Sonntag, 7. September 2014

Im Ukraine-Konflikt wurde eine Waffenruhe für das Gebiet Donbass vereinbart

Im Ukraine-Konflikt haben die Regierung in Kiew und prorussische Separatisten eine Waffenruhe für das Gebiet Donbass vereinbart. Dies ist ein politisches Signal, von dem aber nicht sicher ist, welche Wirkung von ihm ausgehen wird. Ist die Waffenruhe nur eine Atempause oder Auftakt einer länger anhaltenden Gefechtsruhe in dieser seit Wochen umkämpften Konfliktregion? Da auf beiden Seiten keine klaren Strukturen vorhanden sind, ist äußerst fraglich, ob alle beteiligten Gruppierungen, Verbände, Bataillone sich an die Waffenruhe halten. Unabhängig von den Umsetzungsschwierigkeiten der vereinbarten Waffenruhe auf beiden Seiten gibt es keine Konfliktlösung, solange nicht über den Status der Ost-Ukraine entschieden ist. So dient die Feuerpause, sofern sie umgesetzt wird, wohl wie in der Vergangenheit nur der Aufrüstung bis zum nächsten Waffengang. Nach den Niederlagen und Rückzugsgefechten der letzten Tage war Poroschenko gezwungen, auf Putins Forderungen laut Friedensplan einzugehen. Moskau wird diese Schwächen auch gnadenlos bei den avisierten Verhandlungen über den künftigen Status des Donbass bzw. von Neurussland durchsetzen wollen.

Abstimmung über die Unabhängigkeit in Schottland

Ein Kind eingewickelt in die schottische Flagge
Am 18. September 2014 stimmen die Schotten darüber ab, ob sie unabhängig werden wollen oder im United Kingdom verbleiben. Noch nie hat ein Land gegen die eigene Freiheit gestimmt. Über die Frage nach der Unabhängigkeit ist die Bevölkerung gespalten. Doch nach 307 Jahren Hassliebe-Bündnis mit England ist die Lage bei den "Bravehearts" alles andere als klar. Wollen die Schotten wirklich frei sein, da sie doch 307 Jahre lang in einem Staatenbund mit England vereinigt waren? Dieses eine Ewigkeit währende Bündnis hat Spuren auch in den Köpfen hinterlassen. "Die meisten Schotten wollen, dass sich ihr Nationalstolz und ihre Identität in den politischen Strukturen widerspiegelt", ist dagegen BBC-Journalist Taylor überzeugt. "Viele übersetzen das nun mal mit Unabhängigkeit".
Die Befürworter wollen ihr Land künftig selbstbestimmt sehen. "Frei vom Einfluss Westminsters" soll es sein. "Die Leute hier sind es satt, sich von London vorschreiben zu lassen, was sie tun und lassen sollen", sagen sie. "Ob wir unsere Steuergelder zur Stärkung des Gemeinwesens ausgeben dürfen. Wie die Ölindustrie besteuert werden soll. Oder ob wir U-Boote mit Atomraketen hier dulden müssen." Aber es gibt auch kritische Stimmen. "Es würde bedeuten, dass wir frei wären. Schotten wollen nicht frei sein, sie wollen im Zaum gehalten werden", sagt Maler John Byrne über seine Landsleute. Selbst Befürworter wie die Schriftstellerin A.L. Kennedy erwarten keine Wunder: "Es wird ein Desaster, weil auch danach Politiker das Sagen haben." Und englische Intellektuelle geben der Sache kaum eine Chance. "Menschen mit ein bisschen politischem Verstand wissen, dass das Ja zur Unabhängigkeit schon verloren ist. Ich wäre unglaublich überrascht, wenn die Schotten dafür stimmen würden", so der englische Schriftsteller Will Self.
"Schottland ist wie eine Person mit sehr wenig Selbstwertgefühl. Sie ist davon wie verhext. Sie weiß, dass sie genauso gut ist wie jede andere, gebildet, technisch begabt, mitfühlend, mit einer großartigen Geschichte und Kultur - also warum liegt sie in der Gosse mit einer Flasche Fusel und dem Rock überm Kopf?" Warum bloß? "Schottland ist wie eine Geliebte mit Minderwertigkeitsgefühlen." Welche Gefühle der in Hassliebe in England verbundenen Bewohner werden bei der Abstimmung den Ausschlag geben? Weblinks: Salmond: Against The Odds
Salmond: Against The Odds
von David Torrance (engl.) The Road to Independence?: Scotland in the Balance
The Road to Independence?: Scotland in the Balance
von Murray Pittock und Alex Salmond (engl.)

