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Samstag, 31. Januar 2015

Richard von Weizsäcker gestorben

Richard von Weizsäcker war der Vorzeigedemokrat der alten Bundesrepublik und genoß überall hohes Ansehen. Dabei wirkte er schon immer wie "aus der Zeit gefallen" und irgendwie anders. Wo andere Politiker sich eher gleichen, vermochte er aus diesen herauszuragen. Er war als Adelssproß anders sozialisiert als andere Politiker aus der Riege der Union: Von Weizsäcker war ein geistiger Aristokrat und ein angenehm vergeistigter Demokrat. Er wurde mit 50 Jahren erstmals in ein politisches Amt gwählt. Dass er kein politisches Amt in Bonn ausübte bzw. übernommen hat, war daher kein Zufall. Keiner hätte sich von Weizsäcker in Bonn als Minister in der Union verstellen können. Richard von Weizsäcker arbeitete und handelte aus Überzeugung und weniger aus politischem Kalkül. Manchmal wirkte er wie aus einer anderen Zeit. Er war der einzige, der nach der Machtübernahme der Union 1982 dem Anspruch auf eine geistig-moralische Wende Rechnung tragen konnte. Davon gibt seine Rede zum 40. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges in Europa am 8. Mai 1985 im Plenarsaal des Deutschen Bundestages in Bonn ein beredtes Zeugnis ab. Der Text zu seiner Rede zum Nachlesen: "Der 8. Mai ist ein Tag der Befreiung" - www.sueddeutsche.de/politik

Freitag, 23. Januar 2015

Attentate von Paris als "emanzipatorische Katastrophe"?

Weltrisikogesellschaft: Auf der Suche nach der verlorenen Sicherheit
Weltrisikogesellschaft:
Auf der Suche nach der verlorenen Sicherheit


Sind die Attentate von Paris eine "emanzipatorische Katastrophe" wie sie der kürzlich verstorbene Soziologe Ulrich Beck formuliert hat? Er meinte damit, daß schockartige Ereignisse einen positiven Wandel der Gesellschaft bewirken können. Die Katastrophe von Paris ist eine Möglichkeit, aus den Versäumnissen die richtigen Lehren zu ziehen.

Katastrophen wirken oft als heilsamer Schock. Sie sind dann vermeidbar, wenn sie antizipiert werden können. Das hängt von dem Willen und der Lernfähigkeit der politischen Klasse ab. Einen positiven Wandel zum Besseren aus der Katastrophe in Frankreich abzuleiten, erscheint vermessen. Es gibt keine berechtigte Hoffnung auf einen positiven Wandel, solange es keinen Furor der Empörten gibt.

Frankreich hat das republikanische Versprechen nach Brüderlichkeit nicht eingelöst. Die Folgen dieses Versäumnisses sind nun sichtbar geworden. Deren Nichteinlösung hat zur gesellschaftlichen Tristesse in der Ausländerpolitik geführt. Die Ausgrenzung von Muslimen hat zu deren Radikalisierung geführt. Die Radikalisierung wird in Kauf genommen, solange sie nicht zu Gewalt führt.

Die Regierung kann zwar die Terrorangst nutzen, um ungehemmt Sicherheitsgesetze und Überwachungsinstrumente auf den Weg zu bringen, eine Sicherheitsgarantie gegen Attentate kann sie jedoch nicht geben. Die Lage bleibt angespannt.

Die Attentate von Paris sind das Fanal einer gescheiteren Gesellschafts- und Integrationspolitik - einer integrativen Katatastrophe. Was hier letzlich hilft, ist nur eine Änderung der Politik in Richtung einer stärkeren Integration unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen und Glaubensrichtungen.

Weblink:

Weltrisikogesellschaft: Auf der Suche nach der verlorenen Sicherheit
Weltrisikogesellschaft: Auf der Suche nach der verlorenen Sicherheit
von Ulrich Beck

Dienstag, 13. Januar 2015

Millionen Menschen demonstrieren gegen Terror

Millionen Menschen haben bei Trauermärschen in Frankreich der Toten der Pariser Attentate gedacht. Weltweit haben sich Millionen Menschen an Trauermärschen zum Gedenken an die Opfer der Pariser Anschläge beteiligt. In ganz Frankreich gingen am Sonntag mehr als 3,7 Millionen Menschen für die 17 Todesopfer auf die Straße. Allein in Paris versammelten sich bis zu 1,6 Millionen Menschen und damit so viele wie seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr. Der Platz der Republik im Stadtzentrum war lange vor Beginn der Veranstaltung überfüllt. Demonstranten schwenkten französische Fahnen und riefen immer wieder in Sprechchören: "Vive la France" und "Wir sind Charlie". "Paris ist heute die Hauptstadt der Welt", sagte Präsident François Hollande. Das ganze Land stehe für seine Werte auf. Der "Republikanische Marsch", der am Sonntag um 15 Uhr von der "Place de la République" mitten durch Paris führte, sollte die Einigkeit im Widerstand gegen den Terror nach dem Anschlag auf die satirische Zeitschrift "Charlie Hebdo" und den Geiselnahmen in Paris demonstrieren. Zahlreiche europäische Staats- und Regierungschefs hatten sich angesagt, um an der Seite von Präsident François Hollande auf die Straße zu gehen. Unter den Regierungschefs waren auch Merkel, Cameron, Renzi, Rajoy und Vertreter vieler anderer EU-Staaten. Sogar aus Tunesien und der Türkei haben sich die Regierungschefs angesagt. Mit dabei ebenfalls Vertreter aller großer Religionen und aller Parteien, bis auf den "Front National". Bereits am Samstag waren in Paris an die 100.000 Menschen auf die Straße gegangen um der Opfer zu Gedenken und ein Zeichen gegen Terrorismus und Rassismus zu setzen. Im südfranzösischen Toulouse waren es 30.000 und selbst im kleinen Orleans noch 20.000, die ihre Solidarität mit den Opfern zeigen wollten.

Samstag, 3. Januar 2015

Zehn Jahre Hartz IV

Hieronymus Bosch Christ carrying the Cross

Hartz IV - so heißt das am 1. Januar 1995 eingeführte Arbeitslosengeld II - die deutsche Antwort auf die verpasste Anpassung an die Globalisierung. Was vorher als Anpassung durch Wirtschaft und Politik versäumt wurde, ist durch die Einführung von Hartz IV nachgeholt worden. Hartz IV bedeutete nichts anderes als das Ende des Sozialstaates wie man ihn bisher kannte.

