Montag, 12. Januar 2015

Wer ist »Charlie«?

Am 7. Januar 2014 haben islamische Terroristen in der laufenden Redaktionssitzung Mitarbeiter der Pariser Satire-Zeitschrift "Charlie Hebdo" kaltblütig erschossen. "Charlie Hebdo" war bis dahin ein recht unbeschriebenes Blatt, da kaum einer kannte.
Es war ein islamistisch motivierter Angriff, um eine Redaktion zu vernichten, deren Karikaturen sich immer wieder in plakativer Schärfe auch gegen den Islam gerichtet haben.

Der Anschlag auf die französische Satirezeitung "Charlie Hebdo" erschüttert Menschen in der ganzen Welt und somit auch Anhänger aller Religionen. Ihr gewaltsamer Tod hat eine Welle der Solidarität unter dem Slogan "Je suis Charlie" losgelöst. Alle wollen nun "Charlie" sein. Doch wer ist "Charlie"?

Die Redaktion von "Charlie Hebdo" hat sich immer auch über die herrschende Elite lustig gemacht und sah sich als politisch links positioniert. "Charlie Hebdo" hat dabei alle gesellschaftlichen Gruppen und Glaubensrichtungen aufs Korn genommen. Besonders beliebtes Ziel der Angriffe war die katholische Kirche, die auch die meisten Prozsesse gegen das Satire-Blatt angestrengt hat.

Das Satire-Blatt sollte wegen nachhaltiger Erfolgslosigkeit längst eingestellt werden, nach einer wirtschaftlichen Runderneuerung 2009 begannen die Auflagen aber erneut zu sinken.

Die Zeitung nebst ihrer Redaktion jetzt zu Helden der Presse- und Meinungsfreiheit hochstilisieren zu wollen, wirkt überzogen und ist geradezu absurd.

Weblink:

Anschlag auf "Charlie Hebdo" - Eine Übersicht - 3Sat Kulturzeit - www.kulturzeit.de

Sonntag, 11. Januar 2015

Franzosen wurden aus ihrer Lethargie gerissen

Demonstranten in Paris
Der Terroranschlag auf „Charlie Hebdo“ hat Frankreich aus einer tiefen Lethargie gerissen. Das Land, zerrieben durch die chronische Identitätskrise und geschwächt von der andauernden Wirtschaftskrise, wirkte wie im Kummer über das eigene Schicksal erstarrt. Doch nun hat das Blutbad im 11. Arrondissement, mitten in ihrer Hauptstadt, die Franzosen aus der Lethargie gerissen. Eine erschöpfte Gesellschaft ist zu neuem Leben erwacht. Für diese Gesellschaft ist der Anschlag nicht nur eine Zäsur, sondern auch ein Moment der Bewährung. Zu Zehntausenden zog es sie in allen Landesteilen auf die Straße, um gegen den Terror und für die Meinungs- und Pressefreiheit einzutreten. Mehr als hunderttausend Personen demonstrierten im ganzen Land trotz der Terrorwarnungen noch am Abend nach der Greueltat. Weitere in den nächsten Tagen geplante Solidaritätskundgebungen dürften noch mehr Bürger mobilisieren. Die alte Demokratie Frankreich, die sich immer weiter von ihren Idealen Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit entfernt aht, erwacht zu neuer Vitalität und entdeckt ihre demokratischen Wurzeln neu. Noch ist nicht ausgemacht, dass dies der geprüften Republik dauerhaft Kraft und Stärke verleiht. Aber die ersten zaghaften Anzeichen einer Umkehr sollten nicht übersehen werden. Die etablierten Parteien, die ihre Energien in den vergangenen Jahren in endlosen Grabenkämpfen aufbrauchten, finden in der Stunde der Prüfung zu Geschlossenheit. Präsident François Hollande hat seinen Erzrivalen und Amtsvorgänger Nicolas Sarkozy empfangen. Schon der deutsche Dichter Heinrich Heine bemerkte in seinem Pariser Exil: „Der Franzose liebt die Freiheit wie seine erwählte Braut. Er schlägt sich für sie auf Tod und Leben.“ Die Franzosen haben nicht lange gebraucht, um die Ermordung der Journalisten und Zeichner der satirischen Wochenzeitschrift „Charlie Hebdo“ und der beiden Polizisten als Angriff auf ihre Freiheit zu verstehen. Nun gehen sie also in stummen Protest auf die Strassen von Paris. Unter den Demonstranten, die spontan ihre Solidarität mit den Ermordeten bekundeten, waren die wenigsten Leser von „Charlie Hebdo“. Aber sie haben gespürt, dass der Angriff auf diese kleine, von libertärem Geist und Witz geprägte Redaktion ihre über Revolutionen und Kriege errungene Lebensform bedroht.