Freitag, 5. September 2014

Es herrscht wieder Krieg in Europa

100 Jahre nach Ausbruch des Ersten und 75 Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkriegs ist die Geschichte dabei, sich zu wiederholen. Dunkle Wolken ziehen auf dem europäischen Kontinent auf. Wir erleben offenbar ein Déjà-vu: Es herrscht wieder Krieg in Europa.

Der Ukraine-Konflikt bringt die internationale Politik auf eine abschüssige Bahn, auf der eine friedliche Lösung derzeit nicht in Sicht ist. Gleichzeitig feiert der Nationalismus in manchen europäischen Kernländern eine Renaissance, zeigen sich in demokratischen Staaten autoritäre Tendenzen.

Ist das der Anfang vom Ende der demokratischen Wertegemeinschaft Europa? Geht das friedliche Vierteljahrhundert, das unser Kontinent seit 1989 erlebt hat, zu Ende? Kehren die Dämonen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, zurück auf die europäische Bühne?

Donnerstag, 4. September 2014

Hitler entfacht Weltenbrand

Vor 75 Jahren begann mit dem Überfall Nazi-Deutschlands auf Polen der Zweite Weltkrieg. War der Erste Weltkrieg die „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“, so entfacht der Zweite Weltkrieg vollends einen Weltenbrand, der in den Untergang führen sollte. Der Zweite Weltkrieg ist letztlich Folge von Hitlers Fehleinschätzung der politischen und gesellschaftlichen Lage in Europa und der Welt. Als Adolf Hitler am Montag vor 75 Jahren, am 1. September 1939, den Überfall auf Polen befiehlt, setzte er auf verbrecherische Weise einen unheilvollen Mechanismus in Gang, an dessen Ende knapp sechs Jahre später 60 Millionen Tote stehen werden. Hitler wollte unbedingt diesen Krieg, der in einer Katastrophe enden sollte.


Am Ende des von Hitler entachten Weltenbrandes liegen weite Teile Europas in Schutt und Asche. Millionen Menschen sind auf der Flucht, werden aus der Heimat vertrieben. Es ist das „grausamste und verheerendste Gemetzel seit Menschengedenken“, wie der britische Historiker Antony Bee­vor schreibt.

Für Beevor steht fest, dass Hitler „der Architekt“ dieses mörderischen und umfassenden Krieges ist, der jemals auf dem europäischen Kontinent getobt hat und überall Tod und Zerstörung hinterlässt. Der Nazi-Diktator ist getrieben von Größenwahn, dem Traum von der Vorherrschaft Deutschlands und der Suche nach „Lebensraum im Osten“ für die „arische Rasse“.

Doch Beevor beschreibt in seinem lesenswerten neuen Buch „Der Zweite Weltkrieg“ auch, dass der Überfall auf Polen letztlich zwar minutiös vorbereitet ist – doch der Weg in den Weltkrieg führt auch über eine Kette von Fehleinschätzungen, Unwägbarkeiten und Missdeutungen, die ihre eigene Dynamik entwickeln.

Der Beginn des Krieges folgte seinem persönlichen Lebensentwurf. „Ich bin jetzt 50, ich will den Krieg lieber jetzt haben, als wenn ich 55 oder 60 bin“, gesteht Adolf Hitler Anfang 1939 dem rumänischen Außenminister Grigore Gafencu. Bereits im Jahr 1938 wollte der fröhliche Landnehmer bzw. Ländereinvernehmer Hitler „seinen Krieg“. Doch im Münchner Abkommen gestatten ihm London und Paris, das nach dem Ersten Weltkrieg der Tschechoslowakei zugeschlagene Sudetenland seinem Herrschaftsbereich einzuverleiben.