Hartz IV wurde eingeführt, um einen Kollaps des Sozialssystems zu verhindern, bewirkte vor allem aber eine Umverteilung von unten noch oben und eine systematische Ausplünderung der unterern Gesellschaftsschichten. Vor zehn Jahren nahm das soziale Elend seinen Anfang. Mit ihm wurden die frühere Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe für erwerbsfähige Hilfebedürftige zu einer Grundsicherung zusammengefasst, die gerade mal dem soziokulturellen Existenzminimum entspricht.

Hieronymus Bosch The Garden Of Earthly Delights

Seit zehn Jahren gibt es die Grundsicherung für Arbeitslose namens Hartz IV, das Land leistet sich eine gesellschaftlich verordnete Armut am Rande des Existenzminimums und damit zugleich eine gesellschaftliche Umverteilung von unten nach oben auf dem Wege der Repression. Die Wirksamkeit von Hartz IV muss dabei mit Mitteln der Repression durchgesetzt werden.


"Besonders tief und voll Empörung fühlt man die pekuniäre Störung."

Wilhelm Busch

Betrachtet man Hartz IV als Ausdruck des Versagens der politischen und ökonomischen "Eliten" im Zuge der Globalisierung angemessesene Beschäftigung herbeizuführen, so fällt die Bilanz dieser "Reform" nüchtern aus. Außer der angestreben Kosteneinsparung im Sozialbereich funktioniert an dieser "Reform" nichts, die angestrebten Beschäftigungseffekte dieser "Reform" sind ausgeblieben.

Doch der Schein des "Funktionierens" dieser sog. "Reform" muss von politischen Ideologen unbedingt nach außen aufrechterhalten werden. Solange die Scham der Betroffenen größer ist als deren Wut und Empörung, wird dieses gesellschaftlich verordnete repressive Zwangssystem weiterbestehen. Was muß das wohl für ein Land sein, das Armut gesetlich verordnet?

Weblink:

Hartz IV und die Folgen: Auf dem Weg in eine andere Republik?
Hartz IV und die Folgen: Auf dem Weg in eine andere Republik?
von Christoph Butterwegge

Blog-Artikel:

»Hartz IV und die Folgen: Auf dem Weg in eine andere Republik?« von Christoph Butterwegge - Torpedo63-Blog


Mittwoch, 26. November 2014

25 Jahre »Samtene Revolution« auf dem Prager Letná

Havel vor Publikum auf dem Letna

Während der »Samtenen Revolution« fanden am 25. und 26. November 1989 auf dem Letná-Plateau in Prag Demonstrationen im Vorfeld des Generalstreiks am 27. November statt, an denen mehr als eine halbe Million Menschen teilnahmen.

Massenprotest

Mehr als eine halbe Million Einheimische und Menschen aus anderen Teilen des Landes kamen am 26. November 1989 an der Prager Letna zusammen, die Ansichten des Bürgerforums über die aktuelle innenpolitische Situation und seine möglichen Lösungen zu unterstützen.


Die Massenproteste auf dem Letná in Prag waren ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Demokratie und der Anfang vom Ende des kommunistischen Regimes unter Ministerpräsident Adamec, der vorher Gesprächsbereitschaft gegenüber dem neue gegründeten Bürgerforum signalisiert hatte.


Weblinks:

Samtene Revolution - Wikipedia.org - de.wikipedia.org

Literatur:

Václav Havel. Dichter und Präsident. Die autorisierte Biografie
Václav Havel. Dichter und Präsident. Die autorisierte Biografie
von Eda Kriseová


Sonntag, 12. Oktober 2014

Finnland droht das Ende des Wohlfahrtsstaates

Finnland ist klein, behütet, hat rund fünf Millionen Einwohner. Das Land ist bekannt für Design, als Heimat des Mobiltelefons und als bildungsstarker Pisa-Erfolgsgarant. Es ist ein gut behütetes Land mit viel Natur und wenig Staatsschulden, sparsam und weltoffen. Die Gesellschaft ist schon seit Jahrzehnten homogen und solidarisch. Ein skandinavischer Wohlfahrtsstaat im besten Sinne. Doch in jüngster Zeit gibt es in Finnland Probleme. Das Bild vom Wohlfahrststaat hat Risse bekommen. Finnland droht das Ende des Wohlfahrtsstaates. Die Wirtschaft stagniert und wenn sie nicht wieder wächst, wird der Sozialstaat auf lange Sicht nicht mehr finanzieren sein. Die sozialen Unterschiede waren in Finnland traditionell nicht sehr groß. Das hat eine Atmosphäre der Solidarität geschaffen, die lange im Land vorgeherrscht hat, aber momentan abzunehmen scheint. Mit stagnierendem Wohlstand entsolidarisiert sich auch die Gesllschaft. Finnland wurde erst 1917 von Schweden und Russland unabhängig, ein Agrarland, dessen Volk gleich schnell zu Wohlstand und Bildung kam. Zuvor förderten Finnlandschweden den Aufbau eines finnischen Nationalbewusstseins.

Donnerstag, 14. August 2014

Urteil im Mollath-Prozess: Mollath ist ein freier Mann

Gustl Mollath
Das Landgericht Regensburg hat den ehemaligen Psychiatriepatienten Mollath im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen. Für den Zeitraum seiner Unterbringung muss er entschädigt werden. Das ursprüngliche Urteil von 2006 ist damit aufgehoben. Das Landgericht Regensburg hat Gustl Mollath in vollem Umfang freigesprochen. Für den Zeitraum der zwangsweisen Unterbringung in der Psychiatrie ist er zu entschädigen. Es ist für Gustl Mollath kein Freispruch erster Klasse. Das Gericht ist zumindest in einem Fall davon überzeugt, daß er seine Frau getreten und geschlagen hat. Der Vorwurf, daß er seine Frau geschlagen, getreten und gebissen hat, bleibt als Makel an ihm haften. Das Gericht sah es zwar als erwiesen an, dass Mollath seine damalige Frau im Jahr 2001 schwer körperlich misshandelt hat. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass er zur Tatzeit aus psychischen Gründen schuldunfähig gewesen sei, begründete die Regensburger Kammer ihr Urteil. Deshalb sei der 57-Jährige nach dem Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" beim Vorwurf der Körperverletzung freizusprechen. Das Gericht sprach Mollath außerdem wegen der Anklagepunkte der Freiheitsberaubung und des Zerstechens dutzender Autoreifen frei. Hier sei es nicht möglich gewesen, einen Tatnachweis zu führen. Darüber hinaus entschieden die Richter, dass Mollath für seine mehr als sieben Jahre dauernde Unterbringung in der Psychiatrie eine Entschädigung zustehe. Die Kosten für das Wiederaufnahmeverfahren trägt die Staatskasse. Mollath selbst hatte sich heute einen Freispruch wegen erwiesener Unschuld erhofft. Die Staatsanwaltschaft aber sieht ihn der Körperverletzung und Sachbeschädigung überführt. Das Landgericht Regensburg ist davon überzeugt, dass Gustl Mollath seine Frau geschlagen hat. Doch, so der Richter: Der Nachweis fehlt. Eben so offen bleibt für das Gericht, ob Mollath damals schuldfähig war. Weblink: »Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste«
»Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste«
von Uwe Ritzer, Olaf Przybilla

