbaren Galliern Asterix und Obelix.

Das Bankett von Asterix und Obelix ist Teil einer neuen Werbekampagne der Hamburger-Kette in Frankreich. "Quelle horreur", "wie grauenhaft", schreit da die gallische Seele auf. Aus den Blogs und Internetforen schäumt Entrüstung. "Asterix, der für McDonald's wirbt - ich glaube, einen Albtraum zu erleben", schreibt etwa ein Blogger.

"Asterix widersteht den amerikanischen Eroberern nicht", klagt ein anderer. Wieder andere flüchten sich in Sarkasmus und spotten, der Druide Miraculix (die Franzosen nennen ihn Panoramix) habe seinen Zaubertrank gegen Cola eingetauscht. Bald werde es Hamburger namens McWildschwein geben.

Doch viele andere Gallier sind empört und fragen sich ernsthaft über diese kulinarische Verabartung:
Kann unsere kulinarische Welt ernsthaft Schaden nehmen oder beginnt jetzt gar der Niedergang der schönen heimischen Küche?

Weblink:

Die spinnen die Amerikaner - www.sueddeutsche.de/kultur

Samstag, 21. August 2010

Die Macht der Energiewirtschaft

Atom EU

Deutschland ist ein wahres Paradies für die Atombranche und deren Lobbyisten, denn nirgendwo lassen sich so leicht Gewinne ohne Gegenleistung machen und nirgendwo zeigt sich eine Regierung dem rückwärts gewandten Modell der Atomwirtschaft so geneigt wie in diesem Land. Die Energiewirtschaft wird hierzulande von einem Kartell aus vier Konzernen sowie einem ungezügelten Lobbyismus beherrscht und der Wille dieses Kartells ist Gesetz.

Die Einführung einer Brennelementesteuer als Beitrag der Atomindustrie zur Sanierung des verschuldeten Bundeshaltes macht eigentlich Sinn. Um die geplante Brennelementesteuer zu verhindern, hat die Atom-Lobby die geballte Macht ihres Lobbyismus aufgefahren. Einflussreiche Wirtschaftsbosse meldeten sich sogleich zu Wort und in mehreren Tageszeitungen wurde eine ganzseitige Kampagne zur Verhinderung der Einführung dieser Steuer geschaltet. Vorsorglich drohte die Energiebranche gar mit der Abschaltung von

Alt-AKW's. Mit dieser Demonstration wurde ein Beispiel geliefert, wie Lobbyismus funktioniert.
Wenn die Bunderegierung jetzt im Energie-Streit vor der Atom-Lobby in der Frage der Besteuerung von Brennelementen eingeknickt ist, ist dies auch ein Zeichen der Anreicherung der Macht. Die mächtige Atom-Lobby reichert nicht nur Brennelemente, sondern auch ihre Macht an, denn sie sagt der Bundesregierung jetzt, wo es langgeht. Im Gegenzug für einen Steuerverzicht wollen die Konzerne die Hälfte der Extraggewinne aus längeren Atomlaufzeiten abgeben.

Tagesschau-Artikel:

Merkel schlägt milde Töne an

Hintergründe zur Anzeigenkampagne

"Konzerne zetteln ideologischen Bürgerkrieg an" -
PR-Experte Kocks über Kampagne der Atomindustrie

Sonntag, 15. August 2010

Tolle Aussichten mit Street View Deutschland


Google Streetview


Finden Sie es gut, wenn ihre Strasse und ihr Haus jetzt auch per Film ins Internet kommt und dort für alle zu besichtigen ist?

Dann lassen Sie mal schön ihre Strasse anblicken und anklicken, denn bei Google Street View sind Sie genau richtig!

Dort können dann alle Nutzer ihr schönes Haus oder ihren gepflegten Vorgarten besichtigen, wann und wie sie wollen - wenn das Projekt erstmal online ist. - Tolle Aussichten sind das für die Nutzer, das werden Sie schon sehen, denn dieses Tool weckt allerlei Begehrlichkeiten.

Da Google Street View auch ganz unfreiwillig Einblicke in ihre privaten Lebens- und Wohnverhältnisse gestatten wird, ist es nicht unzulässig, zu behaupten, dass es sich hier um ein Gaffer-Tool handelt.
Für jedermann sichtbar im Internet lässt sich dann alles Sehenswerte in ihrer Strasse und ihrem Haus wiederfinden und nicht nur aus Neugierde oder Interesse an ihrer befilmten Strasse bestaunen.