Später wird Hitler sich beklagen, er sei am Zuschlagen gehindert worden, „da die Engländer und Franzosen in München alle meine Forderungen akzeptierten“. Polen, England, Frankreich stehen nun auf der Liste seiner Angriffsziele. Aber, so Bee­vor, „als bittere Lehre aus dem Ersten Weltkrieg hoffte er die Konflikte einzeln austragen zu können, um niemals an mehr als einer Front kämpfen zu müssen.“ Eine Hoffnung, die sich auf dramatische Weise nicht erfüllen wird.

Literatur:

Der Zweite Weltkrieg
Der Zweite Weltkrieg
von Antony Beevor


Dienstag, 2. September 2014

Vor 75 Jahren begann der Zweite Weltkrieg

Donald Tusk bei Gedenkveranstaltung in Danzig
Vor 75 Jahren begann der Zweite Weltkrieg. Dieses welthistorische Ereignis - der Beginn des Weltenbrandes - mahnt zu zahlreichen Weltkriegs-Gedenken. 75 Jahre nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wird heute der Opfer gedacht. Am Nachmittag nahm der Bundespräsident Joachim Gauck zusammen mit seinem polnischen Amtskollegen Bronislaw Komorowski in Danzig an der zentralen Gedenkveranstaltung teil. Dort hatten am 1. September 1939 deutsche Soldaten in den frühen Morgenstunden die polnische Grenze angegriffen. Deutsche Soldaten beschossen an der Westerplatte die polnische Grenze. Heute herrscht wieder Säbelrasseln allerorten in der Welt - wie die Kriege in Syrien, Irak und im Osten der Ukraine deutlich beweisen. Die kriegerische Bedrohung nimmt zu. Offensichtlich wiederholt sich Geschichte gerade. Die Politik tut zu wenig zur Abwendung einer neuen Katastrophe. Daher ist das Gedenken an den Kriegsbeginn vor 75 Jahren so wichtig. Im Gedenken an die damaligen Ereignisse und mit Blick auf die Krise in der Ost-Ukraine warnte Polens Regierungschef Donald Tusk vor einer Wiederholung der Tragödie. Jetzt sei keine Zeit für schöne Worte, betonte Tusk mahnend. "Wenn wir heute auf die Tragödie der Ukrainer blicken, auf den Krieg im Osten unseres Kontinents, dann wissen wir, dass der September 1939 sich nicht wiederholen darf. Heute ist noch Zeit, denen Einhalt zu gebieten, für die Gewalt zum Arsenal ihres Handelns gehört." Weblink: Der Zweite Weltkrieg
Der Zweite Weltkrieg
von Antony Beevor

Montag, 1. September 2014

Vor 75 Jahren: Überfall auf Polen

Überfall auf Polen

Am 1. September 1939 entfachte das Deutsche Reich mit dem Überfall auf Polen den Zweiten Weltkrieg. Der Überfall auf Polen markierte den Beginn des Zweiten Weltkrieges. Dieser sollte in sechs Jahren knapp 60 Millionen Menschen das Leben kosten.

"Seit 5.45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen!" - mit diesem Satz rechtfertigte Adolf Hitler den lange vorbereiteten Überfall auf Polen. Hitler sprach ihn vor dem Berliner Reichstag vor 75 Jahren, am Vormittag des 1. September 1939. Der Tag gilt heute als Beginn des von Deutschland ausgelösten Zweiten Weltkriegs.

An jenem Morgen überfiel die deutsche Wehrmacht ohne Kriegserklärung das Nachbarland Polen in der Hoffnung auf ein Stillhalten der Westmächte. Hitler gab den Angriff als Verteidigungsaktion aus und verwies auf den angeblich polnischen Überfall auf den Sender Gleiwitz am Vorabend. Der Vorfall war von der SS inszeniert worden.

Am 1. September, kurz vor fünf Uhr morgens, begann das deutsche Schlachtschiff "Schleswig-Holstein", polnische Befestigungen auf der Westerplatte vor Danzig zu beschießen. Außerdem griff Deutschland Polen in den folgenden Tagen vor allem mit Panzerverbänden und Flugzeugen an.