Samstag, 12. Juli 2014

Fussball hat in Belgien das politisch tief zerstrittene Land wieder geeint

<center><img title="Fussball hat in Belgien das politisch tief zerstrittene Land wieder geeint" src="http://www.spox.com/de/sport/fussball/wm/wm2014/1310/Bilder/belgien-fan-600.jpg" width="300" alt="Belgien Fußball WM 2014"/></center> 

Vom Fussball geht eine verbindende Kraft aus, die Völker und Nationen vereint. So hat auch der Fussball in Belgien das politisch tief zerstrittene Land wieder geeint und die Gegensätze überwinden helfen.

Bis zum Beginn der Fussball-WM gab es Flamen, Wallonen und ein paar Mitglieder der deutschsprachigen Gemeinschaft. Seit dem Auftreten der Roten Teufel bei der WM in Brasilien scheint es nur noch Belgier zu geben.

Das Land, das politisch schon fast vor dem Aus stand, findet gerade in einem Ausmaß zusammen, das niemand für möglich gehalten hat. Der Nationalcoach Marc Wilmots ist der meist verehrte Belgier. Wilmots, der längst mehr vererht wird als alle Monarchen und Staatspolitiker, sagt: <i>"Die Politiker trennen, wir vereinen."</i>

Das Wallonen und Flamen gemeinsam auch die Lieder der anderen singen, hat dieses Land seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt. Erst der Fussball hat dieses wieder möglich gemacht. Noch beim ersten Aufmarsch wussten die Spieler aus dem dem frankophonen und flämisch sprechenden Teil nicht, ob sie die Brabanconne, die Nationalhyme, mitsingen sollten.

Fussball vereint die Völker! - Belgien entdeckt nicht nur den Fussball, sondern sich selbst. Flämische und wallonische Medien fragten sich bereits erstaunt, ob sie gerade eine Neugründung des Landes erleben. Das wundersame Abschneiden der belgischen Nationalmannschaft bei der Fussball-WM wäre dann zu einem staatstragenden Ereignis geworden.


Sonntag, 15. Juni 2014

Brasilien ist ein Land der großen Gegensätze

Favela in Brasilien
Brasilien ist ein Land der großen Gegensätze, die politisch gewollt, offensichtlich nicht zu beseitigen sind. Obwohl Brasilien zu den größten Wirtschaftsmächten der Welt gehört und die Wirtschaft weiterhin boomt, ist Armut allgegenwärtig und ein großer Teil der Bevölkerung von Reichtum und gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen. Wie so häufig bei großen Wirtschaftsmächten, sind diese gesellschaftspolitische Zwerge mit sozialer Behinderung - soziale Entwicklungsländer. Dies lässt sich insbesondere in den vornehmlich aus der Landflucht hervorgegangenen Favelas (Slums) beobachten, die an der Peripherie der Großstädte oder sogar mitten zwischen reicheren Wohngebieten rasant wachsen. Das Leben der meisten Favela-Bewohner ist neben den kaum vorhandenen sozialen Aufstiegschancen durch ein hohes Maß an Gewalt geprägt. Die Favelas als Ausdruck der Armut gehören zum Selbstverständnis Brasiliens dazu wie die Privilegierung der vermögenden Oberschicht. Gleichzeitig wird der Gewaltmythos auch gerne medial geschürt, und ein generelles Abtun als perspektivloses Elendsgebiet verkennt die in den Favelas oft zu findenden Ansätze der Selbstorganisation und das (kommunale) Aneignen und Einfordern von Land, Rechten und Infrastruktur durch die Bewohner. Einerseits ist es so, dass Armut zu sozialem Ausschluss führt, andererseits gibt es bestimmte Bevölkerungsgruppen, denen aufgrund rassistischer, sexistischer und/oder sozialer Diskriminierung gesellschaftliche Partizipation und eine ausreichende Bildung verstellt wird, sodass ihr marginalisierter Status perpetuiert wird. Brasilien hat sich damit abgefunden, sozialen Ausschuß hervorgebracht zu haben. Die Armut ist in Brasilien allgegenwärtig. Das Ausmaß an Armut und die von gesellschaftlicher Exklusion betroffenen Bevölkerungsgruppen unterscheiden sich in Brasilien und Deutschland zwar deutlich (so spielen in Brasilien die vom Kolonialismus vererbten Gesellschaftsstrukturen eine bedeutende Rolle), dennoch gibt es strukturelle Gemeinsamkeiten und ähnliche Probleme. Wahrschienlich sind die betroffenen Brasilianer im sozialen Zwergenland so arm, daß sich die Einführung eines Sozialmülls a la »Hartz IV« verbietet. Weblink: Brasilien: Armut und sozialer Ausschuss - http://www.iak-net.de

Montag, 21. April 2014

Soziologe Max Weber 1864 geboren

Max Weber

Der deutsche Soziologe Max Weber wurde vor 150 Jahren am 21. April 1864 in Erfurt geboren. Max Weber ist einer der einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts. Max Weber erlebte den Übergang zur technisch-rationalisierten Gesellschaft, der an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert alle Lebensbereiche ergriff. Das wurde das Thema des Universalgelehrten.

Max Weber gilt als Begründer der Sozialwissenschaften und als einer der Klassiker der Soziologie sowie der gesamten Kultur- und Sozialwissenschaften. Auch zählt er neben Karl Marx und Georg Simmel zu den bedeutenden Klassikern der Wirtschaftssoziologie.

Nach seinem Militärdienst studierte er von 1882 bis 1885 Jura in Heidelberg und Berlin. 1888 trat Weber dem "Verein für Sozialpolitik" bei, den er wesentlich prägte. 1889 promovierte er und wurde 1891 habilitiert.

Max Weber gründete 1909 die "Deutsche Gesellschaft für Soziologie". Grundaussage seiner Soziologie war, dass die moderne Welt von Technik und Bürokratie beherrscht werde. Mit fortschreitender Entwicklung würde die menschliche Zivilisation ihrer archaischen Mythen und Visionen beraubt.