Frankreich und Großbritannien forderten noch am selben Tag den Rückzug der deutschen Soldaten aus Polen. Hitler ließ das Ultimatum verstreichen. Damit begann ein Krieg, der bald weite Teile Europas erfasste. Er dauerte sechs Jahre und kostete fast 60 Millionen Menschen das Leben.

Am längsten litt das überfallene Polen unter der brutalen Besatzungspolitik der Nationalsozialisten - eine Tatsache, die das deutsch-polnische Verhältnis auch nach Kriegsende viele Jahrzehnte belastete und Denken und Handeln des östlichen Nachbarn lange Zeit beeinflusste.

Literatur:

Der Zweite Weltkrieg
Der Zweite Weltkrieg
von Antony Beevor

Sonntag, 31. August 2014

Vor 150 Jahren starb Ferdinand Lassalle

Ferdinand Lassalle

Vor 150 Jahren ereignete sich das absurd tragische Ende einer sozialdemokratischen Jahrhundertgestalt: Am 31. August 1864 erlag Ferdinand Lassalle im Alter von nur 39 Jahren in Carouge im Kanton Genf seinen Verletzungen aus einem Pistolen-Duell, das er selbst aus verschmähter Liebe und gekränktem Stolz provoziert hatte.

Lassalle war ein Hoffnungsträger und eine sozialdemokratische Lichtgestalt. "Politisch war er sicher einer der bedeutendsten Kerle in Deutschland", schrieb Friedrich Engels trauernd an Karl Marx. Keine 15 Monate zuvor hatte Lassalle den Allgemeinen Deutschen Arbeiter Verein (ADAV) mitgegründet – die erste sozialdemokratische Parteiorganisation in Deutschland und Keimzelle der späteren SPD. Seit den Revolutionstagen von 1848 widmete sich Lassalle der Arbeiterfrage und engagierte sich für die sozialistische Sache, immer wieder verfolgt von einer feindseligen Obrigkeit.

Sein politischer Antrieb war der Wille nach einem freien, selbstbestimmten Leben – unabhängig von Herkunft und sozialem Status. Lassalle selbst wollte nicht wie sein Vater das Leben eines kleinbürgerlichen Einzelhändlers, eines "Ladenschwengels", in der schlesischen Provinz führen, sondern eine Existenz aufbauen, die seinen Talenten und seinen Ambitionen entsprach. +

Anfang der 1860er Jahre gelang ihm mit einer spektakulären Rede vor Berliner Arbeitern schließlich der politische Durchbruch: Lassalle, einer der besten Redner seiner Zeit, forderte den radikalen Bruch mit den liberalen Parteien, die bis dahin die Arbeiterbewegung dominiert hatten sowie das allgemeine und gleiche Wahlrecht (für Männer) und die Einführung von staatlich geförderten Produktionsgenossenschaften.

Damit gelang es ihm, die politischen, sozialen und ökonomischen Interessen der Arbeiterbewegung in Politik und konkrete Programmatik zu übersetzen. Es war Lassalle, der mit seiner politischen Schaffens- und Strahlkraft der Idee der sozialen Demokratie das notwendige Momentum verlieh, das sie zu einer wirkmächtigen politischen Organisation und zentralen politischen Kraft in Deutschland werden lassen sollte.

Die Reaktionen auf seine bald als "Arbeiterprogramm" verbreiteten Reden fielen denkbar gegensätzlich aus. Während der Obrigkeitsstaat Lassalle anklagte, "die besitzlosen Klassen zum Hass und zur Verachtung gegen die Besitzenden öffentlich aufgereizt zu haben", trugen ihm Leipziger Arbeiter begeistert die Anführerschaft ihrer zu gründenden Vereinigung an: Als am 23. Mai 1863 der ADAV im Leipziger Pantheon gegründet wurde, wählten die Arbeiter Lassalle zu seinem ersten Präsidenten.

Als Präsident der ADAV wurde er zum großen Vordenker der Arbeiterbewegung und der Sozialdemokratie in Deutschland. Lassalle verblieben allerdings nur noch 15 Monate bis zu seinem Tod, um seine politischen Vorstellungen durchzusetzen. Sein Vermächtnis hat bis heute Bestand.