Seine Werke zählen in den Geistes- und Sozialwissenschaften zu den Schlüsseltexten der wissenschaftlichen Ausbildung. Viel Beachtung fanden seine religionssoziologischen Untersuchungen. Sein wichtigstes Werk ist "Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus".

Nur wenige Denker werden so häufig als Interpret unserer Gegenwart in Anspruch genommen wie Max Weber. Etwa, wenn es um die Frage geht, ob Politiker "Charisma" haben oder nicht, wenn behauptet wird, dass Politik das "Bohren harter Bretter" sei oder wenn erörtert wird, ob der Protestantismus "Schuld" am Kapitalismus trage. Max Weber starb am 14. Juni 1920 in München.

Literatur:

Max Weber: Ein Leben zwischen den Epochen
Max Weber: Ein Leben zwischen den Epochen
von Jürgen Kaube

Donnerstag, 20. März 2014

Hartz-IV-Kritikerin: Keine Sanktionen für Arbeitslose!

Sanktionen, Agentur für Arbeit, Bundestag, Arbeitslosigkeit, Inge Hannemann, Hartz IV

Wenn Hartz-IV-Empfänger nicht zu Terminen erscheinen oder Angebote ablehnen, drohen ihnen finanzielle Einschränkungen. „Hartz-IV-Rebellin“ Inge Hannemann findet: Das verstößt gegen die Menschenwürde. Im Bundestag trug sie ihre Kritik vor.

Die als „Hartz-IV-Rebellin“ bekannt gewordene Jobcenter-Mitarbeiterin Inge Hannemann hat am Monatg vor dem Petitionsausschuss des Bundestages für die Abschaffung von Sanktionen gegen Langzeitarbeitslose geworben. Der Ausschuss berät dazu eine entsprechende Petition Hannemanns. "Die Sanktionspraxis hat zu großer Not geführt, zu großen Ängsten", sagte sie.

"Die Sanktionspraxis hat zu großer Not geführt, zu großen Ängsten."
Inge Hannemann
Finanzielle Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger, die nicht zu Terminen erscheinen oder Jobangebote ablehnen, verstoßen aus ihrer Sicht gegen die Menschenwürde. Mit dem Jobcenter Hamburg befindet sich Hannemann derzeit im Rechtsstreit. Vor dem Arbeitsgericht wehrt sie sich dagegen, dass sie suspendiert wurde, nachdem sie das „System Hartz IV“ öffentlich kritisiert hatte.

Die Grünen-Arbeitsmarktexpertin Beate Müller-Gemmeke, selbst Mitglied in dem Ausschuss, sagte, sie hoffe, dass infolge der Anhörung die Probleme der Langzeitarbeitslosen in der Öffentlichkeit wieder mehr beachtet werden. „Ich glaube, dass Sanktionen nicht zielführend sind, weil nicht die Motivation vergrößert wird, sondern der Abstand vor allem junger Menschen zur Agentur für Arbeit.“ Stattdessen müsse verstärkt individuell geprüft werden, warum Betroffene ein Angebot ablehnten.

Die Linke hatte sich bereits früh mit Hannemann solidarisiert. Sie tritt für die sofortige Abschaffung von Sanktionen und Leistungseinschränkungen ein. Die Grünen hatten sich hingegen auf ein Moratorium verständigt: Solange Erwerbslose nicht mehr Rechte haben, sollten die Sanktionen ihrer Ansicht nach ausgesetzt werden.

Inge Hannemann wettert: Hartz IV macht krank! - Recht hat die Frau! Da liefert sie ein klassisches Beispiel der politischen Moral in diesem Land ab. Frau Hannemann hat ganz unfreiwillig ein Lehrstück der total verlogenen politischen Moral in diesem Land abgeliefert. Da sagt eine Frau aus der Praxis der Arbeitsberatung ausnahmsweise(!) die Wahrheit über das total verlogene System von Hartz IV - dieser Gesetz gewordenen Infamie - und schon wird sie beurlaubt und als „Hartz-IV-Rebellin“ abgestempelt.

Ihr Fehler: Sie hat Wahrheiten ausgesprochen, die von der politischen Klasse, die von der Realität in diesem Land keine Ahnung hat - genauer gesagt: haben will - nach wie vor nicht hören will. Und die Medien machen bei der strikten Tabuisierung des Themas brav mit - oder haben sie schon mal eine analytische Berichterstattung zu diesem Thema im Fernsehen gesehen? Zu groß die Gefahr der Demaskierung! -

Die wahren Realitätsverweigerer, die es zu sanktionieren gilt, sind nicht etwa die Hartz IV-Empfänger, sondern die Mitglieder der politischen Klasse in diesem Land! Die politische Klasse hält sich hier den Schleier ihrer Demaskierung selbst vor!

Weblink:

Hartz-IV-Kritikerin: Keine Sanktionen für Arbeitslose! - www.focus.de

PS:

Selbst ein Propaganda-Minister wie Joseph Goebbels hätte enorme Schwierigkeiten gehabt, die Notwendigkeit eines solchen "totalitären Systems" dem Volk plausibel zu machen. - Daran lässt sich ermessen, wie "Propaganda" heutzutage funktioniert!

Die eigentliche Verlogenheit und das ist der Trick - das weiß jeder Propagandaminister sehr genau - entsteht in dem Verbiegen der Begrifflichkeit.

"Politik ist die Kunst, die Begriffe zu ändern, wenn sich die Verhältnisse nicht ändern lassen."
Raimond Barre
Was für ein Zufall:
Wieder sorgt ausgerechnet ein Franzose für Aufklärung, für den im politischen Absolutismus verharrenden Deutschen ist die Zeit noch reif!

Freitag, 7. März 2014

Der Kampf um die Krim – droht ein neuer Kalter Krieg?

Auf der völkerrechtlich zur Ukraine gehörenden Schwarzmeer-Halbinsel Krim ist die Lage weiter angespannt. Das moskautreue Parlament der Autonomen Republik sprach sich in Simferopol einstimmig für einen Beitritt zu Russland aus.

Die Situation im Kampf um die Krim ist weiter angespannt: Während der russische Staatspräsident Wladimir Putin im Ukraine-Konflikt mit den Säbeln rasselt, ringt der Westen mit Mitteln der Diplomatie um eine friedliche Lösung.

Nach Russlands Krim-Intervention spricht Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier von der schärfsten Krise seit dem Mauerfall und bemüht sich um eine internationale Kontaktgruppe, die für eine Annäherung zwischen Moskau und der neuen Regierung in Kiew sorgen soll.

Der internationale Druck auf Putin nimmt zu: Sollte Russland seine Truppen nicht in absehbarer Zeit von der Krim abziehen, könnten die europäischen Staats- und Regierungschefs beim EU-Sondergipfel an diesem Donnerstag Sanktionen beschließen – mit möglichen gravierenden Folgen für die Weltwirtschaft und Finanzmärkte.

Im Zuge der Krim-Krise verhängen die USA erste Sanktionen gegen Russland. Diese betreffen Einreiseverbote und weitere Strafmaßnahmen gegen diejenigen, die für die Gefährdung der ukrainischen Sicherheit verantwortlich sind.

Weblink:

Kalter Krieg auf der Krim - USA verhängen Sanktionen gegen Russland - www.n-tv.de

Mittwoch, 5. März 2014

Gefährlicher Konfrontationskurs um die Halbinsel Krim

Nach dem Umsturz in Kiew wachsen die Spannungen zwischen der Ukraine und seinem Nachbarn Russland. Die Ukraine und Russland sind weiter auf einem gefährlichen Konfrontationskurs um die Halbinsel Krim. Das ukrainische Parlament forderte den Nachbarn Russland in einem scharfen Appell auf, alle Handlungen zu unterlassen, welche die territoriale Einheit des Landes gefährden.

Russlands Präsident Wladimir Putin rief gestern dazu auf, eine weitere Eskalation zu vermeiden. Die mehrheitlich von Russen bewohnte Autonome Republik Krim setzte für den 25. Mai ein Referendum über ihre Zukunft an. An diesem Tag wird in der Ukraine auch ein neuer Präsident gewählt. Ex-Boxprofi Vitali Klitschko tritt dabei auch gegen Ex- Regierungschefin Julia Timoschenko an.

Der gestürzte ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch erklärte in Russland, er halte sich weiter für den rechtmäßigen Staatschef und er wolle um sein Land kämpfen. Zugleich warnte er vor einem Blutvergießen auf der Krim. Was dort geschehe, sei eine „natürliche Reaktion“auf die Machtergreifung durch „Banditen“in Kiew. Die Krim solle mit einer erweiterten Autonomie im Bestand der Ukraine bleiben.

Russische Abgeordnete heizten die Diskussion über eine Abspaltung der Krim von der Ukraine mit einem Gesetzentwurf weiter an. Künftig soll bereits ein Referendum und nicht wie bisher ein völkerrechtlicher Vertrag genügen, damit sich ein fremdes Land oder Landesteil Russland anschließen kann, heißt es in dem Entwurf, der in der Duma in Moskau vorgestellt wurde.

Unbeeindruckt von fieberhafter internationaler Krisendiplomatie verstärkt Russland seine Militärpräsenz auf der Krim. Den ganzen Tag über soll auf dem Luftweg Verstärkung gebracht worden sein. Für Verwirrung sorgten Berichte über ein Ultimatum Russlands.

Sonntag, 2. März 2014

Revolutionäre Situation in der Ukraine

Der demokratisch gewählte Präsident gestürzt, sein Regime in Auflösung, die Oppositionsführerin auf freiem Fuß. Der Machtkampf in der Ukraine hat innerhalb weniger Tage eine Dynamik entfaltet, die den Begriff der Revolution rechtfertigt. Es ist eine revolutionäre Situation in der Ukraine enstanden. Und wie immer in solchen Situationen ist der Ausgang wie auch die politische Zukunft ungewiss.

Das Land ist in mehrere Lager gespalten und es ist ein gefährliches Machtvakuum im Land entstanden, von dem zur Stunde niemand weiß, wer es letztlich füllen wird. Das Russland zugeneigte Lager wird den Sturz des Präsidenten kaum widerstandslos hinnehmen. Der bis zuletzt Janukowitsch-treue Geheimdienst und seine berüchtigten Killerkommandos werden sich schon bald wieder sammeln.

Werden die Kräfte der Opposition siegen und die Oberhand gewinnen? - Das Oppositionslager ist aber tief zerstritten und konzeptlos wie alle die Jahre zuvor. Zumal auch hier extremistische und militante Kräfte ein unberechenbarer Faktor sind. Dass Julia Timoschenko von ihren Anhängern als Hoffnungsträgerin gefeiert wird, mag aus deren Sicht verständlich sein. Tatsächlich aber hat sie in der Vergangenheit mehrfach gezeigt, dass sie nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems ist.

Da die Olympischen Winterspiele nun zu Ende sind, wird sich Wladimir Putin persönlich und aktiv dem ukrainischen Krisenherd vor seiner Haustür zuwenden. Den Sturz des Partners Janukowitsch hat er hinnehmen müssen, um Sotschi, sein persönliches Prestigeobjekt, nicht zu gefährden. Nun aber droht die Gefahr, dass Putin sich kühl Genugtuung für den Verlust verschaffen wird.

Das ohnehin tief gespaltene Land droht zum Pulverfass zu werden. Der Ausgang der Situation in der Ukraine bleibt ungewiss.

Samstag, 22. Februar 2014

Die Spiele, Sotschi und die Folgen

Olympische Winterspiele in Sotschi, in einem Badeort am Schwarzen Meer? Für Wladimir Putin kein Problem. Dort, wo das nationale Prestige auf dem Spiel steht, spielen Geld und die Menschen keine Rolle. - Was aber macht der große Umbau mit dem ehemals beschaulichen Sotschi und seinen Menschen? - Für Sotschi und seine Bewohner bedeuten die Olympische Winterspiele große und einschneidende Veränderungen.

Die Stadtverwaltung sorgte für einen reibungslosen Ablauf des Großprojektes, sie musste die bewohnte Flächen, die sie für sein Olympiaprojekt brauchte, vorher von seinen Bewohnern aber freiräumen lassen. Die Stadtverwaltung - das ist vor allem Bürgermeister Anatolij Pachomov - hat für einen reibungslosen Ablauf des Mammutprojekts gesorgt - und sich um diejenigen gekümmert, die vom Beton des präsidialen Großprojekts überrollt wurden.

<i>"Wir haben hier mehr als 2.000 Umsiedler"</i>, erklärt der Bürgermeister. <i>"Und man muss schon sagen, dass so etwas wie in China oder Vancouver bei uns nicht vorkommt. Bei uns werden keine Leute gegen die Olympiade schreien. Diese Aufgabe hat uns Wladimir Putin gestellt."</i> Als unsere Umstrukturierung begann, sagte er: <i>"Wir bauen ein großes Sportfest für die ganze Welt, aber nicht ein einziger Einwohner Sotschis darf dabei leiden. Deshalb kann ich sagen: Jedem Einzelnen wird glasklare Aufmerksamkeit gewidmet."</i>

Es gibt mehr als 2.000 Umsiedler in Sotschi, viel Aufmerksamkeit also für die Stadtverwaltung. Doch diese griff zu einem altbekannten Rezept: Wer aufmuckt, wird zwangsgeräumt - und zwangsbeglückt mit einem neuen Häuschen. Ein Räumkommando der Polizei stürmte das Haus eines Anwohners und steckte die Familie in ein Wohnheim. Zurück blieben nur Trümmer. 

Die Organisation dieses zentral gelenkten Großprojekts zeigt deutlich, was die Olympiade für die Menschen bringt. Vielleicht werden die Olympischen Spiele künftig nur noch in autoritären Staaten stattfinden - in denen die Freiheit des Einzelnen nichts zählt angesichts eines milliardenteuren Mega-Events. <!-- Für die Menschen in Sotschi wird die Zukunft erst nach den Spielen beginnen. -->
<!--
<a href="http://www.3sat.de/themen/173824/index.html">  Sotschi und die Folgen - Der Dokumentarfilm "Homes For Games" - 3 Sat -->

Mittwoch, 1. Januar 2014

Sturz des kubanischen Diktators Fulgencio Batista


Der Sturz des kubanischen Diktators Fulgencio Batista und die Vertreibung des Dikatators aus Kuba am 1. Januar 1959 beendete den bewaffneten Kampf der Kubanischen Revolution. Am Abend verkündete Fidel Castro in Santiago de Cuba den Sieg der Revolution.

Am Jahresende 1958 gingen die Rebellen in die Offensive. Am 29. Dezember 1958 fand die entscheidende Schlacht um die Stadt Santa Clara statt. Nach einem mehrstündigen Gefecht fiel ein Zug voll beladen mit Waffen in die Hände der Guerilleros. Die Eroberung der Stadt Santa Clara folgte kurz danach. In den Morgenstunden des 1. Januar 1959 floh Batista in die Dominikanische Republik.

Entscheidend für den landesweiten Sieg der kubanischen Revolution war die Unterstützung aus den Städten. Zahlreiche kleine Gruppen von Aufständischen führten den Kampf gegen Batista und seine Geheimpolizei in allen kubanischen Städten. Wichtig war auch die große soziale und politische Breite der Bewegung, die alle Bevölkerungsschichten umfasste.

Begonnen hatte die Kubanische Revolution sechs Jahre zuvor mit dem Angriff auf die Moncada-Kaserne. Der Revolutionär Fidel Castro und seine Männer überfielen am 26. Juli 1953 eine der symbolischen Hochburgen der Batista-Diktatur, die Moncada-Kaserne in der ostkubanischen Stadt Santiago de Cuba.



Obwohl die Militäraktion 1953 scheiterte, gilt die Attacke auf die Kaserne heute als Beginn der Kubanischen Revolution. Die Aktion, bei der mehrere Rebellen starben, leitete den Beginn der gut sechs Jahre später siegreichen Kubanischen Revolution und damit das Ende der Diktatur von Machthaber Fulgencio Batista (1952-1959) ein.

Mittwoch, 27. November 2013

Kohleland Polen leidet unter Kurzsichtigkeit in der Energie-Politik

Kohlekraftwerk hinter Tagebau

Polen ist ein »Kohleland«, es setzt bei der Energiegewinnung klar auf Kohle. Der Kohleabbau ist jedoch ein Symbol für die Kurzsichtigkeit der Energie-Politik Polens. Das rohstoffarme Polen ist vom heimischen Kohleabbau abhängig, der als Klima-Killer die Umwelt stark belastet. In Polen wird aus Mangel an anderen Energieträgern zu viele klimaschädliche Kohle abgebaut. Nichts empfinden die Polen so sehr wie die Abhängigkeit von russischen Erdgas.


2012 stieß Polen 297 Millionen Tonnen Kohlendioxid (Deutschland: 728 Millionen Tonnen) aus. Zugleich senkte das Land seine Emissionen im Vergleich zum Vorjahr um 3,23 Prozent - der Ausstoß aller EU-Länder im Schnitt ging um 2,1 Prozent zurück. Beim CO2-Ausstoß pro Kopf indes bleibt Polen mit jährlich etwa zehn Tonnen über dem EU-Durchschnitt von 9,1 Tonnen.

Der Brennstoff gilt als CO2-lastigster Energieträger und trägt zu 90 Prozent der polnischen Stromerzeugung bei.Geplant sind - entsprechend dem Trend in anderen europäischen Ländern - weitere Kohlekraftwerke. Polens Ministerpräsident Donald Tusk hat die Devise ausgegeben: "Ja zum Klimaschutz, aber Wirtschaftswachstum geht vor."

Der Klimaschutz wird weiter den Bremser-Ländern überlassen, die kein Interesse an verbindlichen Regelungen haben. Aber trotz der noch größeren Gewissheit, dass der Klimawandel nicht aufgehört hat, gewinnt die fossile Lobby immer größeren Einfluss. Für den Klimagipfel in Warschau ziehen härtere Zeiten für diejenigen herauf, die noch für einen Schutz des Klimas kämpfen.

Bezeichnenderweise haben Unternehmen, die mit der Kohle-Branche verbunden sind, den Klima-Gipfel in Warschau gesponsert. Und parallel zum UN-Treffen richtet das polnische Wirtschaftsministerium eine Konferenz der Kohle-Industrie aus.

"Die Polen lassen sich nicht verkohlen."
Polen ist exemplarisch für viele Länder, die mit ihrer Energiepolitik in einem Dilemma stecken. Während die Regierung weiterhin die fossile Kohle fördert, wollen die Bürger immer mehr die Förderung von erneuerbaren Energien. Die Mehrheit der polnischen Bevölkerung würde erneuerbarer Energie den Vorrang vor Kohle- oder Atomstrom geben, geht aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts CBOS im Auftrag der Umweltorganisation Greenpeace hervor. 89 Prozent hätten gerne mehr Strom aus erneuerbaren Quellen.

Weblinks:

Kohleland Polen - 3Sat - Nano
Eklat bei der UN-Klimakonferenz - www.tagesschau.de/ausland
Viele Kompromisse, keine Katastrophe - www.tagesschau.de/ausland

Sonntag, 24. November 2013

Die Klimaschutz-Konferenz in Polen ist eine traurige Farce

Der verheerende Taifun auf den Philippinen zum Auftakt des UN-Klimagipfels war ein Menetekel, der die Beteiligten eigentlich hätte wachrütteln müssen. - Da kam schon der Gegenwind für den Klimaschutz vom anderen Ende der Welt kräftig in die Konferenz geblasen und passiert ist wieder nichts!
Während pünktlich zu Konferenz-Beginn auf den Philippinen ein verheerender Tafiun gewütet hat, können sich die Teilnehmerstaaten noch immer nicht zu einem verbindlichen Klimaschutz durchringen. Selbst Katastrophen und ein weinender philippinischer Abgeordneter schienen die Klimaschutz-Teilnehmer nicht zu beindrucken.
Kohlekraftwerk hinter Tagebau

Ausgerechnet eine kohleverbrauchendes Land und Bremser in Sachen Klimachutz wie Polen als Ausrichterland des Klimaschutz-Gipfels zu bestellen, kann nur mehr als unglücklich bezeichnet werden, ist aber ein grotesker Teil dieser Farce, die viele Facetten hat.

Der Klimaschutz wird weiter den Bremser-Ländern überlassen, die kein Interesse an verbindlichen Regelungen haben. Aber trotz der noch größeren Gewissheit, dass der Klimawandel nicht aufgehört hat, gewinnt die fossile Lobby immer größeren Einfluss. Für den Klimagipfel in Warschau ziehen härtere Zeiten für diejenigen herauf, die noch für einen Schutz des Klimas kämpfen.

Die EU hat es mittlerweile offenbar aufgegeben, Vorreiter in Sachen Klimaschutz werden zu wollen und hat das Feld Bremserländern, beispielsweise Polen, überlassen. Bezeichnenderweise haben Unternehmen, die mit der Kohle-Branche verbunden sind, den Klima-Gipfel gesponsert.

Wie die polnische Regierung sich den Klimagipfel vorstellt, lies sich daran ermessen, daß parallel zum Klimaschutz-Gipfel in Polen die Kohle-Konferenz stattfand. Parallel zum UN-Treffen richtete das polnische Wirtschaftsministerium eine Konferenz der Kohle-Industrie aus, wie um die Bedeutung des Klimaschutzes zu unterstreichen.

Samstag, 9. November 2013

Ein hartes Urteil gegen Pussy Riot

»Schuld und Sühne« ist ein altes russisches Rechtsprinzip. - Das Urteil gegen die Punk-Band »Pussy Riot« ist sehr hart ausgefallen. Das drakonische Urteil des sühnenden Staates gegen die Musikerinnen der russischen Punk-Band »Pussy Riot« vom 17. August 2012 steht in einer langen Tradition fragwürdiger russischer Justiz-Urteile. Das Urteil hat eine lange Vorgeschichte. Schon im Zarenreich und im Staatssozialismus diente der Vorwurf des "Rowdytums" der Unterdrückung von Jugendkulturen. Es hat schon viele politische Urteile in Russland gegeben. Bereits im Kommunismus spielte er eine wichtige Rolle bei der Verfolgung politischer Gegner.

Pussy Riot

Politische Urteile gibt es viele in Russland. Die Verurteilung der drei jungen Frauen des russischen Punk-Kollektivs »Pussy Riot« hat aber im Unterschied zu anderen Justiz-Urteilen weltweit Empörung erregt. Menschen fühlen sich angesprochen, weil die Musik auch ihre eigene ist, das macht das Urteil für viele zu einer höchstpersönlichen Angelegenheit. Das Moskauer Urteil gegen die Musikerinnen wird nicht nur Geschichte machen, es hat auch eine. Die Entscheidung der Richterin steht in einer langen und unrühmlichen rechtshistorischen Tradition autoritären und antiliberalen staatlichen Handelns. Dies belegt schon der Tatbestand des „Rowdytums“, unter dem die Anklage stand.

»Randale und Strafe« - In dem Urteil gegen die Punk-Band »Pussy Riot« gab die Richterin Marina Syrowa Stunden lang die Argumente der Anklage wieder. Den politischen Protest sprach die Richterin der Punk-Band eindeutig ab. "Rowdytum" und "Verbreitung von religiösem Hass" warf sie ihnen vor. Auch von den Zeugen will niemand gehört haben, dass sich der wilde Song der Mädchen sich auch gegen den Präsidenten und den Patriarchen der Orthodoxen Kirche richtete. Die Kirche ist eng an den Kreml gebunden. Vor der Präsidentschaftswahl im März rief der Patriarch seine Gläubigen gar auf, Wladimir Putin zu wählen.

Doch in Wirklichkeit sind die Mädchen politische Gefangene – auch »Amnesty international« hat sie längst als solche anerkannt. Besonders absurd daran: Wären sie nicht verhaftet worden, hätte der Kreml nicht diesen wahnsinnigen Prozess gegen sie angezettelt – kaum jemand hätte sich für ihren provokativen Krawall-Auftritt interessiert. "Nicht der Krieg gegen Georgien, nicht die Enteignung der Ölfirma Jukos, nicht der offen politische Prozess gegen Michail Chodorkowskij, nicht einmal die Rückkehr Putins in den Kreml hat dem Image Russlands in der zivilisierten Welt so geschadet wie dieser Prozess", schreibt die Moskauer Zeitschrift "Novoe vremja".

Der Politologe Dmitrij Oreschkin urteilt: "Die ganze Welt verfolgt diesen Prozess. Er ist ein Lackmustest für das politische System in Russland." Das Putin-Regime hat die neuen Ikonen der Protestbewegung und des Unrechts selbst geschaffen: Die Bilder von schönen jungen Frauen, die wegen Sekunden langem Krawall seit einem halben Jahr im Gefängnis sitzen, vor Gericht in Handschellen in einem Kasten aus Panzerglas von acht bewaffneten Polizisten bewacht wurden, gingen um die Welt. Madonna, Sting, Paul McCartney – Künstler aus aller Welt solidarisierten sich mit den Mädchen, die zuvor kaum einer kannte. Die kaum singen können, schlecht Gitarre spielen und grelle Texte dichten wie: "Putin pisst sich in die Hose."

Schon vor Putins neuer Amtszeit hatten Kritiker befürchtet, dass Putin härter durchgreifen würde gegen den wachsenden politischen Protest. Diese Ahnung ist wahr geworden. Hundertfach wurden in den vergangenen Monaten in Putins autoritärem Russland Demonstranten verhaftet, die Polizei durchwühlte die Wohnungen prominenter Oppositioneller, Politiker sind von Prozessen bedroht, werden abgehört und beschattet. Bei einer Solidaritätsdemo für die Sängerinnen von Pussy Riot prügelten Polizisten und Wachleute mit Schlagstöcken auf Fotografen und Demonstranten ein. Doch den Widerstand wird Putin so nicht brechen.

Das Urteil im Prozess gegen »Pussy Riot« schadet dem Kreml in jedem Fall. Das »Putin-Regime« hat den Protest und die öffenltiche Wirkung des Urteils ganz einfach unterschätzt. Die Menschen in Russland wollen sich nicht länger von einem autoritären Staat und Justiz bevormunden lassen! Zu hunderttausenden waren im vergangenen Winter Unzufriedene auf die Straßen gegangen, hatten gegen die gefälschten Parlamentswahlen im Dezember und den dreisten Ämtertausch von Ex-Präsident Dmitrij Medwedew und Ex-Premier Wladimir Putin protestiert. Der Protest war abgeebbt. Das harte Urteil der russischen Jusitz gegen die drei Sängerinnen der »Pussy Riot« wird die unzufriedenen, gebildeten, die jungen und modernen Russen wieder auf die Straße treiben. "Wir hätten nie gedacht", sagte Tolonnikowa vor dem Urteil, "dass die Staatsmacht so unglaublich dämlich ist".

Das harte Urteil gegen die Punk-Band »Pussy Riot« zeigt, wie weit das autoritäre Russland noch von demokratischen Zuständen entfernt ist. »Väterchen Russland« ist auch aus einer langen Tradition heraus immer noch ein demokratie- und rechtsfernes Land. Es folgt eher dem Prinzip von Fjodor Dostojewski, nach dem der Schuld die Sühne und dem Verbrechen die Strafe zu folgen hat.

Weblinks:

Frontfrau prophezeit Putin "heißen Herbst" - www.stern.de
Frauen Punkband Pussy Riot - www.stern.de
Garry Kasparov Protest - Chessdom-Portal www.chessdom.com

Pussy Riot - Wikipedia
Nadeschda Tolokonnikowa - Wikipedia
Der Mann ohne Gesicht: Wladimir Putin

Blog-Artikel:

Zwei Jahre Straflager für 40 Sekunden Punk
»Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch« von Alexander Solschenizyn
Ein Tag aus dem Leben der Nadeschda Tolokonnikowa

Samstag, 2. November 2013

Ein Tag aus dem Leben der Nadeschda Tolokonnikowa

Schon als GULAG-Häftling beschloss Alexander Solschenizyn, vom System des Straflager-Archipels zu berichten, eine Chronik der Ereignisse zu verfassen und das Leben der Gefangenen und ihrer Bewacher zu schildern. Seit der Erzählung »Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch« ist das größte Unglück die totale Versklavung von Menschen durch Schinder in den Straflagern dieser Welt. Die Pussy-Riot-Sängerin Nadeschda Tolokonnikowa hat nun den Mut gefunden, aus ihrem russischen Straflager zu berichten.

Gleich am ersten Tag sagte ihr der Lagerleiter: "Wenn Sie Ihre Produktionsnorm nicht erfüllen, wird Ihr Arbeitstag verlängert. Und überhaupt haben wir hier auch schon härtere Menschen gebrochen."

Nadeschda Tolokonnikowa

Seither arbeitet Nadeschda in der Nähwerkstatt, 16 bis 17 Stunden am Tag von 7.30 Uhr bis 0.30 Uhr. Für Schlaf haben die Häftlinge im besten Fall vier Stunden zur Verfügung. Sie müssen Anträge schreiben, dass sie "freiwilllig" auch am Wochenende arbeiten wollen, so dass sie fast an allen Sonntagen arbeiten.
Straflager IK-14

Um die Disziplin aufrecht zu erhalten, gibt es informelle Strafen: "Im Hof sitzen" heißt, dass einem verboten wird, auch im Herbst und Winter in die Barracke zu gehen. "Hygiene schließen" heißt, dass einem verboten wird, sich zu waschen und zur Toilette zu gehen. Manche Häftlinge werden geschlagen, wenn sie nicht genug leisten, auf die Nieren und ins Gesicht.

In den Barracken gibt es zwar "Hygienezimmer", aber um die Häftlinge zu erziehen und zu bestrafen, müssen 800 Frauen einer Brigade in ein gemeinsames Waschzimmer gehen, in das nur fünf Menschen gleichzeitig pasen. Einmal in der Woche darf man sich die Haare waschen, aber auch dieser Tag wird manchmal abgesagt, weil die Pumpe kaputt ist oder die Kanalisation verstopft ist. Zu essen bekommen die Häftlinge nur trockenes Brot, reichlich mit Wasser verdünnte Milch, ausschließlich ranzige Hirse und nur faule Kartoffeln.

Nach der Lesung eines "Punk-Gebetes" in der Moskauer Christ-Erlöser-Kirche wurde sie zu zwei Jahren Straflager wegen "Rowdytums aus religiös motiviertem Hass". Nadeschda hat wegen ihrer Bekanntheit in der Öffentlichkeit eine winzige Sonderstellung im Lager, so dass sie zumindest nicht geschlagen wird. Ihr Bericht aus dem GULAG IK 14 zeigt, daß sich im russischen Straflagerleben seit den Zeiten von Alexander Solschenizyn nicht allzu viel geändert zu haben scheint. Die sibirischen GULAGs sind immer noch genauso unmenschlich wie früher.



Empfohlene Bücher von Alexander Solschenizyn:
Nach ihrer Rückverlegung in das Straflager IK-14, nahm Tolokonnikowa ihren Hungerstreik anfangs Oktober 2013 wieder auf. Die russischen Strafvollzugsbehörde gab am 18. Oktober 2013 bekannt, dass Tolokonnikowa ihre zweijährige Haftstrafe bis März 2014 aufgrund ihrer "Beschwerden über Drohungen von Mitgefangenen und Wärtern" in einem anderen Straflager verbüßen soll.

Der frühere russische Präsident Dmitrij Medwedew hatte schon einen kleinen Reformprozess dadurch angestossen, dass wenigstens die Zahl der in den Lagern Inhaftierten seit 2010 um 17,5 Prozent zurückgegangen ist. Jetzt hat der Brief der Tolokonnikowadie Mauer des Schweigens durchbrochen und den Staat gezwungen, sich zu dem Thema zu äußern, das überall Gesprächsstoff geworden ist.

Aus der staatlichen Gefängnisverwaltung war daher zu hören, dass die Löhne für Gefangenen erhöht und die Arbeitstunden veringert werden sollen. Ein winziger Hoffnungsschimmer wäre das, dem grundlegende Reformen von Polizei und Jusitz in Russland erst noch folgen müssen.

Weblinks:

Nadeschda Tolokonnikowa - Wikipedia
Die Straflager von Mordowien - okapustina.blogspot.com

Blog-Artikel:

Ein hartes Urteil gegen Pussy Riot
Zwei Jahre Straflager für 40 Sekunden Punk
»Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch« von Alexander Solschenizyn